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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.05.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-05-07
- Erscheinungsdatum
- 07.05.1877
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- Deutsch
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104, 7. Mai Nichtamtlicher Theil. 1717 Nachdem die stürmische Begeisterung, mit welcher dieser Trink- spruch ausgenommen wurde, sich gelegt hatte, wurde die Versamm lung vom Festcomitö begrüßt. Diese Ausgabe war Herrn Ernst Hartung zuthcil geworden. In liebenswürdigster Weise er zählte er seinen Zuhörern, daß auch ihn, wie von uns gewiß schon Jeden, schon üster das Problem beschästigt hätte, wie cs wohl kommen möge, daß der Buchhandel so auffallend gegen die alte Regel verstoße: „erst die Arbeit und dann das Vergnügen", daß er zunächst bei der Tafel sich amüsire und dann erst an die Arbeit des Rechnens gehe. Der Redner hatte dafür zwei Erklärungen gesunden. Zunächst sei es wohl denkbar, daß sich früher das schwierige Geschäft des Abwickclns der Zahlungen nicht zu allscitigcr Zufrieden heit erledigt hätte, wie jetzt, und daß man deshalb damals — in grauer Vorzeit — beschlossen hätte, sich der allgemeinen Fröhlichkeit vor dem „Beginn der Feindseligkeiten" hinzugebcn. Als dann der glückliche Zeitpunkt cingetreten sei — es sei so lange her, daß selbst die sprichwörtlichen ältesten Leute sich dessen nicht mehr erinnern könnten —, daß die Meßabrechnung sich wie jetzt (!) ohne die ge ringste Schwierigkeit erledigte, sei der alte Gebrauch eben bei behalten worden, derart etwa, wie ja auch die Schildwache Deccnnien hindurch aus alter Gewohnheit an der Thür fort und sort auszog, hinter welcher damals bei der Parade der General — seinen Mantel ablegte. — Das sei die eine Erklärung, deren mangclhaste Stich haltigkeit sich der Redner übrigens selbst nicht verhehlte. Bei An nahme der zweiten, seinerMeinung nach besseren, aber sei ein noch viel weiteres Zurückgehen leider unerläßlich. Von den alten Germanen, unseren verehrten Vorfahren, sei uns überliefert, daß sie ein jegliches Geschäft „mit greulichem Schlemmen anhnben", derart, daßsich daraus regelmäßig ein überaus struppiger Kater entwickelte, der freilich — Dank der beneidenswcrthen Nervenconstruction dieser alten Bären häuter — auf die Erledigung des Geschäftes selbst keinerlei Einfluß übte. Dieser alte Gebrauch sei jedenfalls die Quelle des unsrigcn, und er müsse uns nachsahrendcn Geschlechtern um so ehrwürdiger sein, als er aus einer der erste» und vornehmsten Tugenden männ licher Helden, aus der Gastfreundschaft entstanden sei, aus der Ge pflogenheit, selbst mit dem Abgesandten des Feindes erst zu zechen, che man mit ihm ans Geschäft ging.*) Es sei also nichts als reinste Tradition, wenn wir erst ans Kneipen und dann ans Arbeiten gingen. Würde aber auch diese seine zweite, aus redlichstem Forschungsdrange hcrvorgegangcnc Erklärung nicht richtig befunden, so ersuche er die geehrte Commission zu Ausarbeitung einer Geschichte des Buchhandels um gefällige Berichtigung. Zum Schlüsse aber wünsche er, Küche und Keller mögen ihre Schuldigkeit thun, die Gäste zu befriedigen, er hoffe, daß sie alle soviel Appetit zeigten wie s. Z. die Festcommission bei dem Probesrühstück, und er bitte die Leipziger College», das Glas zu leeren auf das Wohl unserer ver ehrten Gäste! Hieraus ergriff Herr Professor vr. Eckstein das Wort, um Denen, welche berufener als er seien, im Namen der Stadt und der Universität Dank für den srcundlichcn Willkommen zu sagen, den Weg zu bahnen. Er erinnerte zunächst an das seit Jahren so viel berufene, in Philadelphia von doch wohl kundiger Seite ge fallene und auch aus die Bücherei angewandte Wort „Billig und schlecht". Auf unsere Bücher könne man das Wort freilich nicht anwenden, sie seien theucr, theurer als im Anslande, wenigstens die besseren unter ihnen. An diesem jährlich wicderkehrendcn *) Referent macht übrigens ansmerksam aus den analogen löblichen Brauch, welcher beim Rath der alten Stadt Bremen herrschte, die Ab gesandten feindlicher Mächte, wie z. B. des Schwedenkönigs, ehe man an die Verhandlungen ging, im Rathskcllcr „zuzudccken", wie uns in der Quellen schrift: „Phantasien im Bremer Rathskcllcr" von W. Hauff ergötzlich erzählt ist. Vierundvierzigster Jahrgang. Festtage des Buchhandels, welchem für die Buchhändler das Jubilate erst später, bei Empfang der Zahlungen solge, müsse immer wieder ans den engen Verband zwischen Wissenschaft und Buchhandel hingcwicscn werden, und er müsse seine Freude dar über aussprechcn, daß die Generalversammlung in liberalster Weise die nöthige Summe zur Herausgabe der Geschichte des Buchhandels bewilligt habe. Dabei würden sich die Früchte dieser innigen Wechselwirkung zeige», auch aus jener Zeit, wo Buch drucker und Buchhändler noch ein zusammengehöriges untrenn bares Geschäft trieben. Aus neuerer Zeit wolle er im Vorüber- gchcn nur an einen vornehmen Buchhändler und wackcrn Mann erinnern, den die Stadt Leipzig mit Schmerz unlängst begraben habe: Salomon Hirzel's Name werde niemals vergessen werden. Mit dieser Erinnerung wolle er daran mahnen, daß unser Werk ein Friedenswerk sei, unsere Größe die, Ruhm und Ehre deutscher Wissenschaft aus die folgenden Geschlechter zu vererben. Ein Mittel dazu sei, billig aber nicht schlecht zu produciren, wenn er auch anerkennen müsse, daß bei wisscnschasllichcn Werken, die keinen Gewinn brächten, der bei der Honorarbcwilligung so oft befolgte Grundsatz „wenig mit Liebe" seine Berechtigung habe. Zum Schlüsse sorderte Redner aus, mit ihm daraus zu trinken, daß Buchhandel und Wissenschast vereint auch ferner die Ehre des Vaterlands wahren und Deutschlands Namen als den ersten unter den Culturvölkern der Erde Hochhalten möchten! Der Rector der Universität, Herr Professor Thiersch, be gann seine Rede mit einer Betrachtung darüber, wie vortrefflich und zweckmäßig es sei, sich an einem Tage, wo der Wein die Zunge gelöst habe, allerlei Angenehmes zu sagen. Man spreche da von Idealen, hohen Gütern der Menschheit, deutscher Wahr haftigkeit und noch vielen solchen schönen Dingen mehr. Er wolle sich diesem löblichen Brauche gern anschließen, müsse aber doch aus einen nicht abzuleugnenden Ucbelstand in unserem Ge werbe Hinweisen, das sei die Ueberproduction. Ein überproducirtes Buch sei und bleibe unverkäuflich, da helfe kein Retorsions-, kein Schutzzoll, altes Eisen könne man doch wenigstens noch als solches verwerthen, einen alten Schmöker aber kaufe Niemand. Daß also die Ueberproduction bestehe, leugne Niemand, der Buchhändler erkennt sie an, und jeder Autor, wenn er nicht gerade von seinen eigenen Werken spricht, erkennt sic erst recht an. Beim Nachdenken darüber sei er daraus gekommen, worin wohl der Hauptuntcrschied zwischen einem guten und schlechten Arzte liege. Das sei offen bar nicht die Behandlung des Kranken, sondern die Prognose, denn wie schnell wurde Jener der berühmteste Arzt, der infolge seines Abkommens mit dem Tode sofort aus der Stellung des letzteren am Kopf- oder Fußende des Bettes zu erkennen vermochte, ob der Kranke sterben müsse oder genesen iverde. Wenn nun der angehende Autor sein erstes Manuscript dem gut situirtcn Ver lagsbuchhändler bringt, jo wirft dieser gemeiniglich einen prüfenden Blick ins Manuscript, macht ihm klar, daß höchstens die „Her stellungskosten" bei dem Geschäfte hcrauskommen könnten und — im Gefühle des tiefsten Dankes geht der Autor ab. Was hat der Verleger bei der Prüfung gesehen? Er hat das Sinnbild des Krebses gesehen, er hat de» unheilbaren Krankheitskeim entdeckt, seine Prognose ist sertig, er lehnt ab. — Und diese Prognose ist in den meisten Fällen richtig, sie beruht auf dem wissenschastlichen Blicke und daraus, daß der Urtheilende mitten im Geiste seiner Zeit steht. Nicht der innere Werth allein, sondern auch das Bcdürsniß der Zeit sei für die Bcnrtheilung maßgebend, und da der Krebs ein unheilbares Uebel sei — wenn er heil bar ist, ist er eben kein Krebs —, so sei der Besitz einer Krebs brille ein unschätzbares Gut für den Verleger und ein sicheres Mittel gegen die Ueberproduction, und die letztere werde um so 231
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