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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.04.1904
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1904-04-12
- Erscheinungsdatum
- 12.04.1904
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- Deutsch
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^ 88, 12, April 1904, Nichtamtlicher Teil 3248 Will man jetzt den deutsch-amerikanischen Beitrag kündigen, so bedeutet das also nur die Gegenseitigkeits bestimmung Amerika gegenüber zu streichen; das ist leicht geschehen. Tut man dies aber zum Zwecke, einen andern Vertrag mit Amerika statt dessen zu verlangen, so stellt man damit an Amerika die Forderung, seine eigne nationale Gesetzgebung umzuändern. Das ist selbstverständlich keinem Volke gegenüber eine einfache Sache, sich in die na tionale Gesetzgebung einzumischen, oder einen Druck auf sie auszuüben. Ob man Amerika gegenüber damit besonders glücklich sein wird, ist fraglich. Zurzeit stehen wir diesem Lande gegenüber mit dem Urheberschutz nicht besser und nicht schlechter als sämtliche andern Völker, Ziehen wir die Gegenseitigkeitsbestiinmung zurück, indem wir den Vertrag kündigen, so stehen wir uns schlechter als alle andern Länder, die mit Amerika Erklärungen über den Schutz aus getauscht haben. Es ist ja denkbar, daß die Vorstellungen unsrer Regierungen einen gewissen Eindruck auf Amerika machen können und daß die amerikanische Regierung eine Abänderung ihrer nationalen Gesetzgebung vornimmt. In diesem Falle werden wir uns um sämtliche andern Länder äußerst verdient machen, denn der im Sinne unsrer Be strebungen veränderte Wortlaut des amerikanischen Gesetzes wird allen Ländern mit Gegenseitigkeit zugute kommen; wenn wir dann von neuem einen Vertrag mit Amerika ab schließen, auch uns, aber inzwischen wird eine gewisse Zeit verflossen sein, in der wir ungeschützt waren, während alle andern Länder fortgesetzt Schutz hatten. Es ist zu befürch ten, auch dieses »Interim hat den Schalk hinter ihm«. Diese damit eintretende Zeit der Rechtlosigkeit werden die Amerikaner aus das freudigste ausnutzen. In welcher Weise diese Ausnutzung vor sich gehen wird, davon kann sich derjenige eine Vorstellung machen, der das Nachdruckwesen in Amerika vor und ivährend dieses Schutz- vertrags einigermaßen beobachtet hat. Für den Musikalien verlag war die Sache früher so, daß man dort druckte, was irgend Erfolg versprach. Das wußten am besten die ameri kanischen Importeure deutscher Musik; sie erzwangen durch Drohung mit Nachdruck höchste Rabatte, gewannen mit Hilfe dieser niedrigen Preise große Absatzgebiete, Auf Grund der hierbei gemachten Erfahrungen druckten sie nach, »was sie mußten«; sie mußten aber Nachdrucken, was sich lohnte; und da die Importeure aus Deutschland stammten und gewisse gemütliche Bedürfnisse hatten, so schickten sie wohl dem besonders reich mit Nachdruck Bedachten einmal eins Tonne mit Äpfeln als Weihnachtsfreude für die Kleinen, Aber auch diese patriarchalischen Zustände hörten auf, als die veramerikancrte jüngere Generation dieser Importeure nach deutscher Lehr- und Wanderzeit sich an das planmäßige Nachdrucken alles irgend Erreichbaren gab. Ähnlich wie sich Großbritannien trotz des Beitritts zum Berner Schutzoerband den Nachdruck aller vor Beitritt er schienenen geschützten Werke des weitern vorbehielt, hat auch Amerika bei Abschluß des Gegenseitigkeitsvertrags mit Deutschland selbstverständlich keinerlei rückwirkende Kraft zugebilligt. Innerhalb der letzten dreizehn Jahre hat man in Amerika nach dem Schutzvertrag vielleicht noch mehr nachgedruckt als vordem; man verbesserte sein Ver fahren, aus den Rückständen noch mehr auszupressen, etwa in der Weise, wie es vor einigen Jahrzehnten die Zuckerfabri kanten durch bessere Ausnützung früher unbeachtet gelassener Rückstände zu höherer Ertragsfähigkeit brachten. Die Zeit schrift »Mnsikhaudel und Musikpflege« hat eben die Liste nur eines Monats bekannt gewordener amerikanischer Musi- kaliennachdrucke veröffentlicht. Schenkt man dem weitere Beachtung, so könnte das wohl ziemlich gleichmäßig Monat für Monat so weiter zur Kenntnis gebracht werden, und doch sind diese Nachdrucke nur die amtlich zum Schutz dort eingetragenen. Die dem Abschluß des Vertrags vorangegangene ameri kanische Gesetzgebung mit bedingtem Schutz der Fremden hat die Wirkung gehabt, daß die Grenzen des Erlaubten und Unerlaubten klar abgesteckt worden sind. Während früher der Nachdrucker mit etwas schlechtem Gewissen arbeiten mußte, fühlt er sich jetzt innerhalb der ihm gesetzlich be stimmten Grenzen als ein ehrlicher Mann, der seine Freiheit ausnutzt, ähnlich wie etwa der deutsche Konkurrenzoerleger nach Verlauf von dreißig Jahren nach dem Tode eines Autors, Die Ausnutzung ist deshalb für das noch zugäng liche Gebiet auf das gründlichste erfolgt. Sie wird noch weit ausgiebiger erfolgen, sobald, wenn auch nur für kurze Zeit, die Neuigkeiten der letzten dreizehn Jahre von den Deutschen durch Verzicht auf die Gegenseitigkeit zur Verfügung gestellt werden. Bisher hat man sich in Amerika damit beholfen, daß man die deutschen Neuigkeiten der letzten zwölf Jahre nach Möglichkeit vom Vertrieb ausgeschalten, damit sie nicht in Wettbewerb mit dem amerikanischen gestatteten Nachdrucks verlage träten. Von dem Augenblick an, wo man dort über sie verfügen kann, wird man sich nicht entgehen lassen, alles, was einigermaßen die Aussicht auf einen Nutzen er öffnet, nachzudrucken. Die seit einiger Zeit in Deutschland eingeleitete Bewegung gegen das Gesetz dürfte bereits sach kundige Nachdrucker veranlaßt haben, ihre Listen vorzu bereiten und sofort im Augenblick, wo die bisher geschützten Werke, die das volle Interesse der Gegenwart haben, für sie frei iverden, mit ihren Veröffentlichungen herauszutreten. Dabei handelt es sich nicht nur um den Verlust der insgesamt nicht unbeträchtlichen Versicherungssumme von etwa 100 000 die der deutsche Musikalienhandel an die verhältnismäßig kostspieligen Eintragungen in Amerika ge wandt hat, sondern um die Preisgabe von Rechten und Besitziteln, die über das Hundertfache dieses Betrags aus machen, Wer alles dies leichten Herzens preisgeben will, muß sich darüber wenigstens zuvor klar sein. Vergeblich fragt man sich, welche Änderungen seit Ab schluß des Vertrags eingetreten sind. Als der Börsenverein der Deutschen Buchhändler in seiner Hauptversammlung vom Jahre 1891 dem Anträge des Herrn F, A, Ackermann in München entsprechend sich auf den Standpunkt des amerika nischen Vertrags stellte, war man sich darüber nicht im un klaren, daß der Nutzen für den literarischen Teil des Buch handels ein äußerst bescheidener sein werde. Jener Antrag ging von einem Kunsthändler aus; es wurde damals gleich geltend gemacht, daß er voraussichtlich in erster Reihe dem musikalienhändlerischen Zweige des Buchhandels zugute kommen werde, auch war der Antrag auf Errichtung einer Zentralstelle des Börsenvereins in New Jork oder Washington schon vor Abschluß des Vertrags nur auf Grund der ameri kanischen Bill vom 4, Dezember 1899 gestellt worden. Das, was den Schutz in Amerika für den literarischen Buchhandel so unergiebig macht, ist die Klausel der ameri kanischen Gesetzgebung über die Notwendigkeit der Herstellung im Lande selbst. Was dort für Bürger des Landes keinerlei Beschwerde ist, bedeutet für fremde Staatsangehörige in den meisten Fällen die Unmöglichkeit des Schutzes, Dieser Teil des Gesetzes ist auf das Verlangen der Vereinigungen dortiger Buchdrucker, die auf die Presse großen Einfluß haben, durchgesetzt worden; er stempelt die dortige Gesetz gebung zu einer des national - amerikanischen Egoismus, Als mau zwischen Deutschland und Amerika den Vertrag abschloß, stand noch nicht unbedingt fest, ob der Schutz von Musikalien gewährleistet worden sei; dem Wortlaut nach konnte man es verneinen. Das Interesse der großen ame- 429'
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