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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.07.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-07-18
- Erscheinungsdatum
- 18.07.1911
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- Deutsch
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Dichter der Balladen aus dem Leben des Grafen Eberhard des Rauschebartes, das gleiche Schicksal zu beklagen hatte. Wie ganz anders würden heute diese Sänger, die ihre Fürsten und Helden unsterblich verherrlichten, ausgezeichnet und geehrt werden! Damals schien sich die stille Anerkennung, die von materieller Begleitung nichts wußte, von selbst zu verstehen Mediceer gab es offenbar nicht, und die Dichter gönnten die goldene Kette dem Kanzler zu den anderen Lasten, Fontane war im Gegensatz zu dem olympischen Heyse eine joviale Frohnatnr voll Schnacken und Schnurren, Ec lebte damals bei Hertz auf Vorschuß für einen zu schreibenden Roman, der wohl später als jener erschien, den er »Vor dem Sturm« benannte, und noch viel später haben sich die Wege von Fontane und Hertz getrennt, Hertz war ein Kind seiner Zeit, und über gewisse Schranken, die seiner Natur gezogen waren, kam er in seinem höheren Alter nicht mehr hinüber. Er honorierte schlecht und recht, rechnete sehr genau und wollte verdienen. Allen gewagten Spekulationen abhold, stets mit den beiden Füßen aus dem festen Boden, dachte er offenbar nicht im entferntesten daran, in die materielle Sicherung der Zukunft seines Autors einzugreifen und begnügte sich damit, sich von Fall zu Fall als anständiger Verleger zu erweisen. Hat er hier wirklich gefehlt, so hat er eben menschlich gefehlt, und es ist leicht, L posteriori zu beweisen, daß er ganz anders hätte handeln und helfen können und sollen, Graf Schack, der gleichfalls einen regen persönlichen Verkehr mit H, pflegte, gab später nicht minder unbefriedigt seine Verbindung mit dem Hause auf, um anderswo kein besseres Schicksal zu er fahren. Hans Hopfen, ein Romancier in Lederhosen, ver legte seinen Erstlingsroman Peregretta bei H,, fand aber nur eine kühle Aufnahme, denn der Verleger war der etwas gar zu deutlich zur Schau getragenen oberbayerischen Art des Dichters abhold, B, v, Lepel, ein Offizier a. D,, gefiel mit einem Bändchen Gedichte nicht nur Heyse, sondern auch seinen Berliner Freunden und Freundinnen; von einer vom Dichter dringend gewünschten zweiten Auflage wollte der vorsichtige Verleger aber durchaus nichts wissen. Die Damen v, Olfers, Töchter des Generaldirektors der k, Museen, verkehrten viel im Hause, waren gescheit und poetisch veranlagt und wurden gleichfalls Autoren, wenn auch beide keine Annette v, Droste; sie teilten das Schicksal der Fürstin Eleonore Reuß, Herman Grimm nannten wir bereits an anderer Stelle: als Novellist, Roman- zier und Literarhistoriker war er seinem Verleger, mit dem er manche verwandte Charaktereigenschaft hatte, eine besonders sympathilche Natur, Fanny Lewald, die später mit einem Band Novellen bei H, debütierte, brachte, wenn sie kam, Leben und Bewegung ins Haus, Otto Roquette sprach jeweils, auf eine spätere Verbindung rechnend, auf seinen Urlauben vor, und ebenso Adolf Wilbrandt. Sie alle kamen und verkehrten mit dem Chef des Hauses im besten Sinne wie mit ihresgleichen: der vornehme Sinn, der reiche Geist, das vielseitige Wissen des Besitzers glich jede Möglichkeit einer Über- und Unterordnung aus und gestaltete den Verkehr in dem einfachen Buchladen zu einem Stelldichein der wirklich vornehmen Welt, Doch sei, che wir weitergehen, auch der Kollegen des Chefs nicht vergessen, die in freundschaftlichem Verkehr oder zagend, fragend, Rat und Hilfe suchend eine hundertfältige Verbindung mit dem vielbeschäftigten Geschäftsmann unter hielten, Adolf Enslin, der spätere Börsenvereinsvorstand, eine würdige, charaktervolle Natur, begleitete den Freund jeden Tag in der Frühe ins Geschäft, Julius Springer trat nie anders ein als mit dem Gruß: Guten Abend, Wilhelmusl Rudolf Gärtner kam, desgleichen G, W, F, Müller und R, Appelius, Franz Wahlen brachte seine mannigfachen Sorgen zur Aus- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 73. Jahrgang. spräche, der treffliche Albert Goldschmidt, einer der aufrich tigsten Verehrer des Alten, ließ sich von Zeit zu Zeit sehen, ebenso Hans Reimer u, a. Manches kluge Wort wurde gesprochen, manche verwickelte Angelegenheit erörtert, und der aufmerksame Lehrling erweiterte ganz von selbst seinen Gesichtskreis, Von nah und fern sprachen die auswärtigen Kollegen vor; sie alle wollten den Mann begrüßen, der im Beruf au erster Stelle stand und zu jener Zeit begann, das Wort Heines aus Goethes Egmont von I, Fr. Cotta auf sich zu übertragen, daß er ein Mann war, der die Hand über die ganze Welt hatte. Wirklich alle Welt nahm seine Gefälligkeit, seine Dienste in Anspruch, und selbst ein Ernst Keil, mit dessen Art Hertz ganz gewiß nichts gemein hatte, sprach vor, als seine Gartenlaube in Preußen verboten worden war, und erbat und gewann seine Vermittlung bei hoher Stelle, Damit aber sei dieser Abschnitt geschloffen, der den Mann und Menschen, seine geschäftliche Tätigkeit und seine Stellung in der geistigen Strömung jener Zeit genügend kennzeichnen dürfte. In die Lehre dieses Mannes und seinen vielseitigen Wirkungskreis trat nun Ferdinand Springer, Hier ein aus gereifter Mann, dort eine Natur, die, wenn sie auch be stimmte Ziele vor Augen haben mochte, mit sich doch über den Weg dahin unmöglich klar sein konnte. Aber in einem wußten sich Meister und Schüler von vornherein eins: sie gingen in ihrem Berufe völlig auf, und der eine wie der andere war heiß bemüht, um die Palme zu ringen. Hertz hatte, auch wenn er später erst die Größten und Besten der Nation in seinem Verlag vereinigte, den Sieg bereits in der Tasche und konnte, wie nachgewiesen, schon damals große Erfolge verzeichnen, Springer aber sollte sich erst die Sporen verdienen, denn er kam, wenn ihm auch ein noch so günstiger Ruf vorausging, als ein völliger Neuling in einen geschäftlichen Betrieb, Freilich dachte Springer, wenn hier die Erinnerung nicht ganz und gar trügt, in den ersten zehn Tagen etwas anders. Er meinte wie etwa Fritz Triddelfitz: Das All tägliche, das Gemeine kenne ich schon, ich brauche mir nur noch das Höhere anzueignen. Er kam und wurde wohl etwas enttäuscht. Die Humaniora hatten ihm auf der Schule kaum ein tieferes Interesse abgewonnen, und Formenlehre und Syntax der alten Sprachen lagen ihm wenigstens von der Stunde an, da er sich dem Buchhandel widmete, mehr als meilen weit fern. Selbstverständlich hat Springer die Wissen schaften nie verachtet und ihre Bedeutung nie verkannt, aber sein praktischer Sinn sagte ihm, daß diese etwaigen wissen schaftlichen Kenntnisse gerade in seinem Falle kaum ein wesentliches Förderungsmitlel für seine Absichten und Pläne werden dürsten. Und darin hat ec sich gewiß auch nicht geirrt, wenngleich er später oft genug verspürt haben wird, daß die Gymnastalüildung, auch wenn sie eigentlich dem praktischen Leben recht fern steht, doch nicht zu verachten und unbemerkt ein Helfer in vielen Nöten ist. Unser Held hat dem Schilderer seines Herzens innerste Geheimnisse damals nicht enthüllt, wie er denn, wenn es darauf ankam, seine Zunge außerordentlich gut zu zügeln wußte. Aber man brauchte nur in das dunkle Auge des Werdenden zu sehen und dem bestimmten, klaren Wort zu lauschen, mit dem er Ansichten und Entschließungen Aus druck gab, um sogleich zu wissen, daß man es hier mit einem ungewöhnlichen Menschen und einer reich begabten Natur zu tun hatte, nicht aber mit einem prätentiösen, vorlauten jungen Herrn und Prinzipalssohn, nicht mit einem vorlauten Besserwisser, sondern mit einem strebsamen Kollegen, dem wir noch heute die vornehme und reine Ge sinnung und die hohe ideale Auffassung nachrühmen dürfen, 1087
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