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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1907
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- Deutsch
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92 22. April 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d Dtschn. Buchhandel. 4159 Nichtamtlicher Teil. Sonderausstellung von Max Seliger (Leipzig) im Leipziger Kunstverein. Monumentalmalerei und Buchschmuckarbeiten stehen in enger Wechselwirkung; für beide ist eine sichere, klare Linien führung, ein ausgeprägtes Stilgefühl unerläßlich. Dies zeigen auch die jetzt im Leipziger Kunstverein im Städtischen Kunstmuseum lAugustusplatz) ausgestellten Schöpfungen Professor Max Seligers, des Direktors der Königlichen Aka demie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, von dem wir zwar in dieser Sonderausstellung keine graphischen Arbeiten finden, von dem wir aber wissen, welche tüchtige Kraft er auf diesem Gebiet bedeutet und welche reizvollen Arbeiten er in dieser Kunst geschaffen hat. Neben einer Reihe farbenfrischer Studienköpfe und Aktfiguren, darunter auch solcher in Freilichtstimmung, bietet Seliger mehrere energisch getönte und zu starkem plastischen Eindruck durchgcbildete Stillleben. Ferner finden wir von ihm eine Anzahl mit schwarzem Stift und Rötel gezeich neter Kinderstudien, die sich durch feinfühlige Formenbehand lung und lebensvolle Wiedergabe auszeichnen. Mit welcher Sicherheit Seliger die Form beherrscht und ein wie fein sinniger Kolorist er ist, lassen die größern Arbeiten in Gestalt ein- und mehrfarbiger Kartons erkennen. Hierher gehören der farbig behandelte große Entwurf des »Barbarossa«, der als Mosaikbild für die Kaiser Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin ausgeführt worden ist und die imposante Gestalt des alten Kaisers inmitten einer reichen romanischen Archi tektur zeigt. Durch besonders innigen Ausdruck zeichnen sich die Figuren der ebenfalls farbig behandelten Entwürfe zu Mosaiküildern aus, die für dieselbe Kirche bestimmt sind und »Christus mit Maria und Martha« sowie »Christus mit dem Hauptmann von Kapernaum« veranschaulichen. Eine vorzügliche zeichnerische Leistung bildet der Entwurf für das Glasfenster im Leipziger Musikzimmer, das für die Welt ausstellung in St. Louis 19o4 bestimmt war. Die sym metrisch geordnete Komposition zeigt in dem dreiteiligen Fenster einen betenden Engel, der zwischen zwei sieben- armigen Leuchtern steht. Von schöner Farbenstimmung er füllt sind die Entwürfe für Wandmalereien in der Garnison kirche in Dresden, sowie für einige Wandteppiche. Ernst Kiesling. Briefe, die wir gern erreichen?) Von Kurt Loewenfeld. Das Sammeln von Autogrammen hat eigentlich in den be kannten »wetteren Kreisen» keinen guten Ruf. Autographen sammler wird mit Autographcnjäger verwechselt. Letzterer ist eine zwar nicht gefährliche, doch reichlich unangenehme »spsoiss ßgverio buwani». Seine Geschosse sind Schmeichelbriefe an Schrift steller, deren Bücher er nie gelesen, an Schauspieler, die er kaum gesehen hat, an Gelehrte, für deren Werke er sich gar nicht interessiert. Das frankierte Kuvert zur Antwort ist bei geschlossen, und so hat die Waffe etwas mit der australischen Schleuder, dem Bumerang, gemeinsam, nämlich daß sie nach Er reichung des Ziels wieder in die Hand des Schützen zurückkehrt. Mitunter geht der Autographenjäger, d. h. nur wenn er eine *) Unter dieser Überschrift eröffnet ein geistvoller Sammler, Kurt Loewenfeld, den jüngst herausgegebenen Katalog Nr. 163 der Firma Leo Liepmannssohn, Antiquariat, in Berlin (Autographen) mit der vorstehenden vorurteilsfreien Betrach tung über mancherlei Sammler und das Sammeln überhaupt und dessen inneren Wert. Mit gefällig erteilter Erlaubnis bringen wir seine kritische Würdigung der Sammler-Leidenschaft gern zur Kenntnis unsrer Leser. (Red.) Autographenjägerin ist, mit dem Holzfächer auf Raub aus. Dieser scheint aber im Laufe der Jahre auszusterben — und wir wollen seinen dürren Klapperbeinen mit den erpreßten Geistreicheleien keine Träne nachweinen. Unmerkliche Übergänge führen vom Jäger zum Sammler. Denn das muß man zugeben, etwas ist ihnen ja gemeinsam: sie alle sammeln Handschriften berühmter Leute. Der Unterschied liegt nur im weitern Zweck, in den Mitteln und in dem, was »man- unter berühmt versteht. Letzteres ist eine schwierige Frage. Wir wollen später noch näher darauf eingehen. Ich habe einen Bekannten. Der Bekannte spricht gern in Paradoxen. Er ärgert mich auch zeitweilig gern. Aus diesen beiden Gründen sagte er vor einiger Zeit zu mir: -Alles Sam meln hat etwas Pathologisches an sich.» Also erst ärgerte ich mich; damit war ein Teil seiner Wünsche erreicht. Ein andrer Teil seiner Wünsche ist aber, daß man sich Uber sein Paradoxon mit ihm streitet. Ich tat ihm auch den Gefallen und suchte ihn von der R chtigkeit und Wichtigkeit einer gut angelegten Hand schriftensammlung zu überzeugen. Er verlangte aber ständig von mir zu wissen, warum man eigentlich sammelt. Ich sprach zu ihm von dem so vielen Menschen innewohnenden Sammeleifer — er sah gen Himmel, zerdrückte eine Träne in seinem Auge und sagte: -Ach dann sind eben viel mehr meiner lieben Mit menschen, als ich vermutete, pathologisch.» Mich ärgerte dieses moderne Schlagwort, mit dem man also nicht nur Raub mord und Taschendiebstahl, Brandstiftungen und Liebesheiraten, moderne Gedichte und Schnapstrinken, sondern nun auch daS Autogrophensammeln erklären will, natürlich sehr. Ich suchte ihm einen stichhaltigen Grund für das Sammeln überhaupt zu geben. Dabei erfuhr ich den neuen großen Arger, daß ich ihm schließlich beinahe rechtgeben mußte. Ich fand den »Urgrund alles Sammelns- in einer mangelhaften Beschaffenheit des menschlichen Gehirns. Als ich damals mit meinen Worten soweit gekommen war, murmelte mein Bekannter triumphierend: »Also doch patho logisch!« Doch ich setzte des weiteren auseinander wie folgt: Eine mangelhafte Beschaffenheit braucht noch lange keine krankhafte zu sein. Ich meine nämlich mangelhafte Gehirn beschaffenheit im Verhältnis zu einem nur denkbaren Jdealgehirn. Zeigt man nämlich einem Menschen irgend eine Sache, nehmen wir an, einen eigenhändigen Brief von Goethe, so sieht er ihn an und behält eine Zeitlang eine gewisse Erinnerung, die sich auf Inhalt wie auch aus das Äußere des Briefes erstreckt. Wäre diese Erinnerung eine vollkommene, genaue und dauernde, so würde kein Mensch daran denken, derartige Briefe zu sammeln. Cr könnte sich ja jederzeit im Gedächtnis jeden Federzug, jedes Wort bild mit photographischer Treue reproduzieren, brauchte also sein materielles Besitztum nicht unnütz zu erweitern. Nun ist aber unser Gedächtnis kein photographischer Apparat, son dern nur ein kleiner Künstler, der gewissermaßen eine flüchtige Bleistiftzeichnung verfertigt, die noch gar mit der Zeit erlischt. Will man also, wie der Berliner sagt, -etwas von dem Briefe haben», so muß man den Brief selbst haben. Man kann nie wissen, welcher Teil des Briefes einmal Wichtigkeit erlangt. Nehmen wir an, die Echtheit des Briefes wird bestritten, so muß man die genauen Schriftzüge vor sich liegen haben, auch das Papier re. können dann bedeutsam werden. Für den Histo riker wird hauptsächlich der Inhalt von Interesse sein. Auch die Form, ob diktiert, ob eigenhändig, ob flüchtig, ob sorgfältig, alles das kann eines Tags beachtenswert erscheinen, und dazu ist eben notwendig, daß man den Brief aufhedt, da unser Gedächtnis uns plötzlich im Stich lassen wird. Also der Mangel eines voll kommenen Gedächtnisses ist der erste und wichtigste Grund alles Sammelns. Noch einige andre, nicht zu unterschätzende Triebe lasten sich finden. Beispielsweise die Freude am Besitz, die Freude am Bekanntwerden durch eine Sammlung, auch die Er füllung eines merkwürdigen Dranges, der vielen Menschen inne wohnt: der Drang zum Vollständigen. Beispielsweise ist es der Traum eines Briefmarkensammlers, einen »Satz», ein -Land oder gar einen -Erdteil- komplett zu haben. Auch beim Hand schristensammler kommt dieser merkwürdige Geist zum Ausdruck. Ich kenne Sammler, die durchaus beruhigt sind, wenn sie irgend eine Größe nur »haben», sei es auch nur eine abgeschnittene b43*
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