Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19070502
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190705021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19070502
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-02
- Monat1907-05
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. >er Lei im immer mehr daran gewöhnen, in literarischen Nöten bei Seminar-, Examens- und Promotionsarbeiten statt der Bibliothek eines der bekannten buchhändlerischen Leihinstitute in Anspruch zu nehmen, die ihnen auf die Einsendung des Themas die zugehörige Literatur in geschäftsmäßig ober flächlicher Zusammenstellung zur Verfügung stellen, oder wenn die Mediziner in ihren angeblich wissenschaftlichen Erst lingsarbeiten, die ja für weitaus die meisten zugleich die letzten Versuche dieser Art sind, fast allgemein diese er schreckende handwerksmäßige Literatur-, man möchte sagen Geschichtslosigkeit zeigen, die noch vor einem halben Jahr hundert unerhört gewesen wäre. Die Erfahrung, die Robert von Mohl aus seiner bibliothekarischen Praxis heraus in die Worte kleidete: »Wo wenig da ist, da wird noch weniger ge suchte, wird in stetig zunehmendem Umfange gemacht; gibt es doch Bibliotheken, bei denen die Benutzung seitens der Medi ziner auf sechs Prozent der bei der Fakultät Eingeschriebenen herabgesunken ist, und ob die Chemiker, Botaniker usw., die als Angehörige der Philosophischen Fakultät in der Regel nicht besonders gebucht werden, ein größeres Vertrauen zur Bibliothek zeigen, ist nach dem allgemeinen Eindruck recht zweifelhaft. Es ist wichtig, dies im Auge zu behalten, wenn man den rechten Maßstab für die Beurteilung des Prozent satzes der Wünsche gewinnen will, die wegen Nichtvorhanden seins des gesuchten Werks unerfüllt bleiben müssen. Und weiter hat man dabei in Betracht zu ziehen, daß die Statistik nur die schriftlich eingehenden Gesuche faßt, nicht aber die mit negativem Ergebnis endenden Nachforschungen in den Katalogen und im Magazin, die bei den Universitäts bibliotheken schwerlich zu hoch veranschlagt werden können, da die hier vornehmlich in Frage kommenden Benutzer, die Dozenten, eben diejenigen sind, die die Bibliothek am stärksten in Anspruch nehmen und überdies am ehesten mit ihren Bedürfnissen über die landläufige Literatur hinausgehen. Wenn trotzdem das Verhältnis der mit dem niederschlagenden »Nicht vorhanden« bezeichneten Bestellungen bei den preußi schen Universitätsbibliotheken z. B. auf durchschnittlich 15 Prozent hat ermittelt werden können, so muß das doch auch denjenigen stutzig machen, der den Grundsatz von der erzieherischen Wirkung der Sparsamkeit auch auf die wissen schaftlichen Hilfsmittel überträgt. Wieviel gute Ansätze, wieviel fruchtbare Keime hier vernichtet werden, das läßt sich freilich nicht in statistische Ziffern bringen. Wenn es möglich wäre, man würde über dem Ergebnis ernst werden. Wie ist zu helfen? Man hat die Frage jetzt lange genug gewälzt, um zu wissen, daß die Erleuchtung, wie der Not mit den vorhandenen Mitteln durch bloße Änderung der Organisation zu begegnen wäre, nicht mehr kommen wird. Die »Spezialisierung der Bibliotheken«, d. h. die Beschränkung der einzelnen Anstalt auf bestimmte Fächer, in der Robert von Mohl den einzigen allgemeinen Plan zur Herstellung eines »wenigstens teilweise verbesserten Zustandes« erblickte, kennzeichnet sich, wie überdies niemand überzeugen der Nachweisen kann, als der Urheber selbst es getan hat, ohne weiteres so deutlich als ein Ausweg der Verzweiflung, daß es heute, da die Politik des Existenzminimums gegen über den wissenschaftlichen Anstalten der Erinnerung angehört, niemand gibt, der diese Idee aufnehmen möchte. Eher schon könnte ein Blick auf die Zukunft der Instituts- und Seminar bibliotheken bei den Universitäten den Gedanken nahe legen, die Leistungsfähigkeit der Universitätsbibliotheken auf Kosten dieser Sammlungen zu steigern. Es gibt ihrer dreißig bis vierzig bei jeder Universität; alle verfügen sie im Ver hältnis zur Ausdehnung des zu pflegenden Gebiets über nicht unbeträchtliche Mittel, die in ihrer Gesamtheit hier und da sogar den Vermehrungsetat der Universitätsbibliotheken über steigen. Ursprünglich gedacht als Handapparate zur Unter stützung des Unterrichts, haben sie sich im Laufe der Jahre, nicht zum wenigsten durch Zuwendungen von Lehrern und Schülern, zu teilweise recht ansehnlichen Fachbibliotheken ent wickelt, die unterzubringen und in Ordnung zu halten von Jahr zu Jahr größere Schwierigkeiten verursacht. So zweifel los es indes ist, daß es auf diesem Wege nicht in inünituin weitergeht, und so nachhaltig den Universitätsbibliotheken durch Überweisung dieser Sammlungen samt ihren Einkünften geholfen werden könnte, so wird doch niemand einer solchen Maßnahme das Wort reden, der jemals einen Einblick in ihre segensreiche Wirksamkeit genommen hat. Natürlich gibt es auch unter ihnen Wunderlichkeiten, Bibliotheken in eifer süchtig verschlossenen Schränken, die treffender mit dem schönen alten Ausdruck Bibliotaphe bezeichnet würden. Wo sie aber einigermaßen vernünftig verwaltet werden, da zeigen sie sich mit ihrer Übersichtlichkeit und mit der durch keinerlei lästige Auf sicht beeinträchtigten Freiheit, ja Behaglichkeit der Benutzung ungleich geschickter als die Universitätsbibliotheken, den seiner Ziele noch nicht sicheren Anfänger anzuziehen, zutraulich zu machen, anzuregen und zu fördern. Ein wenig Einvernehmen einerseits zwischen den verwandten Instituten und anderseits zwischen den Instituten und der Universitätsbibliothek, zu mal bei der Anschaffung von Zeitschriften und kostspieligen Werken, strenge Beschränkung auf den Studienzweck und rücksichtslose Ausscheidung aller hiernach entbehrlichen Lite ratur, vielleicht fortdauernd zu gewährleisten durch das brutale, aber voraussichtlich allein wirksame Mittel einer Maximal-Bändezahl: das etwa mag der Weg sein, um den in der Entwicklung dieser Anstalten zutage tretenden Unzu träglichkeiten abzuhelfen. Für die Universitätsbibliotheken ist hier nichts zu erwarten. Es bleibt dabei: ohne neue Mittel keine Hilfe, gleich viel welche Richtung man der Entwicklung der Bibliotheken geben mag. Denn ob man bei dem gegenwärtigen System bleibt, das die große Mehrzahl der Bibliotheken für die Befriedigung außergewöhnlicher Anforderungen auf die Hilfe der wenigen, das Durchschnittsmaß stark überragenden Sammlungen anweist, oder ob man zur Entlastung dieser über das wünschbare Maß hinaus in Anspruch genommenen Anstalten daneben ein weiteres Aushilfesystem auf der Grundlage schafft, daß die übrigen Bibliotheken in den Stand gesetzt werden, jede ein bestimmtes Fach zu besonderer Stärke zu entwickeln: so viel steht fest, daß an eine Ein schränkung der Aufgaben nirgends gedacht werden kann. Diese neuen Mittel aber können in angemessener Höhe jetzt und in Zukunft füglich nicht erwartet werden, solange es nicht gelingt, den Bedürfnisnachweis auf eine sichere Grund lage zu stellen und damit die gegenwärtig fast unbegrenzte Bewegungsfreiheit bei der Behandlung der bibliothekarischen Forderungen auf ein vernünftiges Maß einzuschränken. Dies ist der springende Punkt. Auf ihn sind alle Kräfte zu vereinen. Und so groß die Schwierigkeiten sich erheben, unüber windlich sind sie nicht. Über den Weg selbst aber kann ein Zweifel nicht bestehen. Er ist mühselig und lang; aber es ist der einzige, der zum Ziel zu führen verspricht: der ganze alte Vorrat allgemeiner Erörterungen und Berechnungen, mit denen die Bibliotheken bisher die Unzulänglichkeit ihrer Mittel darzutun pflegten, wird als ausgedient und unbewährt beiseite gelassen, und an seine Stelle tritt als Grundlage der Verhandlung zwischen dem Fordernden und dem Gewährenden etwas Greifbares, das Buch selbst. Nur auf den ersten Blick scheint dieser Vorschlag un geheuerlich. Wie einerseits die große Masse der Erscheinungen, an den Aufgaben der Bibliotheken gemessen, ohne weiteres ausscheidet, so ist andererseits bei dem übrig bleibenden Rest die Grenze zwischen dem, was notwendig, und dem, was
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder