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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.10.1877
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1877-10-15
- Erscheinungsdatum
- 15.10.1877
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- Deutsch
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ölL 240, 15. October. Nichtamtlicher Theil. 3953 Nichtamtlicher Theil. lieber den Werth von Autographcn - Katalogen siir die Wissenschaft. Offener Bries an Herrn O. A. Schulz in Leipzig.*) Hochgeehrter Herr! Sie sind so freundlich, mir einige Auto- graphcn-Kataloge cinzuscnden, und zwar mehrere von Ihnen selbst heransgegebene, sowie einen englischen: „Oatalozuo ob rars auä oolä !-z' nnatton on luesän/ cknnaar/ 23. — l?riäa/ llanuarz- 26. b^blossrs. knttiob L Limxson, Uonclou 1877". — Das Erscheinen dieses letzteren Katalogs, der den Verlaus einer durch deutschen Sammelslciß geschaffenen Collection in London verkündigt, erinnert schmerzlich an die Thatsache: wie unglaublich dunkel uuscrm Volke die Vorstellung von dem Werthe einer Originalhandschrift selbst jetzt noch vorschwebt! Diese trostlos dunkle Vorstellung hat leider die Folge gehabt, daß von jeher deutsche Autographen zahlreich nach dem in dieser Beziehung weit intelligenteren England ausgcwandcrt sind; die unschätzbarsten Briese und Handschriften Schiller's wie Goethe's sind daher in großer Zahl für uns so gut als völlig ver loren; ich erinnere nur an die werthvolle vr. Carl Schiller'sche Handschristensammlung, die auch über den Canal ging, weil sie in Deutschland absolut nicht preiswürdig zu versilbern war! So enthält denn auch der Katalog Puttick L Simpson Dinge, hinsichtlich deren Einem das Herz bluten muß, wenn man sich fragt: in welche Hände werden denn nun diese Reliquien kommen? Ich selbst bin eigentlich kein Autographensammlcr von Fach. Handschriften lediglich als solche zu sammeln, bin ich ans mehr als einem Grunde nicht im Falle; ich beschränke mich darauf, zu fragen: inwiefern hat ein Autograph literarisch-wissenschaftliche Bedeutung? Wenn es eine solche hat, so ist es für mich werthvoll. Sonst nicht; eine bloße Unterschrift, ein bloßer Namenszug kann mir, für meine Zwecke und Ziele, nichts Helsen. Aber ich habe die Entdeckung gemacht, daß Autographenkata loge, systematisch und planvoll ausgcbeutet, der Wissenschaft unter gewissen Vorbedingungen unendlich nützlich werden können. Na mentlich dem Herausgeber vonBriessammlungen können sie von un berechenbarem Werthe sein. Unglücklicherweise sind freilich die meisten bis jetzt existircnden Autographenkataloge für den Zweck des Literators nahezu völlig unbrauchbar! Es rächt sich schwer, daß Sachkunde auf diesem Ge biete selten zu sein scheint; der Verfasser des Puttick L Simpson'schen Katalogs hat z. B. auch gar keine Ahnung gehabt, wie sein Katalog für uns Schriftsteller hätte gut und zweckmäßig sein müssen. Ein Muster in vieler Hinsicht ist der berühmte Katalog Radowitz (Berlin 1864, Hübner-Trams); auch sonst existirt manches brauchbare Autographenverzeichniß. Im Allgemeinen jedoch ist die Zahl der unbedingt lobenswürdigen nicht groß. — Ich nehme keinen Anstand, verehrter Herr, kurz darzulegen, wie ich meine, daß solche Verzeich nisse für uns Autoren fruchtbringend werden könnten. Dies geschähe nämlich sehr einfach dadurch: daß grundsätzlich und überhaupt kein Vries eines bedeutenden Mannes (und sei es auch nur ein ganz kleines Billet!) anders katalogisirt würde, als planvoll und konse quent in der Weise: daß die volle Mitthcilung des Absendungs- Ortes, Tages, Monats und Jahres uneingeschränkt und unverkürzt gegeben würde; ist der Adressat zu nennen (wenn auch nur in xa- reutbosi und hypothetisch), so darf er gleichfalls nicht fehlen. Briefen unserer Classiker müßten aber stets unwandelbar die Anfangsworte in 2 oder 3 Zeilen beigesügt sein. Dann ist mit Hilfe einiger Be- *> Dieser Bries ist am IS. Januar 1877 wirklich geschrieben wor den; nachträglich ward nur einiges redigirt. lesenheit in Briessammlungen sofort zu sagen: ob ein solches als Autograph ausgebotenes Schriftstück gedruckt ist oder nicht. Fehlt von jenen Angaben auch nur eine einzige, so tappt der Literar historiker im Dunkel. So z. B. cursiren viele Goethebriefe im Handel als „an Cotta" gerichtet; sie sind aber, insofern die Anrede „Ew. Wohlgeboren" lautet, an den Factor Reichel. Cotta war „Hochwohlgeboren". Nehme ich den Puttick L Simpson'schen Katalog zur Hand, so steht da Se. 70 Nr. 770t „Oostbo. Io 8obtIIsr, 1804"; das ist ab solut nichtssagend, da Tag und Monat fehlen, auch kein Anfangs wortgegeben ist; wahrscheinlich ist der Brief gedruckt. Sicherlich un gedruckt ist aber ein „Brief an Riemer 1811", wenigstens kennen wir bis jetzt an Riemer keinen einzigen Bries Goethe's aus 1811; würden wir auch nur einen kennen, so könnte immerhin cs der hier offerirte sein; nun aber will es der Zufall, daß man, trotz des nach lässig gemachten Katalogs, sagen kann: „Goethe 1811 an Riemer", (wenn R. wirklich der Adressat!) — ist unbekannt. „Goethe 1817 an Creuzer", steht indessen „Leben", wie aus dem Zusatz über Gott fried Hermann hervorgeht. Werden die Kataloge angefertigt, so ist es natürlich, in jenem Augenblicke, ganz egal, ob neben der Jahreszahl auch noch das Da tum copirt und eine Anfangszeile hinzugesügt wird; ohnehin brauche ich hier Wohl nicht erst zu sagen, daß überhaupt nur literarische oder künstlerische Größen in Frage kommen; nicht jedes Zettelchen von L oder Z. Jedenfalls liegt es aus der Hand, daß die Kataloge, wenn sie gut gemacht sind, für den Literatur- und Culturforscher, sowie für den Historiker überhaupt, eine Fundgrube der wichtigsten Dinge werden, und als nothwendige praktische Hilssbüchlein in viel weitere Kreise werden dringen müssen, als dies jetzt der Fall ist. So wächst das Interesse an der Sache, und die Wirkung der genauen Arbeit (denn weiter verlange ich nichts; diese aber ist hier ganz außer ordentlich leicht zu liefern!) steigert sich ins Unberechenbare. Möchte doch ein die Angelegenheit ernstlich betreibender Mann sich einmal in diesem Sinne im Börsenblatt, oder auf dem Umschläge eines Autographen-Katalogs, xubttoo zur Sache äußern! Ich sagte eben: auch dem Historiker könnten genaue und tüchtig gemachte Kataloge von Werth sein; zum Beweise erinnere ich Sie an Ihren eigenen Katalog Nr. 11 (1871 ausgcgeben). Da stehen Se. 12—13 „Notizen über Reliquien vom Freiherr» von der Trenck", die man höchst wahrscheinlich in der ganzen weiten Welt sonst nir gend mehr gedruckt findet. Und so könnte ich noch lange, lange fort- sahren, auseinanderzusetzen: wie werthvoll diese Büchlein Dem sind, der sie systematisch ausbeutet, und wie sehr, wie dringend ich wünschte, einen rechten großen Vorrath dieser leider nie beachteten Materialien zu besitzen. Ich wollte gern dafür zahlen. Hat doch mir, seitdem ich meine Biographie Ekhos's publicirt habe (1876), das Studium von Autographenkatalogen schon drei bisher unbekannte Briefe Ekhos's (die bekanntlich selten sind!) entdecken Helsen, die mir sonst ganz sicherlich unbekannt geblieben wären! Doch ich breche ab; obwohl der Gegenstand nur erst flüchtig angedeutet, bei weitem nicht erschöpft ist. Verzeihung, Verehrtester Herr, für diesen Erguß — den ich aber an den gewöhnlichen, rein fabrikmäßig verfahrenden „Bücherverkäufer" nicht gerichtet hätte; Sie haben gewiß nichts dagegen, daß ich den Mann, welchem wir das so umsichtig und fleißig hcrgestellte „Adreßbuch für den deutschen Buchhandel" verdanken, in jedem Sinne höher zu stellen geneigt bin. Mit der vorzüglichsten Hochachtung ergeben der Ihre Vcytaux-Chillon im Canton Waadt, Schweiz. vr. Hermann Uhde.
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