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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1907
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- 1907-07-24
- Erscheinungsdatum
- 24.07.1907
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- Deutsch
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170, 24. Juli 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 7343 Nichtamtlicher Teil. Mehrfache Verwertung eines Operntextes. Von Jnstizrat I)r. Fuld in Mainz. Mascagnis melodiöse, aber wohl schon teilweise aus dem Opernrepertoire zurückgedrängte Oper 6avv,llsrikc rusULLnv, hat in Italien zu einem nicht uninteressanten Rechtsstreit Anlaß gegeben, auf dessen Ausgang man in Kreisen der italienischen Verleger und Bühnenleiter sehr gespannt ist. Bekanntermaßen hatte die ohne Genehmigung erfolgte Be nutzung der Vergaschen Dichtung zum Zwecke der Komposition zu Differenzen zwischen dem sizilianischen Dichter Verga und Mascagnis Verleger, Sonzogno, geführt, die mit der Zahlung einer sehr erheblichen Entschädigung des letztern an den erstern sich erledigten. Nunmehr hat ein anderer Komponist die Vergasche Dichtung ebenfalls mit einer Kom position verbunden und nennt sein Werk gleichfalls »Oaval- lsris. ru8ticaii8.«. Es gibt also zwei Opern, in denen der gleiche Stoff unter dem gleichen Namen behandelt wird, und die Verwertung für die zweite Oper ist von dem Dichter genehmigt worden. Mit Rücksicht auf die empfindliche Be einträchtigung, die hieraus für die Aufführung von Mascagnis Oper — es ist nur von der Oper als solcher die Rede — erwachsen kann, erscheint es ohne weiteres begreiflich, daß weder Sonzogno noch Mascagni von dem Rivalen ent zückt sind, und es ist verständlich, daß die Entscheidung der Justiz angerufen wird. Unter den italienischen Juristen sind die Ansichten ge teilt; bereits haben sich angesehene Juristen in dem Sinne geäußert, daß die Handlung des zweiten Komponisten nicht erlaubt sei, während die gegenteilige Ansicht ebenfalls vertreten wird. Wie die Frage nach italienischem Ur heberrecht zu beurteilen ist, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden; es würde dies eine sehr ausgiebige, die Einzel heiten der italienischen Gesetzgebung berücksichtigende Be handlung erfordern. Nicht ohne Interesse wird es aber für deutsche Verleger sein, die Stellung des deutschen Rechts zu dieser Frage sich zu vergegenwärtigen. Das Urheberrechtsgesetz von 1870 bestimmte in Z 48: Als Nachdruck ist nicht anzusehen: die Benutzung eines bereits veröffentlichten Schriftwerks als Text zu musikalischen Kompositionen, sofern der Text in Verbindung mit der Kom position abgedruckt wird. Ausgenommen sind solche Texte, welche ihrem Wesen nach nur für den Zweck der Komposition Bedeutung haben, nament lich Texte zu Opern oder Oratorien. Texte dieser Art dürfen nur unter Genehmigung ihres Urhebers mit den musikalischen Kompositionen zusammen abgedruckt werden. Zum Abdruck des Textes ohne Musik ist die Einwilligung des Urhebers oder seiner Rechtsnachfolger erforderlich. An Stelle dieser Vorschrift, die sich in der Praxis nicht sehr bewährt hatte, ist Z 20 des neuen Gesetzes getreten, welcher bestimmt: Zulässig ist die Vervielfältigung, wenn kleinere Teile einer Dichtung oder Gedichte von geringem Umfange nach ihrem Er scheinen als Text zu einem neuen Werk der Tonkunst in Ver bindung mit diesem wiedergegeben werden. Für eine Aufführung des Werkes darf die Dichtung auch allein wiedergegeben werden, sofern der Abdruck ausschließlich zum Gebrauch der Hörer be stimmt ist. Unzulässig ist die Vervielfältigung von Dichtungen, die ihrer Gattung nach zur Komposition bestimmt sind. Die Bestimmung greift im Interesse der musikalischen Produktion in sehr weitgehendem Maße in das Urheberrecht des Dichters ein; es ist dies vor allem zu dem Zweck ge schehen, der deutschen Liederkomposition ihre Entfaltung in dem bisherigen Maße zu sichern. Anderseits bezieht sich aber der Paragraph nicht lediglich auf die Liederkomposition, sondern auch auf die Komposition aller andern Gattungen von Tonwerken. Daß sie, als Ausnahme von der Regel und als Durchbrechung der Regel, im striktesten Sinne aus zulegen und insbesondre einer erweiternden Auslegung un fähig ist, bedarf keiner Ausführung. Inhaltlich dieser Vorschrift hat also der Komponist das Recht, eine bereits erschienene Dichtung zum kleinern Teile als Text mit seiner Musik zu verbinden. Es ist wohl zu beachten, daß die Vorschrift von einem »kleinern Teil« einer Dichtung spricht; das frühere Gesetz kannte diese Beschränkung nicht. Von der Benutzung eines »kleinern Teils« kann nun aber natürlich nicht die Rede sein, wenn die ganze Dichtung, wie es bei der 6v,vg1l6ris rcwtiovug, der Fall ist, als Text benutzt wird. Deshalb würde eine Benutzung ohne die Ge nehmigung des Dichters auch nach deutschem Recht in diesem Falle nicht statthaft sein. Verga hat nun, wie bereits bemerkt, dem Komponisten der neuen Oper die Benutzung gestattet, so daß dieser Gesichtspunkt zu Bedenken keinen Anlaß bietet. Soweit die Benutzung gestattet ist, kann der Komponist, der die Dichtung bereits benutzt hat, nicht hindern, daß diese in gleicher Weise, d. h. als Text, von einem andern Komponisten benutzt wird; noch viel weniger kann er hindern, daß, soweit nicht eine anderweitige Vereinbarung vorliegt, der Dichter des Textes einem andern Komponisten die Benutzung gestattet. Ein Gedicht von Julius Wolfs kann beispiels weise von jedem Komponisten für seine neue Komposition benutzt werden, und kein Widerspruchsrecht gewährt das Gesetz demjenigen, der es zuerst musikalisch verwertet hat und dessen Komposition in den Konzertsälen vielleicht besonders bekannt ist. In Deutschland würde also die Tatsache, daß Mascagni die Vergasche Dichtung zuerst als Text einer Oper benutzt hat, nicht der Benutzung derselben in dieser Weise durch einen andern Komponisten entgegenstehen, falls es sich um die Benutzung kleinerer Teile handelt. Absatz 2 des Z 20 kann hier nicht in Betracht kommen; ein Drama, das zu nächst nur als Drama — also ohne Rücksicht auf etwaige Komposition — gedichtet wurde, gehört nicht zu den Dich tungen, die ihrer Gattung nach zur Komposition bestimmt sind. Die Tatsache, daß aus diesem Drama ein sehr wirksamer Operntext gemacht werden konnte, darf nicht dazu verführen, in ihm eine unter Absatz 2 dieses Z 20 fallende Dichtung zu sehen. Auch Wildes Salome gab den Text zu einer zugkräftigen Oper ab, und doch wird niemand behaupten wollen, daß das Werk des englischen Dichters zu denjenigen Dichtungen gehöre, die ihrer Gattung nach zur Komposition bestimmt sind. Ein Werk, das seine volle geistige Wirkung auch ohne die Verbindung mit der Musik hat, gehört nicht hierher. Anders würde es sich natürlich mit der Benutzung des Opemtextes der Strauß'schen Oper verhalten, der mit Wildes Drama nicht identifiziert werden kann und nicht identifiziert sein will; er fällt unter den zweiten Absatz von Z 20. Unter dem Gesichtspunkt des Urheberrechts würde sich also gegen die von dem Dichter einem zweiten Komponisten erteilte Genehmigung zur Verwertung ebensowenig etwas einwenden lassen wie unter dem des Verlagsrechts. Damit ist aber natürlich nicht gesagt, daß nicht gleichwohl die Möglichkeit besteht, den Dichter, der seine Dichtung nach träglich einem andern Komponisten zur Benutzung überläßt, verantwortlich zu machen. Diese Möglichkeit besteht aller dings, wenn die zweite Überlassung mit dem Inhalt des Vertrags in Widerspruch steht, der sich auf die erste bezieht. 957»
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