Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19070502
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190705021
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19070502
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1907
- Monat1907-05
- Tag1907-05-02
- Monat1907-05
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
4534 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil 101, 2. Mai 1807. Wehe der Bibliotheken fast ausschließlich abhängt: das ist die Bemessung der Vermehrungsfonds. Daß die Bibliotheksverwaltung, auch im bescheidensten Verständnis des Wortes, verhältnismäßig so jungen Datums ist; daß man so merkwürdig spät dahinter gekommen ist, wie es das Wesen der Bibliotheken ist, zu wachsen, solange sie leben, und wie daher Kataloge und Ordnungen nur dann die Gewähr der Dauer bieten, wenn sie dieser Eigenart Rechnung tragen; daß man so viel Zeit dazu gebraucht hat, um zu begreifen, wie diese Kataloge, denen es be stimmt ist, nie fertig zu werden, bei der Verschiedenheit der von Jahr zu Jahr und von Generation zu Generation wechselnden Arbeiter nur dann lebensfähig bleiben, wenn jeder einzelne an die pedantische Beobachtung derselben Grundsätze gebunden wird: das alles ist denen, die heute mit ihren wissenschaftlichen Bedürfnissen auf die Bibliotheken angewiesen sind, vollkommen gleichgültig; denn die Unzulänglichkeiten, die sich als Zeugnisse jener Entwick lung bis in die neueste Zeit hinein gerettet hatten, sind überall überwunden oder so gut wie überwunden. Worunter aber die wissenschaftliche Arbeit heute leidet auf Schritt und Tritt, und was keine Kunst des Bibliothekars heilen kann, das sind die Folgen der Gleichgültigkeit, der Planlosigkeit und der wahrhaft unökonomischen Sparsamkeit, die die wichtigste Aufgabe der Bibliotheken, den Ausbau der Be stände, fast allenthalben so lange beherrscht haben und zum Teil noch beherrschen. Ein Stück Land, mag es noch so arg verwirtschaftet sein, kann mit leidlichem Geld und frischem Blut in kurzem wieder auf die Höhe gebracht werden, wenn eine Voraussetzung zutrifft: wenn der Boden gut ist; der zähe Fleiß ganzer Generationen aber gehört dazu, ein Un land ertragfähig zu machen. So ist auch aus der verkom mensten Bibliothek alles zu machen, wenn die Bücher da sind, die man nach ihrer Bestimmung in ihrem Besitz er warten darf, während schwere Mängel und Lücken in den Beständen nur bei ganz unverhältnismäßig gesteigerten Mühen und Aufwendungen überwunden werden können und demgemäß fast nie überwunden werden. Das ist das Resultat hundertfältiger Erfahrung und darf die Geltung eines Axioms in Anspruch nehmen. Woraus sich für die Aufsichtsbehörde als die bei weitem wichtigste Aufgabe die Sorge für eine ausreichende Bemessung der Anschaffungs fonds ergibt. Eine Aufgabe, an deren Auffassung und Be handlung Gegenwart und Zukunft um so stärker inter essiert sind, je störender einerseits bei der ständigen Steigerung des wissenschaftlichen Betriebs jede Unzulänglich keit in der Lieferung der Hilfsmittel empfunden wird, und je geringer andererseits die Aussicht geworden ist, in der Gegenwart begangene Fehler zukünftig auf die bisherige Weise, d. h. durch den Zufluß ganzer Sammlungen älterer Lite ratur repariert oder doch in ihren Folgen gemildert zu sehen. Wie die frische Unbefangenheit, mit der man noch vor hundert Jahren lebensunfähige Sammlungen ihrer Selbständigkeit entkleidete, für immer dahin zu sein scheint, so ist die Be weglichkeit des modernen Lebens der Bildung von Privat bibliotheken höchst ungünstig, und wo sie noch auf den Markt kommen, da erweist sich in der Regel die Konkurrenz des mächtig entwickelten Antiquariats und amerikanischer Donatoren den staatlichen Mitteln und der amtlichen Schnelligkeit weit überlegen. Es gilt also, das ist eine un- abweisliche Forderung, die Bibliotheken in den Stund zu setzen, bei der Sammlung der modernen Literatur inner halb des ihnen zugewiesenen Kreises die Bedürfnisse der Gegenwart wie der Zukunft von vornherein ausreichend zu berücksichtigen. Wie sind nun die deutschen Bibliotheken für diese Auf gabe gerastet? Bei der großen Verschiedenheit der Dotierungen, die nur zum Teil in der Verschiedenheit der Ziele ihre Begründung hat, ist es selbstverständlich, daß eine zusammenfassende Ant wort nicht für alle Anstalten dieselbe Geltung haben kann. Wie sie aber lauten muß, darüber herrscht bei denen so wohl, die auf die Bibliotheken angewiesen sind, wie bei den Bibliothekaren als den berufenen Kennern der Leistungs fähigkeit ihrer Anstalten nur eine Ansicht. Sie kommt zum Ausdruck in dem Schlagwort vom Notstand der deutschen Bibliotheken, das, trotz der ungewöhnlichen Aufbesserung der letzten Jahrzehnte vor einiger Zeit aufgetaucht, nicht mehr aus der Erörterung der Frage verschwinden will und dem man, soviel die Mode bei seiner Prägung mitgewirkt haben mag, unrecht täte, wollte man es mit den politischen Schlagworten zusammenwerfen, da hier von einem persön lichen Interesse derer, die sich darauf vereinen, nicht die Rede sein kann. Die Beobachtungen innerhalb der vier Wände, die theoretischen Abmessungen an der Skala des Betriebs der Wissenschaft und der lite rarischen Produktion, die praktischen Berechnungen an den Erscheinungen des Büchermarkts, alles führt zu demselben Ergebnis: die Bibliotheken bleiben mit ihren Anschaffungen weit hinter allen billigen Anforderungen zurück, und nur durch eine von Grund aus neue Dotierung können sie in den Stand gesetzt werden, der ihnen innerhalb der staat lichen Pflege der Wissenschaft zugewiesenen Aufgabe gerecht zu werden. Und so groß ist die Differenz zwischen der gegenwärtigen Höhe der Vermehrungsetats und den Forde rungen — sie gehen bis zur Verdoppelung und darüber —, daß man zunächst unwillkürlich nach einer Erklärung sucht, wie es bei den günstigen Finanzen, deren sich die deutschen Staaten im ganzen erfreuen, zu einer derartigen Unter ernährung der Bibliotheken hat kommen können. Tatsächlich sind es eigenartige Verhältnisse, die hier im Spiele sind. Anders als die wissenschaftlichen Institute, die aktiv der Forschung und dem Unterricht dienen, teilen die Bibliotheken aus alter Erbschaft her mit den wissenschaft lichen Sammlungen das Schicksal, ein wenig als Luxus einrichtungen angesehen zu werden, bei denen Reichtum und eine gewisse Vollständigkeit als angenehm und vielleicht auch als förderlich anerkannt, eine heroische Beschränkung aber noch nicht als dem Interesse der Wissenschaft zu widerlaufend zugegeben wird. Diese Auffassung aber erhält eine starke Stütze in der außerordentlichen Schwierigkeit, vor der die Bibliotheken stehen, wenn es sich darum handelt, ihre Bedürfnisse nachzuweisen. Seitdem die litera rische Produktion die Übersichtlichkeit, die sie noch vor einem halben Jahrhundert besaß, so hoffnungslos eingebüßt hat, ist es selbstverständlich, daß auch die auf breitester Grund lage angelegte und entsprechend dotierte Bibliothek bei der Vermehrung ihrer Bestände nur noch an eine vernünftige Auswahl denken kann. Und ebenso liegt es auf der Hand, daß ein Staat, der mehrere Bibliotheken zu unterhalten hat, die mit der Sicherheit und Schnelligkeit des Verkehrs unendlich gesteigerte Möglichkeit der Aushilfe von Bibliothek zu Bibliothek bei der Zumessung der Mittel nicht un berücksichtigt lassen darf. Bereits hieraus ergibt sich für die Feststellung des Bedarfs eine verhängnisvolle Unsicher heit der Grundlage, indem einerseits der Hinweis auf die un befriedigten Wünsche der Benutzer als auf etwas schlechthin Unvermeidliches wirkungslos bleiben muß, andererseits aber weder für die Auswahl noch für den Verzicht im Hinblick auf die Hilfe einer andern Anstalt sichere und allgemein anerkannte Kriterien gegeben sind. Und während weiter andre wissenschaftliche Institute bei der Vertretung ihrer Forderungen mit einer Handvoll Zahlen zu operieren haben, würden die Bibliotheken, um das Mißverhältnis
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder