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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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4160 BSrsenblatt s. d. DUchn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 92 22. April 1S07. Unterschrift oder dergleichen. Voraussetzung ist, daß der be treffende Name in ihre Sammlung paßt. Haben sie später Ge legenheit, einen hochinteressanten Brief des Betreffenden zu er werben, so zeigen sie kein Interesse. Sie haben -ihn» ja. Wenn ich im Vorhergehenden auch viel, speziell am Auto graphensammler, exemplifiziert habe, so war mein Bestreben doch, die Gründe für das Sammeln überhaupt, nicht nur für das Handschristensammeln, aufzudecken. Für dieses wäre neben seinen Gründen ebenso leicht seine Berechtigung und sein Nutzen zu finden. Man kann alle Samm lungen in solche teilen, die nützlich sind und solche, bei denen das Sammeln Selbstzweck ist. Zu dieser letzten Gattung gehört das Sammeln von Spazierstöcken, Pfeifen, Dosen usw. Cs mag als harmlose Beschäftigung in müßigen Stunden einen Schimmer von Berechtigung haben. Auch das namentlich in England und Amerika geübte Sammeln sogenannter historischer Reliquien wird nicht viel höher zu stellen sein. Auf der Grenze zwischen solchen etwas kindlichen Sammlungen zu denen, wobei die Sammlung ein Mittel zur Hebung der Bildung der Sammler ist, dürfte das Brtefmarkensammeln stehen. Diese sonderbare Blüte menschlichen Geistes — mögen mich auch alle eifrigen Philatelisten verdammen — fördert doch nur sehr wenig die geistige Arbeit, dient nur in so geringem Maße die Kenntnisse des Sammlers zu mehren, daß dieselbe Erweiterung der Kenntnisse der geographischen, Münz- und Monarchieoerhältniffe fremder Staaten auf andre Weise — etwa durch die Lektüre von zwei, drei Büchern — leichter und billiger erworben werden kann. Es ist doch nur mehr eine niedrige Aus bildung des Sammeltriebes, wenn auch keine verachtens- oder gar oerdammenswerte. Steigen wir aber weiter auf der Stufen leiter der Sammlungen, so gelangen wir zu denen, wo das Sammeln ein intensives Mittel zur Hebung der Bildung des Sammlers ist, oder wo gar mit Hilfe der Sammlung mehr oder minder wichtige Arbeit geleistet wird. Hier wäre an natur wissenschaftliche und numismatische, vor allem aber auch an Sammlungen von Autographen zu denken. Handschriftensammeln schafft Kenntnisse mancherlei Art. Der Laie, wenn ich dieses unangenehme Wort des Bildungsprotzen- tums anwenden darf, wundert sich beim Durchblättern eines Auto graphenkatalogs oder Betrachten einer Sammlung, auf wie wenig berühmte Namen er eigentlich stößt. Die erste Frage, die an einen Sammler gerichtet wird, wenn seine Liebhaberei ruchbar wird, ist die: -Was haben Sie von Goethe, was von Schiller, was von Bismarck?« Wenn man dann, wie der Schreiber dieser Zeilen als Besitzer einer Spezialsammlung auf anderm Gebiet, blutrot vor Scham gestehen muß, daß alle diese Namen fehlen, so hört man dann gewöhnlich. -Ach, dann sammeln Sie wohl noch nicht lange! Briefe von Goethe sollen doch so häufig sein. Und dann hatte ich einen V tter, dessen Freund hatte 'mal eine Unterschrift von Bismarck. Ich glaube, er hat sie dann verschenkt. Wenn Sie damals schon gesammelt hätten . . . .- Weich glänzende Perspektive! Ja wenn man damals schon gesammelt hätte! — Aber nun wiid die Sammlung angesehen. Da man die eigne Sammlung kennt, sieht man sich hierbei mit Nutzen das Gesicht des Beschauers an. Hat er nämlich über großen Eifer und läßt sich nicht darauf ein, daß man ihm in bunter Reihe ein paar Dutzend Stücke von allgemeinem Interesse zeigen will, sondern biällert er pflichtschuldigst und ohne jeden Nutzen oder jede Gemüiserheitcrung eine Mappe nach der andern durch, dann kommt gewöhnlich bald der verwundert mißbilligende Ausrus: -Was Sie nicht alles für Leute sammeln, sind die denn wirklich alle berühmt?» Diese Frage ist so leicht und dumm gestellt; aber man müßte, wie im Sprichwort, zehn Weise sein, um sie zu beantworten. Was ist Ruhm? Hat ihn der, der im Konversationslexikon steht, der, der oft in der Zeitung erwähnt wird, der, dessen Name nur in vergilbten Scharteken als eines hochgelahrten und weitbeschrieenen Mannes seiner Zeit genannt wird? Hat ihn der, von dem die Spatzen auf den Dächern pfeifen, oder der, von dem die Weisen in den Hörsälen sprechen? Soll man aller dieser Leute Handschriften sammeln? Ja und nein nach meiner Meinung. Nein insofern, als nicht aller überhaupt; denn dann müßte man eine uferlose Sammlung von Myriaden von Namen aufbringen, die doch ewig unvollständig bliebe. Ja in der Beziehung, daß man, sich auf ein größeres oder kleineres Spezialgebiet beschränkend, dort alles, alles sammeln soll, nicht was berühmt ist, sondern was irgendwie Beach tung verdient. Man soll auf diese Weise nicht nur eine Sammlung von Handschriften berühmter Männer, sondern eine Sammlung historischer — historisch hier im weitesten Sinn gefaßt — Doku mente zusammenbringen. Ich gebe zu, daß ich die Namen einer Unzahl in meinem Besitz befindlicher Autogramme erst beim Sammeln kennen gelernt habe. Gerade durch das Sammeln wer den dann aber Bildungselemente zusammengetragen. Denn um den Sammler, der sich mit der Kenntnis des Namens und vielleicht des Standes des Schreibers begnügt, ist es traurig bestellt. Zum mindesten muß er sich mit Hilfe eines Lexikons oder Spezial werks genauer über Leben und Taten des Betreffenden zu unter richten suchen. Da liest er nun, nehmen wir an, das Lob eines Buchs des ihm bis dahin noch nicht Bekannten. Die Folge wird sein, daß er bei nächster Gelegenheit das Buch selber zu lesen suchen wird. Oder er findet anregende Beziehungen zwischen dem Neuen und einem ihm schon Vertrauten; kurz und gut, sein Interesse wird geweckt, sein geistiger Gesichtskreis er weitert. Zwar wird bei dem Autographensammler auch viel von der gefürchteten Uberschriftsbildung und Titelwissenschaft etnfließen, der Sammler wird mit der Zeit selber sogar ein Stück chen Lexikon werden, aber dieser letzte Umstand ist bei unsrer modernen, das Gedächtnis mitunter kaum genügend schärfenden Bildungsweise kaum zu verachten. Alles das wird aber lediglich gute Folgen haben, wenn die Sammlung gewisser maßen geistig mit ihrem Besitzer verbunden ist. Jemand, der hervorragend musikalisch ist und sich mit der Musikgeschichte be schäftigt, soll nur Autogramme zur Musikgeschichte sammeln, ein Naturwissenschaftler soll sich auf Naturforscher, ein Literarhisto riker auf Schriftsteller beschränken. Nur wer sich spezialisiert, kann bei der Überfülle des Stoffs etwas erreichen. Gerade aber das Jn-dic-Tiefe-gehen ist interessanter und dienlicher als das Jn-die- Breite-gehen; eine Sammlung mit möglichst vielen großen »Namen» znsammenzubringen, ist nur Frage des Geldbeutels; eine inter essante Epezialsammlung anzulegen, in der auch das im ersten Augenblick unbedeutend erscheinende Stück des unberühmteren Mannes seinem Inhalt nach Schätzung genießt und am rechten Platz vielleicht intcr>ssanter erscheint als eine Goetheunterschrift unter einer Weinbestellung, ist schon mehr Frage des histo rischen Intellekts. Je mehr die Autographensammlung zur Magd der Geschichtswissenschaft wird, um so mehr innere Berechtigung hat sie. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß jeder Sammler jedes nur irgendwie brauchbare Stück in kürzester Zeit mit irgend einem Brimborium publizieren muß. Er soll ein gut Stück Historie ganz für sich privatim treiben, soll durch die Sammlung historisch angeregt werden. Fällt dann gelegentlich etwas ab, was wirklich jür die Öffentlichkeit von Interesse ist, dann veröffentliche man es. Dabei tut man aber gut, nicht die gute Dame Öffent lichkeit zu unterschätzen. Viele Sammel- und Abschriststeller scheinen sie für ein Freudenmädchen zu halten, an dem ein jeder für ein Geringes sein Mütchen kühlen kann. Unter den in der letzten Zeit publizierten Briefwechseln fiadet sich mancher Band, der in seiner herzlichen Unbedeutendheit besser nicht ans Licht gekommen wäre. Die Öffentlichkeit soll eine würdige, Ehrfurcht gebietende Matrone sein, deren Ohr man nur sucht, wenn man wirklich etwas zu sagen hat. Auf der andern Seite muß man aber zugeben, daß ein gutes Teil aller wichtigen Briefe doch nur dadurch erhalten wurden, daß sie Sammelwert haben. Also auch die materielle Frage im Prinzip, die einer Kuriosität richtigen, guten Geldwert beilegt, hat ihre große Bedeutung. Die Nichtautographensammler glauben gewöhnlich etwas außerordentlich Geistreiches zu sagen, wenn sie die Binsenweisheit heraussprechen: »Derlei Dinge haben doch nur Liebhaberwert-. Gewöhnlich kommt dann noch die hochmerk würdige Behauptung hinterdrein: -Ich würde dafür kein Geld ausgebcn.« Dabei wird nur nicht beachtet, daß überhaupt fast alles auf der Welt, mit Ausnahme der unentbehrlichsten Nahrungs und Kuiturmittel, nur Liebhaberwert hat. Jeder, der eine Samm lung anlegt, tut gut, wenn er in ihr keine spekulative Geldanlage sieht. Er soll nie daran denken, daß er seine Stücke eines Tages wieder verkaufen müßte oder wollte. Das besorgen gewöhnlich schon die pietätvollen Erben schleunigst, wie uns die Geschichte so vieler Sammlungen gelehrt hat. Der Sammler hat von seinem Geld Freude und Nutzen, daran soll er es sich genug sein lassen. Eine schöne Autographensammlung kann noch in mehrfacher
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