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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.07.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-07-27
- Erscheinungsdatum
- 27.07.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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7432 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 173, 27. Juli 1S07. Nichtamtlicher Teil. Mitteilungen aus Rußland. Von W. Lenckel. Die Lage der periodischen Presse in Rußland wird immer schwieriger; namentlich die Provinzpresse hat unter der Willkür der Gouverneure und Polizeiorgane zu leiden, die sich an keine Gesetze und Verordnungen kehren. Fortwährend wird von Kon- fiskation der Zeitungen und Verbannungen der Redakteure be richtet. Seit in Krasnojarsk der Belagerungszustand verhängt wurde, sind dort sieben Redakteure verbannt worden. Ähnliche Nachrichten kommen aus andern Provinzstädten, und in den Hauptstädten geht es nicht viel besser zu. In St. Petersburg, Moskau und in den Ostseeprovinzen sind einer großen Zahl von Zeitungsherausgebern Geldstrafen im Betrage von einhundert bis dreitausend Rubeln auferlegt worden. Wer nicht zahlen kann, wird eingekerkert. Geldstrafen bis fünfhundert Mark können durch zweiwöchentliche Gefängnisstrafe kompensiert werden, und wer keine dreitausend Rubel Strafe zahlen kann, muß drei Monate absitzen. Der Generalgouverneur des Kaukasus teilte den Besitzern von Buchhandlungen und Leihbibliotheken mit, daß, falls bei ihnen verbotene Schriften gefunden werden, sie drei- tausend Rubel Strafe zahlen müssen. In St. Petersburg wurde folgende neue Polizeimaßregel eingeführt: Polizisten erscheinen in frühester Morgenstunde in den Straßen, wo die meisten Zei tungsverkäufer ihre Ware fetlbieten, und konfiszieren alles, was ihnen verdächtig erscheint, ohne Rücksicht darauf, ob die beschlag nahmten Zeitungsnummern später verboten oder vielleicht wieder freigegeben werden. Diese Maßregel wird damit begründet, daß die bisher angeordneten Konfiskationen meistens unwirksam waren, weil die betreffenden Nummern bereits ausverkauft waren. Graf L. L. Tolstoj (Sohn) gab eine Broschüre seines Vaters: -Wo ist ein Ausweg?« heraus, worin die Frage erörtert wurde: Wer soll das Ackerland besitzen und wie ist es den Personen zu entziehen, die es nicht selbst bebauen, die also die Arbeit der Bauern ausbeuten? In dieser Broschüre wird auch die Militär dienstpflicht im verneinenden Sinne besprochen. Der Staats anwalt fand nun, daß der Verfasser gewisse Gesetze übertreten habe, und zog den Herausgeber zur Verantwortung. Dieser ver teidigte sich selbst und brachte ein Gutachten des bekannten Juristen A. Koni vor, worin dieser feststellte, daß eine Gesetzes übertretung nicht vorliege. Der Herausgeber wurde zwar frei gesprochen, aber die Broschüre zur Vernichtung verurteilt. In Narym (Gouvernement Tomsk) hat sich eine Gruppe von politischen Verbannten gebildet, die in den Kolonien ihrer Leidens genoffen Bibliotheken organisiert haben. Drei von diesen Biblio theken enthalten bereits je achthundert Bände, die von Gesinnungs genoffen aus Rußland meistens unentgeltlich gespendet wurden. Die Hauptverwaltung der Posten und Telegraphen ist gegen wärtig mit der Revision der Taxen für die Versendung von Zei tungen und Zeitschriften beschäftigt. Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften wird ein Wörter buch der Jakutensprache herausgeben. Die Hauptarbeit ist dem Professor Pekarskij übertragen worden, der fünf Jahre als Ver bannter im Gebiete von Jakutsk zubrachte. — Die Gesellschaft für russische Geschichte und Altertümer bei der Moskauer Uni versität verlieh an N. Lissogorskij eine Prämie im Betrage von fünfhundert Rubel für sein Werk -Der Moskauer Metropolit Platon (Lewschin) als Kämpfer gegen die Sektirer«. Die Gesellschaft zur gegenseitigen Unterstützung von Schrift stellern und Gelehrten besaß am 1./14. Mat d. I. ein Kapital von 691929 Rubel. Das Ministerium der Volksaufklärung, das seit 47 Jahren dieser Gesellschaft eine jährliche Subsidie von tausend Rubel gegeben hatte, erklärte, Geldmangels halber jetzt nichts mehr geben zu können. Das im Besitz der Gesellschaft be findliche Haus soll für 150 000 Rubel verkauft und aus dem Erlös Wohnungsgelder an bedürftige Schriftsteller und Gelehrte ver abfolgt werden. — In St. Petersburg bildete sich ein Verein von Korrespondenten ausländischer Zeitungen, um sich gegenseitig zu informieren, mit den lokalen Verhältnissen bekannt zu machen und mit Materialien und Nachrichten zu versorgen. — Unter den Studenten St. Petersburgs ist eine Partei der Volksfreiheit im Ent stehen, die es sich zur Aufgabe machen will, Schriften herauszu geben und unter dem Volk zu verbreiten, die es aufklären und fürs politische Leben vorbereiten sollen. Die Mitglieder dieser Gesellschaft gehören der sogenannten Kadettenpartei an, sind also konstitutio nelle Demokraten. — Auch eine Alexander Herzen-Gesellschaft soll in St. Petersburg gebildet werden, die sich literarischen, wissen schaftlichen und politischen Fragen widmen und Materialien zum Studium des Lebens und der Werke Herzens sammeln will. — Eine Versammlung dramatischer Autoren beschloß, sich mit einer Eingabe an die Reichsduma zu wenden, um die Abschaffung der Theaterzensur zu verlangen. — Zur Feier der vierzigjährigen schriftstellerischen Tätigkeit von Elise Orzeszkowa will eine Ge sellschaft polnischer Frauen einen Sammelband herausgeben. — In Warschau fand eine Versammlung katholischer Schriftsteller und Publizisten statt. — Eine russische Abteilung der internatio nalen Polyglotten-Gesellschaft ist in London entstanden. Daß in Rußland Wissenschaften und Künste in den letzten Jahren von den Wogen der Freiheitsbewegung in bedenklicher Weise überflutet worden sind, kann leider nicht geleugnet werden. Es erschienen so viele minderwertige Bücher, Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften, die durchaus nicht als Bereicherungen des rus sischen Büchermarkts bezeichnet werden können, daß alle wertvollen literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Werke in den Hintergrund gedrängt wurden. Neuerdings scheint es nun in dieser Beziehung etwas bester zu werden, und wir können heute auf ein Unternehmen Hinweisen, dem ein glänzender Erfolg zu wünschen ist. Unter dem Titel -Freies Wissen- erscheint eine von den Professoren E. Grimm, L. Petrashitzkij, W. Ssipowskij und W. Schtmkewitsch herausgegebene Bibliothek, von der bereits fol gende Abhandlungen erschienen sind: W. Schtmkewitsch, -Die Zu kunft der Menschheit vom Standpunkt des Naturalisten- und des selben Verfassers »Mischlinge und Bastarde«; Ur. Wl. Wagner -Was ist Instinkt und woher kommt es, daß sogar viele Zoologen einen nur unklaren Begriff davon haben?-; Dogel, -Woraus be steht das Blut und weshalb ist cs für den tierischen Organismus notwendig?-; N. Firssow, -Der Volksaufstand Stenjka Rasins als soziologische und psychologische Erscheinung des Volkslebens»; W. Ssipowskij, -Die Literaturgeschichte als Wissenschaft-. Von I. A. Poroschin (N. Bjeloserskij) ist eine »Bibliothek der Freiheitsbewegung- im Erscheinen begriffen. Sie soll die russische Freiheitsbewegung seit ihrem Beginn möglichst unparteiisch schildern. Die erste Lieferung ist den Freiheitskämpfern der Ver gangenheit gewidmet. — Im Verlage der Firma M. O. Wolfs in St. Petersburg und Moskau erscheint ein neues Werk des be kannten Psychiaters Professor Kowalewskij -Das Weltgebäude-, worin er die Hypothesen der Gelehrten über die Erschaffung der Welt, verglichen mit der biblischen Schöpfungsgeschichte kritisch analysiert. — Die erste Lieferung eines Wörterbuchs der literarischen Typen und Gattungsnamen ist im Druck begriffen; sie wird den Werken I. Turgenjews gewidmet sein. — Herr Shdanow, ein Offizier des Minenboots -Letutschij-, zeigt an, daß er ein Album über Port Arthur herausgeben wird, das Ansichten der Festung, Episoden aus der Belagerung usw. enthalten und 15 Rubel kosten soll. — Unter dem Titel -Hilfe für die Hungernden- er scheint in Moskau ein Album von Autographen und Faksimiles von Gelehrten, Schriftstellern, Künstlern, Komponisten, Politikern, Publizisten, das auch Illustrationen und Porträts enthalten wird. Unter den Beteiligten befinden sich die Namen vieler russischen Berühmtheiten (Preis 1 Rubel). — Im Verlag von Großmann L Knebel in Moskau sollen außer der »Geschichte der russischen Kunst- auch reich illustrierte Monographien über russische Künstler erscheinen. Die ersten Lieferungen sind den Künstlern N. Lewitan, K. Korowin, W. Sserow, A. Benois, K. Ssomow und M. Wrubel gewidmet. Als Verfasser werden Igor Grabar und A. Benois genannt. — Herr Herschensohn in Moskau zeigt an, daß er ein großes historisch-literarisches und politisches Werk, eine Geschichte Jung-Rußlands, herausgeben wird. Das im Verlage der Firma -Schipownik- erschienene Büch lein -Pobjedonoszew- enthält je einen Artikel von Amfiteatrow und Anitschkow. Es sind Pamphlete gegen den reaktionären Staatsmann, der auf die innere Politik Rußlands seit mehr als fünfzig Jahren unheilvollen Einfluß ausgeübt hat. — In dem-
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