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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.07.1924
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- 1924-07-09
- Erscheinungsdatum
- 09.07.1924
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- Deutsch
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^ SLZ8 ««rlkNdkU, ,, », DKchiu NedaktionellerTeil, X: 159, 9. Juli 1924, das nicht im mindesten. Er drehte nur meine Gaslampc aus und sagte am nächsten Morgen zu mir: »Inch bitte, nicht unnötig Gas zu verschwenden!« Ich setzte mich in das hinter seinem Privatkontor befindliche Bibliothekszimmer, nahm die Verlags werke von Veit L Comp, vor und schmökerte den ganzen Tag, Meine heutigen Kenntnisse der modernen Chirurgie verdanke ich hauptsächlich meinen in diesem stillen Zimmer getriebenen Studien der Korrekturen des bei Veit s- Comp, gerade in neuer Auflage erscheinenden Werkes: »Tillmanns, Lehrbuch der Chirurgie-, Herrn Credner rührte dies alles nicht, er war still und wirsch, — soweit ich diesen Ausdruck als Gegensatz zu »unwirsch- hier gebrauchen darf —, d, h. er kritisierte mich nie, aber meinen glühenden Wunsch, mich nützlich zu machen und mich produk tive betätigen, ließ er unerfüllt. Da die Tür des Privat« kontors zu meinem Bibliothekszimmer dauernd offen stand, hatte ich oftmals Gelegenheit, seine Verhandlungen mit Papierliefe ranten und Druckern zu hören und zu beobachten, was die Herren so alles 'runterschlucken durften. Vor allem mit einem seiner Autoren, dem vr, Solomon Mandelkern, der ihm eine lateinische Konkordanz des Alten Testaments geschrieben hatte, stand er stark auf Kriegsfuß. Die von diesem verfaßte lateinische Vor rede fand nicht Credners volle Gnade, sodaß er den Schluß der selben durchstrich und ihn neu verfaßte. Ich bekam damals vor Credners tiefem Wissen eine große Hochachtung, denn obgleich ich wohl an die 3V Jahre jünger wgr als er und um so viel später das Gymnasium verlassen hatte, so einen lateinischen Aufsatz ein wandfrei zu verfassen, das hätte ich damals schon nicht mehr ge konnt, dazu gehört schon eine sehr gründliche Kenntnis der latei nischen Sprache, Eines Tages war Credner geschäftlich verreist, seine hübsche jugendliche Tochter, mit der ich auf Bällen oft das Tanzbein ge schwungen hatte, kam am selben Tage aufs Büro, um sich bei ihrem Vater etwas Geld zu holen, da sie sich bei ihren Besor gungen in der Stadt völlig ausgegeben hatte. Es war ihr sehr fatal, ihren Vater nicht vorzufindcn, so half ich Fräulein Credner mit 20,— Mk, aus. Die Wirkung, als ich meinem hohen Chef nach seiner Rückkehr von dem Darlehn an sein Fräulein Tochter Mitteilung machte, war köstlich. Höchst mißvergnügt knurrte er sein bekanntes »Hm, hm- ,vor sich hin, schob mir schweigend die verauslagten 20.— Mk. hin und fuhr mich dann an: »Jiich bitte, meiner Tochter nicht wieder Geld zu pumpen!« Da mein passiver Widerstand nichts fruchtete, war es mir sehr willkommen, als ich im März 1896 zu meiner ersten Leut nantsübung eingezogen wurde und daher meine Stelle, die ich in der Hoffnung, daß die Zeiten sich noch ändern würden, de» ganzen Winter 1895/96 durchgehalten hatte, bei Veit L Comp, ausgab. Trotz des eigenartigen Verhältnisses zwischen dem Chef und dem »Geschäftsführer-, der doch gar kein Geschäft führen durste, blieben wir im besten Einvernehmen, und so oft ich den alten Credner in späteren Jahren, nachdem ich mich selbständig gemacht hatte, wieder traf, war er stets äußerst liebenswürdig gegen mich, zog mich in lange Unterhaltungen und stellte mich Bekannten mit den Worten vor: »Auch ein Zögling aus meiner alten Schule-, — Während meines Aufenthaltes bei Veit L Comp, »arbeitete- ich — Wenn ich den Ausdruck hier nochmals mißbrauchen darf — mit dem bereits erwähnten Kollegen Stcin- kopss, dem jetzigen Dresdner wissenschaftlichen Verleger, zusam men, Einer der Stifte war Willibald Keller, jetzt Prokurist bei Bernhard Tauchnitz, der bei einbrechender Dunkelheit von uns zum Lampenanzünden stets mit den Worten: »Alwin, stich cmal den Jas an!- ausgefordert wurde: dann stoch Alwin den Jas an. Das ganze Lilipuipersonal hielt gute Kameradschaft, beson ders Steinkopff und ich tauschten oftmals, was uns bedrückte, aus, litten wir doch alle zur Genüge unter der eigenartigen Despotie des trotzdem von uns sehr verehrten alten Herrn, Als ich nun jüngst zu Kantate mit Freund Steinkopff in Leipzig zu- sammcntraf, sprachen wir höchst amüsiert von Kippenbergs Credner-Anckdoten im Bbl, vom 28, April, und Steinkopff meinte, den Artikel müßten wir doch in mancher Hinsicht noch ergänzen, um Credners Charakterbild abzurunden. So verabredeten wir denn, der Mitwelt auch unsere damaligen Erfahrungen nicht vor« zucnthalten, und wenn wir auch nicht in der glücklichen Lage seien, unseren Artikel, nach berühmten Vorbildern, aus Syra kus datiert dem Börsenblatt einzuscnden, so wollten wir doch auch einmal in allerhand schnurrigen Erinnerungen schwelgen, zumal da wir ja nach 37 ehrenvoll absolvierten Berufsjahren reif werden, unsere buchhändlerischen Memoiren zu schreiben. So drücke ich denn hiermit dem Kollegen Steinkopfs diese bisher geschriebenen Zeilen in die Hand und gebe ihm für seine seiner zeitigen Erfahrungen das Wort, Leipzig, den 4. Juni 1924, Oscar de Liagre. Ja, es war eine interessante Zeit, die ich in den Jahren 1895—1896 bei Hermann Credner als »Herstellungsgehilfe« er lebte! Der alte Herr war nicht leicht zufriedenzuslcllen, aber vielseitig, höchst anregend und lehrreich war die Stellung doch. Es klingt heute wie ein Märchen, wenn man hört, daß der damals schon umfangreiche Verlag nur von zwei Gehilfen, zwei Lehrlingen und einem Markthelfer besorgt wurde, Credner machte eben das meiste selbst, und die notwendigen Schreibarbeiten wur den auf das geringste Maß beschränkt. Abgesehen, von Aus lieferung, Konten und Kasse wurde nicht viel verbucht, Credner hatte eben alles im Kopf, und Absatzstatistiken u, dgl, gab es da mals noch nicht. Die ziemlich bedeutenden Kasseneingänge gin gen zum großen Teil durch die Hand des einzigen Markthelfers, des alten Schindler, der alle auszufahrenden Barpakete kassierte, die Beträge die ganze Woche über bei sich behielt und die Summe Sonnabends abends im Geschäft ablieferte. Schindler war Ver- trauensperson, der ganze Gehilfengenerationen überdauert hatte. Nur wenn die großen Fortsetzungen von den »Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivil- und Strafsachen- ausgefahren wurden — das geschah mit einem geborgten großen zweispännigen Spc- ditionswagen —, durfte er sich tageweise noch einen Assistenten halten. Den netten Geschichtchen von Anton Kippenberg und Oscar de Liagre füge ich gernnoch einige weitere bei: Die schon erwähnte Geschichte mit Solomon Mandelkern stimmt ziemlich genau, namentlich den Dank an den Verleger hat Credner redigiert und ihn ungefähr in folgende Worte gefaßt: llderallsZimo grotlss agom«. Besonders die Worte »vlro luumuusslmo sc liborMssim»« waren ckLredner nicht genügend vom Autor hervorgehoben worden. In typographischer Ausstattung hatte Credner ein besonders seines Einpsinden, Sehr unangenehm konnte er werden, wenn der Setzer einen Punkt am Schlüsse eines Titelblattes oder an sonst ungeeigneter Stelle anbrachte. Er pflegte dann zu sagen: »Jiich meine, daaas ist ja dumm, ein Punkt gehört nur an den Schluß eines Satzes! Ein Titel ist kein Satz-, Noch wenige Jahre vor seinem Tode besuchte mich der alte Herr in Dresden und erfreute mich mit seinen unzähligen Ge schichtchen von Personen und Dingen im Buchhandel, Als wir auf dem Perron der Straßenbahn standen und durch die Stadt fuhren, unterbrach er plötzlich seine Rede, indem er sehr ärgerlich und laut sagte: »Sehen Sie mal den dummen Kerl, der hat hinter .Fleischer- Meister' einen Punkt gemacht, das ist doch falsch- und zeigte da bei auf ein Firmenschild mit der Aufschrift »Fr, Anton Müller, Fleischermeister«. Credner war mit Recht stolz auf viele seiner schönen Ver- lagsunternehmungen und Pflegte zu sagen: »Jiich meine, alle Bücher, die ich selbst .gemacht' habe, sind gegangen; die mir als fertige Projekte oder Manuskripte angcbotcnen Bücher dagegen sehr oft nicht-. Unter Bücher »machen- verstand Credner das Anregen und eigene Projektieren.
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