Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-04-06
- Erscheinungsdatum
- 06.04.1904
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19040406
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190404062
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19040406
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1904
- Monat1904-04
- Tag1904-04-06
- Monat1904-04
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3058 Nichtamtlicher Teil /1k 78, 6. Apnl 1904, Nichtamtlicher Teil Irrtum bei der Bestellung von Büchern. Ein altes juristisches Schulbeispiel setzt, um die recht liche Tragweite eines Irrtums zu veranschaulichen, folgendes Beispiel: Ein Offizier hört das Buch des berühmten Rechts lehrers Achilles »Die Gewähre» sehr rühmen, er glaubt, daß dieses Werk sich mit den Gewehren beschäftige, während der Gegenstand seiner Erörterung in Wirklichkeit die Besitz lehre bildet, und von diesem Irrtum geleitet schließt er init einem Buchhändler einen Kaufvertrag um das Buch ab. Der erste Blick, den er hineintut, belehrt ihn natürlich über den Fehlgriff, den er begangen hat, und es entsteht nunmehr die Frage, ob er den Kaufvertrag nachträglich wieder rückgängig machen, ob er — um mit der Sprache des Gesetzes zu reden — die Willenserklärung anfechten kann, die er bei und mit der Bestellung abgegeben hat. Es ist hier nicht der Ort, um in die weitverzweigten mannigfachen juristischen Kontra- versen einzugehen, die sich auf der Grundlage der frühem Gesetzgebung an die Frage der rechtlichen Erheblichkeit eines Irrtums knüpfen. Hier sei zunächst aher noch an das soeben vorgeführte Beispiel ein andrer Fall gereiht, der den Schreiber dieser Zeilen in seiner Berufsübung kürz lich beschäftigte. Einem Manne, der auf dem Boden der strenggläubigen katholischen Kirche steht, wird ein Lieferungs werk zum Kauf angeboten, das sich mit einer gemeinver ständlichen Darstellung des Weltalls und der Menschheit beschäftigt. Die Probehefte, die man ihm zur Einsicht vor legt, schildern im großen Rahmen das Weltgebäude, und es ist in allen diesen Ausführungen nichts enthalten, was sich nicht mit dem Dogma der katholischen Kirche in Einklang bringen ließe. Daraufhin bestellt nun jener Mann das Buch, zahlt also nicht bloß die ihm bereits gelieferten Hefte, sondern verpflichtet sich auch zur Abnahme und zur Be zahlung der weitern Lieferungen im Rahmen des Pro spektes, Wie groß aber ist sein Erstaunen, als er sehr bald wahrnimmt, daß die Darstellung, namentlich soweit sie sich mit der Geschichte des Menschen befaßt, den Theorien der modernsten Naturforschung huldigt, die völlig frei von jeder biblischen Überlieferung den Ursprung des Menschen im Tier reich suchen, die ihn nicht vollendet aus der Hand des gött lichen Schöpfers hervorgehen lassen, sondern die einen allmäh lichen Entwicklungsgang von der niedrigsten bis zur gegen wärtigen Stufe konstruieren. Eine solche Auffassung und Darstellung widerspricht schnurstracks seiner Religion und verletzt ebenso empfindlich sein religiöses Gefühl, Hätte er von Anfang an gewußt, was den weitern Inhalt des Werks bildet, hätte er aus den Probeheften entnehmen können, in welchen Bahnen sich die Erörterung bewegen werde, so würde er nimmermehr auf das Buch abonniert haben, und es entsteht nunmehr für ihn die Frage, ob er die Bestellung wegen eines wesentlichen Irrtums rückgängig machen kann. Es liegt ohne weiteres klar zutage, daß der Irrtum in dem erstem Fall ganz anderer Art war, wie in dem letzlern. Der Offizier, der das Buch von Achilles gekauft hat, hat in Wirklichkeit etwas ganz anderes erwerben wollen, als ihm auf Grund des Kaufvertrags übereignet wurde. Er befand sich im Irrtum über den Gesamtinhalt des Buchs, er wollte ein solches aus der Gewehrlehre sich verschaffen, trug aber nicht das mindeste Verlangen danach, in die Geheimnisse des Schutzes einzudringen, der nach deutschem Recht dem Besitzer, bezw, dem Inhaber einer Sache kraft der Gewähre zukommt. In dem letzter» Falle dagegen hat der Besteller ein Buch gekauft und kaufen wollen, das in populärer Weise eine Beschreibung und Erläuterung des Weltalls und insbesondere auch der Menschheit bietet. Das, was er er wartet hat, wird auch in dem Buch erläutert und dar gestellt, nur die Art, wie dies geschieht und der Standpunkt, von dem es geschieht, ist nicht derjenige, den er will. Der Verfasser des ersten Buchs erläutert ein Thema, über das der Käufer nichts wissen will, spricht dagegen mit keinem Wort von dem, worum es dem letzter» wiederum allein zu tun ist; der Käufer des zweiten Buchs hat sich nur geirrt über die Ansichten des Verfassers, ihn interessiert wohl das Thema, er billigt aber nicht die Anschauungen, die der Ver fasser darüber kundgibt. Es fragt sich nunmehr, ob es auf diesen Unterschied für die rechtliche Beurteilung ankommt, bezw. wie diese in Ansehung des ersten und des ziveiten Falles nunmehr nach dem geltenden Rechte lauten müßte. Wann muß sich der Buchhändler also den Rücktritt von einer Bestellung wegen eines Irrtums über den Inhalt eines Buchs gefallen lassen? Für die Entscheidung nach geltendem Recht maßgebend ist nun die Vorschrift des tz 119 BGB, die zur Erläuterung des Ver ständnisses hier in ihrem vollen Wortlaut mitgeteilt werden möge: »Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Er klärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben haben würde. Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden, - Bei der Auslegung dieses Textes selbst kann es sich natürlich nur um den zweiten Absatz handeln, denn der Tatbestand, von dem der erste Absatz ausgeht, trifft für keins von beiden Beispielen zu. Der Offizier in dem ersten, der strenggläubige Katholik in dem zweiten Falle hat die Absicht gehabt, ein gewisses Buch zu bestellen, und hat es auch be stellt, Das was er erklärt hat, entspricht also seinem Willen, und das, was er gewollt hat, ist in seiner Erklärung zum Ausdruck gekommen. Es fragt sich nun also, ob bei beiden Kaufverträgen ein Irrtum vorliegt über eine solche Eigen schaft des Buchs, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden muß, und gerade bei einer Antwort hierauf wird man sorgfältig unterscheiden müssen. In dem ersten Fall beabsichtigt der Käufer die Anschaffung eines Buchs, in dem von Gewehren die Rede sein sollte, cs wurde also eine Dar stellung erwartet etwa über die Geschichte des Gewehrs, über die verschiedenen Konstruktionen und das Verhältnis ihrer Brauchbarkeit zueinander, über die Handhabung und über die Instandhaltung solcher Schußwaffen und dergleichen — kurz also eine Erörterung, die mit dem Beruf des Offiziers in Zusammenhang steht. Nichts von alledem aber ist in dem Buche zu lesen, das man ihm auf sein Verlangen geliefert hat und natürlich auch liefern mußte. Das Thema, das in einem Buche behandelt wird, bildet natürlich eine wesentliche Eigenschaft desselben. Ein Buch, in dem von der deutschrechtlichen Besitzeslehre gesprochen wird, ist etwas ganz anderes, wie ein solches, das die Technik irgend einer Schußwaffe zum Vorwurfe hat. Man wird deshalb kein Bedenken tragen dürfen, dem Offizier das Recht zur Anfechtung seiner Willenserklärung zu geben, den Buchhändler also für verpflichtet zu erachten, das Buch wieder zurückzunehmen und den bereits vereinnahmten Kauf preis herauszuzahlen. Es könnte auch nicht der Einwand gemacht werden, daß es Sache des Käufers gewesen wäre,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder