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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1908
- Strukturtyp
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- Band
- 1908-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1908
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- Deutsch
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4680 vörsrnblatt f. d. Dtschll Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ SS, 27. April 1908. meinerseits gern einen Gegendienst leiste, wenn er einmal in Verlegenheit ist. Das soll aber nur eine Ausnahme sein. Bei Büchern wird die Ausnahme aber für viele Leute leider zur Regel, vr. H. E. Greve beklagt sich (S. 17), »wie schwer es ist, umsonst ältere und neuere Belletristik zu be kommen«. Gewiß ist das schwer, und noch schwerer ist es, ältere und neuere Möbel umsonst zu bekommen. Wie selten geschieht es vollends, daß einem ein altes oder ein neues Haus geschenkt wird, und doch sehnt so mancher sich danach! Leider gibt es sogar Schriftsteller, die wenig Wert darauf legen, daß Bücher gekauft werden. Ein Schriftsteller, der für eins seiner Bücher ein fremdes Werk braucht, sollte es sich anschaffen, wenn er es nicht in einer öffentlichen Biblio thek benutzen kann. Man kann aber häufig in Büchern lesen: »Dieses oder jenes Werk war mir leider nicht zu gänglich«, selbst wenn es sich um ein Buch handelt, das nur ein paar Mark kostet. Ein bekannter Schriftsteller, der ein jetzt schon in zehnter Auflage erschienenes Werk bearbeitet hat, verweist an sechs bis acht Stellen auf Bücher, die ihm »nicht zugängig« waren. Das läßt sich bei einem teuren ausländischen Prachtwerk begreifen, das auch die deutschen Bibliotheken nicht anschaffen können,, nicht aber bei Werken in gewöhnlicher Preislage. Derartige Bemerkungen von seiten eines Verfassers bestärken den Leser geradezu in der Meinung, daß man nur Bücher in Bibliotheken leihen soll. Der Nutzen der wissenschaftlichen Bibliotheken soll eben sowenig bestritten werden wie der der Bücher- und Lesehallen. Durch letztere soll die Literatur in das Volk getragen werden, aber das Publikum soll dadurch auch zur Wertschätzung der Bücher und zur eigenen Anlage einer Hausbibliothek erzogen werden. Es ist ganz selbstverständlich, daß nicht jeder, Ver eine Bücherhalle benutzt, alle Bücher kaufen kann, die ihn interessieren; aber jeder sollte es sich doch angelegen sein lassen, nach Maßgabe seiner Mittel sich eine ausgewählte kleinere oder größere Bücherei anzulegen. Gute Bücher in einem Hause können von sämtlichen Mitgliedern der Familie und noch von den Enkeln benutzt werden; dann verzinst sich das Anlagekapital doch wahrlich gut genug. Und mau liest doch auch lieber in einem sauberen Buche, das nur von den Angehörigen benutzt worden ist, als in einem oft recht un sauberen, schmierigen und fleckigen Buche, das schon in hundert fremden Händen gewesen ist. Es wäre meiner Ansicht nach geradezu eine Aufgabe der Bücherhallen, den Absatz guter Werke etwa in der Weise zu fördern, daß den Benutzern mit den ausgeliehenen Büchern Prospekte solcher Werke überreicht würden. Das Publikum kauft wohl Bücher, wenn es darauf hingewiesen wird, wenn es erfährt, was darin steht, wie stark sie sind, was sie kosten und wo man sie sich beschaffen kann. Die Leiter von Lesehallen, die ja in der Literatur bewandert sind und wissen, welche Werke dem Publikum empfohlen werden können, wären sehr wohl in der Lage, in dieser Hinsicht dem Verlag, den Autoren wie den Sortimentern schätzenswerte Dienste zu leisten, wenn sie Prospekte über die von ihnen für gut befundenen Werke an die Benutzer der Bücherhallen verteilen ließen. Dadurch würde das Publikum in sanfter Form gemahnt werden: Vergiß nicht, dir auch selbst gute Bücher anzuschaffen! Und diese Mahnung würde um so eher auf guten Boden fallen, als das Publikum in der Bücherhalle Bücher umsonst geliehen erhält, obschon es rechtlich keinen Anspruch darauf hat, und weil es zu deren Leitung ein gewisses Zutrauen hat. vr. H. E. Greve spricht sich (S. 168—172) auch über die Beziehungen zwischen Buchhandel und Bücherhallen aus, jedoch beschränkt er sich auf einige allgemeine Bemerkungen und ein paar historische Notizen. Von letzteren seien folgende erwähnt: Nach I. B. Annoot (Uss bidllotbdgusZ xopulmrss. UruxsIIes 1866, S. 43) machte eine Buchhandlung in Cans in ihrem Katalog von 1862 den Volksbibliotheken das Anerbieten, Bücher gegen Ratenzahlungen zu liefern, und zwar sollten diese sich verteilen auf 10 Jahre bei einer An schaffung im Betrage von 200 Frcs., auf 12 Jahre bei einer solchen von 300 Frcs., auf 14 Jahre bei einer solchen von 400 Frcs. usw. Der Verfasser sagt, das Beispiel habe anscheinend Nachahmung gefunden, da in den nächsten Jahren mehrere Buchhandlungen ähnliche Anerbieten in die Welt geschickt hätten. Aus neuerer Zeit gibt er aber wohlweislich kein Beispiel an, denn es ist ganz selbst verständlich, daß keine Buchhandlung dabei bestehen könnte. Aus Deutschland erwähnt Or. Greve nur einen Aufruf von I. C. S. Schmaltz, der 1840 aus Anlaß der Gutenberg feier die Buchhändler aufforderte, die Gründung von Volks bibliotheken zu unterstützen, nicht bloß wegen ihres idealen Wertes, sondern auch wegen des Nutzens, den ihnen der Absatz von Büchern an viele Tausende neuer Bibliotheken gewähren würde. Der holländische Verleger I. G. Robbers sagte auf dem 21. niederländischen Kongreß für Philologie und Literatur in Gent (1892): »Was am meisten nottut, ist eine Bücher und Lesehalle; die ist auch für den Buchhandel am vorteil haftesten. Die Bücherhalle kauft ein oder zwei Exemplare eines neuen Werkes; man hört darüber sprechen, man wünscht es auch zu lesen; es ist verliehen, man muß warten, man wird ungeduldig, man will nicht länger warten; man geht zum Buchhändler und kauft sich das Werk«. Der Verfasser erkennt übrigens auch an, daß der Verlag durch Herausgabe billiger Ausgaben schon sehr viel zur Verbreitung guter Bücher getan hat. Die Übersetzung des Werkes ist leider recht holperig. Sie rührt von einer Dame her, die wohl selbst Ausländerin ist und das Deutsche nur ungenügend beherrscht. Als Probe seien hier nur ein paar Sätze wiedergegeben: Die wissenschaftlichen Kunst- und Fachwerke in der Volks- bibliothek vermissend, wenden wir uns nun zu der Unterhaltungs- lekture, die wohl vorhanden ist. Durchgehends — den einzelnen guten Volksbibliothen nicht zu nahe getreten — ist der Gehalt betrübend schlecht zu nennen, sowohl was betrifft die Wahl als den Zustand der Bücher. Ost zeigt es sich, daß wenig oder seit langer Zeit keine Sorgfalt auf beide verwendet ist. Man befindet den Gehalt absichtlich ein wenig niedrig bemessen. (Seite 13 f.) In vielen europäischen Ländern lasten die alten -Volks- bibliothek--Begriffe, ungeachtet aller Propaganda und Erörte rungen, noch zentnerschwer auf das Wachstum des neuen Instituts. Dies alles weist darauf hin, daß die Bücher- und Lese halle als selbständiges, viele Ansprüche machendes, jedoch auch viele Gaben spendendes Institut noch nicht die ihr gebührende Stelle erobert hat; wenigstens nicht in dem Maße, daß wir das ihr gezeigte Interesse tiefgehend und umfangreich nennen dürften. In diesem Stil ist das ganze Buch übersetzt, und da ist es begreiflich, daß ein so umfangreiches Lehrbuch nicht gerade einen besonderen Genuß bei der Lektüre gewährt. Man hat immer wieder den Eindruck, als ob man stunden lang einem Ausländer zuhören müßte, der Mühe hat, sich verständlich zu machen. An vielen Stellen muß man er raten, was der Verfasser sagen will, und man muß sich das Deutsche der Übersetzerin erst in richtiges Deutsch übertragen. Dazu kommt, daß das in Holland gedruckte Buch auch noch allerlei uns ungewohnte Druckfehler aufweist. Alles in allem: ein Buch mit reichhaltigem Inhalt, aber in einer schwer genießbaren Form. Tony Kellen.
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