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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.07.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1911-07-17
- Erscheinungsdatum
- 17.07.1911
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- Deutsch
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^8 163, 17. Juli IS1I. Nichtamtlicher Teil. WY-IlS!« >. d. Kt?«». Such,»»»«. 8341 Nichtamtlicher Teil. Buchhändlers Lehrjahre. Ein Beitrag zur Geschichte des Buchhandels und zur Kulturgeschichte überhaupt. Zugleich eine Charakterschilderung von Wilhelm Hertz und Ferdinand Springer. (Fortsetzung zu Nr. 162 d. Bl.) So hatte sich Hertz im Laufe längerer Jahre eine ganz eigenartige Stellung geschaffen, die ihn von Haus aus vieles ganz anders beurteilen ließ, als man es gemeinhin hätte glauben sollen. Aus guter Familie stammend, mit vor trefflichen Sprach, und anderen Kenntnissen ausgerüstet, durch einen unendlich langen Verkehr mit den erlauchtesten Geistern seiner Zeit gesellschaftlich, politisch, allgemein gebildet und weit über den Kreis seiner Kollegen hinausragend, empfand er vieles, was andere an ihren Nerven überhaupt nicht ver spüren, in Gutem und Bösem mit gesteigertem Empfindungs vermögen. So mußte er schließlich wohl etwas vereinsamen und durste vielleicht verkannt werden, zumal da er es mit seiner Art unmöglich jedem recht machen konnte, er auch manchmal . wirkliche oder vermeintliche Blößen zeigte, die in jenen Jahren des erwachenden kirchlichen und politischen Liberalis mus manchem unerklärlich erscheinen mochten. Er war nach beiden Richtungen leidlich reaktionär, seine Stellung und Anschauung dürsten so ziemlich dieselben wie die seines poli tischen und Geschäftsfreundes, des ehemaligen Oberpräsidenten v. Kleist-Retzow gewesen sein. Nicht aus Eigennutz, Selbst sucht oder anderen unlauteren Motiven. Ihm war starke staatliche und kirchliche Autorität ein tiefgefühltes Bedürfnis, Friedrich Wilhelm IV., der ihn überdies nach einem übel abgelaufenen Prozeß — Majestätsbeleidigung aus Anlaß eines Buches von Viktor von Strauß — huldvollst be gnadigt hatte, mit seinem beweglichen, prickelnden Geiste, war eine ihm verwandte und darum sympathische Natur, und der Liberalismus der Konfliktszeit mit seinen Vertretern in der Kammer der Abgeordneten stieß ihn ab. Autorität, nicht Majorität war sein Wahlspruch; die Stimmen soll man wägen und nicht zählen, sprach er mit Schiller, dem und dessen Freiheitsdrang er wiederum keine rechte Freude abgewann, während er für den Olympier Goethe die aller größte Verehrung hegte. Seine Poesie und Prosa hatte er gründlich studiert, und in dem schönen kristallklaren Stil des Altmeisters schwelgte er: wir besitzen eine Gelegenheilsschrift von Hertz, die mit Belegstellen aus Goethe fast allzusehr und allzu absichtlich bedacht ist. Aber was nach dieser Darlegung der Mann jeweils an Anerkennung und Wertschätzung vielleicht entbehren mußte, das wurde ihm, soweit er es überhaupt oder gar schmerzlich empfand, auf andere Weise reichlich ersetzt. Ec war neben Salomon Hirzel in der schöngeistigen Literatur der hervor ragendste Vertreter seines Standes, mit untrüglicher Sicher heit wußte er in den Verlagsangeboten Spreu vom Weizen zu sondern, verstand er es, einen in sich abgeschlossenen Verlag aufzubauen, der schließlich einer der vornehmsten war; er war in Wort und Tat der berufene Nachfolger jenes Johann Friedrich Cotta, der an Philipp Erasmus Reich schrieb, daß er keine anderen als gute Bücher in Ver lag nehmen wolle. Für den Buchhandel und seine Vertreter waren zu jener Zeit die Verhältnisse eigenartig gelagert. Man machte sich keine allzu scharfe Konkurrenz, obwohl man es an Fleiß und Hingebung nicht fehlen ließ, um sich Stellung und sichere Existenz zu gewinnen. Es waren noch nicht in jeder BörsmAatt für dm Deutschen .Buchhandel. 78. Jahrgang. Stadt von 1(1000 Einwohnern 3—4 Kollegen; Buchdrucker, Buchbinder usw. befaßten sich höchstens mit Kleinkram, und die Kolporteure vertrieben außer mit Zeitschriften, Kalendern u. a. höchstens die blutrünstigen Romane gewisser längst verschollener Verleger. So lebte man neben einander dahin, froh und dankbar für jeden rechtschaffenen klingenden Erfolg, und wußte nichts von jenem höheren Ehr geiz, den das neue Deutsche Reich als eine recht un willkommene Blüte neben überreichlich vielem Guten ge zeitigt hat. Der Erzähler ist keineswegs unter allen Um ständen ein Lobredner der alten Zeit, aber er freut sich, wenn er ihrer gedenkt, der Bescheidenheit, die unseren Stand zierte. Die damaligen Konversationslexika, diese für viele unfehlbaren Urkunden über große Männer der Vergangenheit, noch viel mehr aber der jüngsten Gegenwart, wußten nur von wenigen Berühmtheiten im Buchhandel zu berichten, so von Cotta, Perthes, Brockhaus, Tauchnitz, Teubner u. a., während heute ihrer Zahl Legion ist. Mit Erstaunen und ehrfurchtsvollem Schauder liest man jetzt von weltberühmten Kollegen im Norden und Süden, liest und glaubt es wohl auch, ohne zu prüfen, wie gar bald der große Name wieder zuin Schemen werden muß und wird. Aber auch sonst noch war es anders. Die »berühmten» Verleger sind jetzt in gewissem Sinne auch mehr oder minder ihre eigenen Autoren, insofern, als sie -Verlagsidcen» haben und findige und fleißige Buchschreiber beauftragen, diesen Ideen Wesen und Körper zu verleihen und damit unsterb liche Bücher zu schreiben. Namen zu nennen ist freilich un zulässig, aber manch einer wird ihn erraten, wenn man von jenem berühmten Verleger spricht, der fast nur aus diese Weise seinen Kram schuf, weiter und weiter ausbaute und schließlich keine Idee mehr hatte, was er denn mit aller seiner Makulatur anfangen sollte. Und schließlich noch eins über den Wechsel der Zeiten, verbunden mit der Frage, ob das Neue denn auch wirklich immer das Bessere sei. In jenen Zeiten wurde das Buch noch zum Verkauf und nicht zum Verschenken gedruckt, mancher heute beklagte Mißstand bestand gar nicht, und ein Hohngelächter würde an statt der Zustimmung die Antwort aus die unerhörte Zu mutung des Bücherschenkens schon damals gewesen sein. Man wußte aber sehr wohl, was Konkurrenz ist, kannte die Mittel und Wege, seinen Büchern Eingang und Einführung zu ver- verschaffen, hätte sich aber ganz gewiß in einer Machtfragc, wie sie vor Jahr und Tag von einem gewissen Berufsstand aufgeworfen wurde, niemals so ganz widerstandslos unter worfen. Die Würde des Standes, über die man eifersüchtig machte, hätte das nicht zugelafsen. Heute aber darf man sich nicht mehr beschweren, wenn diese freiwillig übernommene Steuerlast drückt, wenn Willkür und Gewalt von neuem Übergriffe schaffen, wie das ja kaum ausbleiben kann, solange jene Gratis-Buchliebhaber Menschen sind, denn volenti uou Nach dieser Abschweifung aber sei die Rückkehr zum eigentlichen Thema gestattet. Die Bessersche Buchhandlung befand sich zu jener Zeit im Hause 7 der Behrenstraße und bot eigentlich keineswegs ein Aussehen, wie es sich für ihren Rang und Ruf geziemt hätte. Der Verlag, das Sortiment und endlich die sonstigen ausgedehnten persönlichen Beziehungen des Besitzers führten aber viele Leute ins Haus, von denen wenigstens eine kleinere Anzahl hier zu nennen vergönnt sein möge. Aus der sogenannten Gesellschaft war jeder Rang und Stand vertreten, wenngleich das von Hertz immerhin wenig gepflegte Sortiment für den Bllcherkäuser und -Liebhaber viele em- 1083
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