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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.10.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-10-10
- Erscheinungsdatum
- 10.10.1907
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- Deutsch
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237, 10. Oktober 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 10367 worden sein, während die Briefe der Marquise de Pompadour, die 1766 in Paris und in London erschienen und so oft neu aufgelegt wurden, daß sie noch heute in zahlreichen Anti quariatskatalogen für ein paar Mark angeboten werden, eine ganz offenkundige boshafte Fälschung mit trivialen Gemein heiten gegen die Pompadour sind. (Als ihr Verfasser wird F. Barbö-Marbois angesehen). Ein Verzeichnis aller bekannt gewordenen literarischen Fälschungen würde mehrere dicke Bände füllen. Die Nach richten darüber sind natürlich sehr zerstreut in Geschichts werken, in literarhistorischen Werken, Biographien, sowie in einer Menge Streitschriften über einzelne mehr oder weniger berühmte oder berüchtigte Fälschungen. Am bekanntesten ist wohl das Werk von I. M- Quörard: »Oe8 8uxsreli6ri68 littsrairss äevoilesL«; doch beschäftigt sich dieses nicht aus schließlich mit eigentlichen literarischen Fälschungen, sondern mehr mit den Werken überhaupt, die unter einem andern als dem richtigen Verfassernamen erschienen sind, wie dies aus dem Untertitel hervorgeht: Osleris äs; sorivains de tonte I'Unrope qni 86 sont äeqnüss sons des kwagrrrinniss, Ü68 s-stäron^inss, dos orz-ptonz-w68, des ioitiUlsrosz, 668 noms littärstros, äs« p8eudon^w68 kaestieux on birsrre8, sto. Die 2. Auflage dieses Werkes in 3 Bänden ist bearbeitet von Gustave Brunet und Pierre Janet, und außerdem erschien 1889 ein Supplement zu dem Werk von Qusrard und außer dem zu dem vielbändigen Oiotionnaire des ouvreZes ano- n)nne8 von Antoine-Alexandre Barbier. Ein neueres Werk in deutscher Sprache gibt es meines Wissens nicht, und deshalb wird man gern nach der deutschen Übersetzung eines englischen Werkes greifen, die soeben unter folgendem Titel erscheint: Oitersrisobe OälsebuiiAeo von d. Karrer. Älit einer küntubrunA von ^ndr. UnvA. Xus dem Ln^lieelisn von I'r. d. Ixlevmeisr. UeipniA, Düeodor Dbowes, 1907. XXIII, 223 Leiten. 8". 5 Nlr., Asbunäen 6 Nlr. Es ist nicht die Absicht des Verfassers, ein möglichst umfangreiches Verzeichnis literarischer Fälschungen zu bieten, sondern dem Leser eine Anzahl besonders merkwürdiger, zum Teil auch recht typischer Beispiele vorzuführen. Das Buch ist also in erster Linie zur Lektüre und zum Studium be stimmt, obschon es auch gelegentlich als Nachschlagewerk gute Dienste leisten wird. Der Verfasser gesteht, daß es ihm einiges Ergötzen be reitet hat, den Fälschern und Nachahmern auf ihren ver botenen Pfaden zu folgen, und er erwartet nicht mit Unrecht, daß das Ergebnis seiner Studien auch auf andere Literatur- freunde Anziehungskraft ausüben wird. Jeder kennt wohl schon den einen oder andern Fall mit einigen Einzelheiten; aber es sind doch nur wenige Kenner, die Gelegenheit hatten, ausführliche Nachforschungen über die literarischen Fälschungen seit dem grauen Altertum bis auf unsere Zeit anzustellen. An der Hand des Farrerschen Werkes ist es nun jedem Leser ermöglicht, den von ihm eingeschlagenen Pfaden zu folgen, mit dem Unterschied, daß er nicht die vielen Mühen hat, denen sich der Verfasser unterzog, um das umfangreiche Material zu sammeln und zu sichten, sondern daß er gleichsam durch ein Museum literarischer Verbrecher wandern und mühelos die ausgestellten Produkte, Werkzeuge und Bildnisse der Missetäter betrachten kann. Wenn ich sage Bildnisse, so ist dies nur im übertragenen Sinne zu verstehen, denn der Verfasser bemüht sich, soweit dies in den einzelnen, oft sehr komplizierten oder dunklen Fällen möglich ist, den Charakter des betreffenden Fälschers zu erfassen und die Beweggründe zu ermitteln, die ihn zu seiner Tat veranlaßt haben. Dies ist keineswegs eine unwichtige Aufgabe, und doch bereitet gerade dieser Punkt zuweilen eine ganz unerwartete Schwie rigkeit, wenn man nämlich in der ganzen Veranlagung des Betreffenden gar keinen Anhaltspunkt für ein triftiges Motiv findet. Farrer geht dabei mit großer Vorsicht zuwege, und man muß anerkennen, daß er oft größere Zurückhaltung be wahrt, als man nach seinen eigenen Feststellungen erwarten sollte. Er läßt deshalb lieber nur die Tatsachen für sich reden, stellt Gründe und Gegengründe nebeneinander und überläßt es dem Leser, sich in dem einen oder andern Sinne zu entscheiden oder zu bekennen: die Frage ist noch nicht geklärt. Im ersten Kapitel behandelt er klassische Fäl schungen. Bekanntlich gibt es deren eine Menge, über die sich die Gelehrten oft lange Jahre die Köpfe zerbrochen haben oder sich noch jetzt gelegentlich herumstreiten. Aus diesem Grunde hat der Verfasser nur eine kleine Auswahl getroffen. Schon in Griechenland kam die Gepflogenheit auf, unter dem Schutze bekannter Namen zu schreiben, und zwar schon lange bevor der Eifer der Ptolemäer für ihre Bibliotheken die Fälscher in Versuchung führen mußte. Auch durch den Brauch in den Schulen der Sophisten, zu Übungszwecken Reden oder Briefe berühmter Personen zu erfinden, kamen manche dieser Schulprodukte als angebliche Original werke in Umlauf. Sehr häufig sind es Anachronismen, an denen man später die Fälschungen erkennt. Manche Werke der griechischen und römischen Literatur sind von vornherein als Nachahmungen geschrieben worden, mit denen gar keine Täuschung beabsichtigt war. Erst später wurden sie von andrer Seite berühmten Verfassern, deren Eigenart sie am nächsten kamen, zugeschrieben. Farrer geht speziell auf die Cicero zugeschriebene »Oonsolickio« ein, die zuerst 1583 ge druckt in Venedig ans Tageslicht kam, und auf das angeb liche vierte Buch von Ciceros »Os naturs. dsorum«, das 1811 zum erstenmal auftauchte, auch auf die verschiedenen Petro- nius-Fragmente. Als »Pausanias Britanniens« wurde vielfach Charles Julius Bertram bezeichnet, dessen Fälschung Farrer im 2. Kapitel auseinandersetzt, ohne einen andern Grund als Eitelkeit oder Geistesgestörtheit dafür zu finden. Bertram (1723 — 1765) war Professor des Englischen an der könig lichen Marineakademie in Kopenhagen. Er gab vor, eine alte handschriftliche Geschichte des römischen Britannien von Richard v. Westminster entdeckt zu haben, die viel Neues über das alte Britannien enthielt. Das Werk wurde lange als echt betrachtet, zumal es dem Nationalstolz der Engländer schmeichelte, bis 1845 der deutsche Schriftsteller Karl Wex die Fälschung nachwies. Das 3. Kapitel ist Constantin Simonides (1820 bis 1867), einem Griechen, gewidmet, der einer der kühnsten Fälscher aller Zeiten war. Sein Wissen und seine Abenteuer, seine Kenntnis der Kalligraphie und der Handschriften er leichterten es ihm, Manuskripte anzufertigen, durch die selbst hervorragende Gelehrte getäuscht wurden. Farrer schildert sein Auftreten ziemlich ausführlich und geht näher auf die einzelnen Werke ein, die Simonides in Umlauf brachte. Es waren eigentliche Manuskripte, Palimpseste und Papyri, über deren Echtheit die Gelehrten sich lange herumzankten. Man darf wohl annehmen, daß Simonides auch echte Manuskripte besaß; ob diese aus den Klöstern auf dem Berge Athos, wie er behauptete, herrührten, mag dahingestellt bleiben. Es ist auch möglich, daß er selbst in den Besitz gefälschter Werke gelangte, die er vielleicht für echt halten mochte. Während seines Aufenthalts in England (1853—1855) gab er die Zahl seiner Manuskripte auf etwa 2500 an. Später noch besaß er ganze Kisten voll Manuskripte. Man weiß nicht, was aus diesen geworden ist, als Simonides in Alexandrien am Aussatz starb. Es ist sehr wohl möglich, daß sie wieder in den Handel gekommen sind. 1350'
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