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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.09.1911
- Strukturtyp
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- 1911-09-11
- Erscheinungsdatum
- 11.09.1911
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- Deutsch
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10216 Börsenblatt s. d. Dtschu. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. .Ir 211, 11. September 1S11 Bernhard Lauchnitz in Leipzig. Ivsrg InuobvitL Löition. Vol. 4287. ItnAAnrä: tlvs. I 60^; in Orig.-lleillSobLUlt 2 ^ 20 «nstav »hl in Leipzig. 40224 bLnälsrs. 2. Luü. 2. laussnä. Nichtamtlicher Teil. Der Musikalienhandel einst und jetzt. Die gute alte Zeit! Ja, wann war denn diese so eigent lich? Ich kann jetzt als Musikalienhändler nun schon 51 Jahre zurückblicken, damals mußte sie auch schon längst ver strichen sein, denn mein Lehrmeister erinnerte sich, daß auch der seinige nur noch davon gehört hatte. Ich meine, ohne bestreiten zu wollen, daß es eine alte Zeit gegeben hat. auch soll sie meinetwegen gut gewesen sein, aber besser, als die heutige, also im Gegensatz zu der heutigen, das bezweifle ich. Mit der guten alten Zeit dürfte cs so ähnlich gehen, wie mit Verstorbenen, denen man im Leben garnicht so nahe gestanden hat; das Böse, was sie uns leiden ließen, hat ihr Tod beglichen, und die schwachen Verdienste verklären sich in unserer Er innerung zu großen Taten. Ob es in der unermittelten Zeit auch schon musikalische Schundliteratur gab? Warum sollen wir daran zweifeln, unsere Vorsahren haben auch gelebt und geliebt. Die Liebe hat ihren Sitz nicht im Kopf, sondern im Herzen, von dem Carmen Sylva so schön sagt: »Das Herz, das ist ein Eselchen». Bis in die alte graue Vorzeit will ich nun nicht zurück steigen, meine Weisheit darüber habe ich in meinem Artikel »Der Stammbaum des Musikalienhändlers» (Nr. 140) schon erschöpft. Es genügt wohl auch, wenn ich mich mit der Zeit vor etwas mehr als 50 Jahren beschäftige. In dem ersten Dezennium der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts basierten die Mustksortimente im wesent lichen auf dem Leihinstitut (Musikalienabonnement), die größeren Geschäfte führten getrennte Lager für dieses und die zum Verkauf bestimmten Vorräte. Aus den letzteren wurde nur ganz ausnahmsweise einem hervorragend liebens würdigen oder gar zu unliebenswürdigen Abonnenten etwas abgegeben. Einige Firmen hatten für ihr Leihinstitut be sondere Lagerkataloge von gewaltigem Umfange Her stellen lassen, dis Tausende von Musikstücken enthielten, von denen aber in vielen Fällen ein großer Teil dauernd der Anschaffung harrte; es war Sache der Gehilfen, diesen dunklen Punkt mit Gewandtheit — zu deutsch durch Not lügen — noch dunkler zu färben. Die Teilnehmer des Leihinstituts waren zugleich sehr gute Kunden für diejenigen Sortimente, die Notenpapier und Rastrale führten, denn durch Druck bereits liniierte Papiere gehörten damals zum sträflichen Luxus. Die meisten Abonnenten stellten sich ihre musikalische Bibliothek höchsteigenhändig her, wovon die Leihmusikalien durch Abdrücke ungereinigter Finger und Tintenflecke in allen Formaten Zeugnis ablegten. Die Kom ponisten der damaligen Zeit versahen ihre Werke nicht so reichlich mit Fingersatz, wie es heute geschieht, dem halfen dann die Mufiklehrenden kräftig nach. Diese Herrschaften waren aber in dieser Beziehung unter sich durch aus nicht einig, und so konnte man in stark begehrten Heften drei und mehr verschiedene Notationen entdecken, die in allen Farben schimmerten. Der erste schrieb die Zahlen mit einem Bleistift, ihm folgte ein Tintenfreund, dem sich Rotstift, Blaustift usw. anschlossen. Um dem entgegen- zuarbeiten, wurden Werke, die voraussichtlich länger im Gebrauch bleiben mußten (Musikschulen, Etüden), nicht verliehen, auch war man sonst noch bestrebt, Musik stücke in hoher Preislage, oder solche, die man mit kleinem Rabatt bezog, vom Verleihen möglichst fern zuhalten. Ziemlich allgemein war auch das soge nannte -Changieren». Selbst namhafte Verleger, die gleichzeitig ein Sortiment hatten, tauschten ihren Verlag, Preis gegen Preis, mit gleich kräftigen Kollegen aus. In einigen Fällen wurde dann zur Osteimesse eine Differenz in den gegenseitigen Bezügen, nach einem vorher vereinbarten Rabatt, durch Zahlung ausgeglichen, in den meisten Fällen aber schleppte man einen Saldo, der bald dem einen, bald dem anderen zu gute kam, in das neue Geschäftsjahr hinüber. Es soll auch vorgekommen sein, daß man vereinzelt auf Abschlüffe, wenigstens auf stimmende, oft jahrelang verzichtete; zu den vielen trefflichen Eigenschaften alter Musikalienhändler soll die Buchführung nicht gehört haben. Der eigne Verlag und der durch Tausch gewonnene wurden, als gleich nutzbringend, in erster Linie den Abonnenten zum Kauf empfohlen, und zwar, um diesen das Abschreiben abzugewöhnen, mit einem Rabatt, den heute selbst der Händler nur ausnahmsweise erhält. Üblich waren damals im allgemeinen 33 H Prozent, freilich mit Abweichungen, die eine größere oder kleinere Konkurrenz nötig machte. An etwas Festes oder Verbindliches in dieser Beziehung dachte man damals nicht, trotzdem will ich nicht be streiten, daß irgendwo dahingehende Vereinbarungen getroffen worden sind. Die Changeverbindungen sind wohl als aus gestorben zu bezeichnen; hin und wieder mögen sich ja noch einige schnell erledigte Verlagsausräusche (Handchangen) vollziehen, das kommt aber nur ganz ausnahmsweise vor, aus den Geschäftsusancen des Mustkalienhandels ist das Changegeschäft gestrichen. Überproduktion in dem heutigen Sinne des Wortes war damals nicht vorhanden. Vielschreiber fehlten zwar auch in früherer Zeit nicht, aber mit Ausnahme einer verhältnis mäßig kleinen Anzahl von Modekomponisten (Beyer, Jung mann, Lange, Oesten, Spindler, Voß usw.), die überall be kannt und beliebt waren, gab es eine ganze Anzahl Kompo nisten, die sich in einem deutschen Vaterlands leidlicher Beliebtheit erfreuten, ohne in einem anderen auch nur dem Namen nach bekannt zu sein. Damals bezeichnet«!! die Musikalienhändler der wenigen wirklichen Großstädte alles, was nicht dazu gehörte, geringschätzig mit Provinz, in der die in der Großstadt ausgelebten Salonstücke im nächsten Jahre oder noch später als Allerneuestes angestaunt wurden. Was heute in Mustkstädten wie Berlin, Leipzig, Wien einen Erfolg aufzuweisen hat, prangt morgen bereits in den Schaufenstern der einstigen Provinzler. Wie ich schon ausführte, herrschte damals namentlich in den größeren Städten ein fast schrankenloses Rabattieren; zurückhaltender war man bei den billigen Ausgaben, wie Peters, Litolff usw., dis etwas später in Erscheinung traten; hier wurden 20 Prozent wohl selten überschritten. Da platzte plötzlich 1871 in den Berliner Musikhandel eine von aus wärts kommende Firma hinein, setzte sich in der Kur straße, dem damaligen Eldorado der Buchantiquare (Gsellius, Lederer usw.), fest. Ohne Rücksicht auf die Kollcgen- schaft gab sie auf die gedachten Ausgaben 33 U Prozent. Um diesen Schlag zu parieren, traten die Berliner Musi-
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