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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.05.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-05-12
- Erscheinungsdatum
- 12.05.1911
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- Deutsch
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5794 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 108, 12. Mai 1911. gestellt, über die erstmalig 1907 auch an dieser Stelle be richtet worden ist.') Die Vermutung lag nahe: sollte nicht der Ausländer nur deshalb, weil ihm vielfach absprechende Gefchmacksurteile über die deutsche Schrift und Rückgrats- lostgkeit bei Deutschen begegnen, sich heute mit Vorurteil und Beschränktheit hervorwagen? Es galt also, von den Streit fragen völlig unberührte Versuchspersonen zu wählen. Deshalb ließ ich Texte in englischer, später auch in franzö sischer und italienischer Sprache aus -OffenbacherSchwabacher« Schrift drucken und von des Deutschen völlig un kundigen Amerikanern, Franzosen und Italienern der verschiedensten Bildungsschichten, Kindern wie Erwachsenen, lesen. Bekanntlich hatten alle diese Leseversuche, die mit Studenten, Jnstitutsdienern, Schulkindern u. a. angestellt waren, nicht die geringste Schwierigkeit ergeben. Sogar die Schulkinder von zwölf bis vierzehn Jahren hatten die Seite flott hernntergelesen, und einer der beteiligten Herren be richtete mir: »Die meisten schienen garnicht zu be merken, daß es nicht die ihnen gewohnte Druckschrift sei«. Die Beweiskraft dieser Leseproben ist nirgends bestritten worden, nachdem mein Bericht hierüber in zahlreichen großen Tageszeitungen veröffentlicht worden war. Nur Herr Albert Windeck von Köln, der als Verfasser der Reichstags eingabe diese Leseproben mit keiner Silbe berührt hatte, hat kürzlich als »eine seltsame Irreführung» bezeichnet, »wenn man sagt, die Offenbacher Schwabacher würde von Ausländern flott gelesen, mithin wäre auch die Fraktur all gemein lesbar», und hat sich zu der Behauptung verstiegen, es sei -unerfindlich, was die mit der Antiqua in ihren Grundzügen übereinstimmende Offenbacher Schwabacher mit der eigentlichen Fraktur zu tun hat». (Börsenbl. s. d. deutschen Buchhandel v. 20. Febr. 1911). So habe ich denn zum Überfluß kürzlich auch noch einen englischen Text in gewöhnlicher deutscher Druckschrift Herstellen lassen und damit ganz dasselbe Ergebnis erzielt. Ein amerikanischer Professor berichtet mir nämlich darüber: »Die Druckprobe habe ich in Ermangelung von anderen Versuchsobjekten unserem Dienstmädchen vorgelegt. Sie ist Amerikanerin und nicht ganz ungebildet, .z B schreibt sie Englisch orthographisch richtig, aber sie hat nur eine öffentliche Schule besucht und niemals eine Zeile Deutsch gelesen. Sie las glattweg, ohne Anstoß.» Das ist auch nur natürlich, denn im Ernst kann doch niemand wie Herr Windeck verkennen wollen, daß die kleinen Buchstaben der Schwabacher Schrift, ebenso wie die meisten ihrer Großbuchstaben, mit der gewöhnlichen deutschen Schrift noch mehr als mit der lateinischen übereinstimmen, ja daß sie zur deutschen Schrift gehören. Damit jedermann nachprüfen kann, habe ich im dritten Teil des vor liegenden Artikels die Offenbacher Schwabacher Schüft vor geführt. Daß Herr Windeck zugibt, sie könne ebenso gut gelesen werden wie Antiqua, das wollen wir uns aber merken. Das übrige, die leichte Lesbarkeit aller deutschen Schrift für Ausländer, folgt damit von selbst. Oder sollten wir etwa bei der Erfahrung stehen bleiben müssen: Was in Einfalt bezeuget ein kindlich Gemüt, ein richt'ger Lateinschrifler lange nicht sieht —? Ja, fast scheint es so, denn Herr Windeck hat einen noch kühneren Einwand. Er sagt ebendort: »Es ist falsch, zu sagen, die Fraktur könnte von Ausländern gelesen werden, weil einzelne Titel und Wörter oder auch schon längere Texte, besonders altertümelnder Art, wie z. B. englische Ehrenurkunden, in Eckenschrist gedruckt werden. Hier handelt es sich um die eigene Sprache, und da einzelne Buch staben mit der Antiqua übereinstimmen, so können die Aus länder die übrigen Buchstaben im Zusammenhang erraten. ch Vgl. B.-Bl. 1907, Nr. LOS. Das ist aber kein geläufiges Lesen, und diese Schwierig keit trifft natürlich in weit größerem Maße sür das ihnen fremde Deutsch zu.» Auch diesen schönen Traum muß ich Herrn Windeck zerstören, denn ausländischer Zierdruck -in Eckenschrift» zeigt meist gothische Schrift, hat also ausgesprochenen Bruchschrist- Charakter, wie unsre weniger verzierte deutsche Schrift über haupt, und daß auch Texte in deutscher Sprache und gewöhn licher deutscher Schrift sür des Deutschen unkundige Ausländer keine Schwierigkeiten bieten, zeigt folgender Bericht des Pfarrers Mader im »Württembergischen Schulwochenblatt« 1909, Nr. 39/40: »In Frankreich und Italien wird die gotische Schrift, wie sie unsere Schrift nennen, überhaupt nicht eingeübt <außer bei den Deutsch lernenden Schülern); trotzdem wird sie vielfach angewendet, wo eine besonders ästhetisch schöne Wirkung erzielt werden soll, bei Laden-Inschriften, Plakaten, Theaterzetteln und -Billetten usw. Jedermann lernt dort diese Schrift mit Leichtigkeit entziffern, ohne sie je besonders gelernt zu haben. So überraschte mich einmal ein ligurischer Bauer dadurch, daß er mir aus meiner deutschen Zeitung vorlas und nur hier und da sich nach der Bedeutung eines ihm gar zu sremd- artigen Buchstabens erkundigte. Ich fragte ihn, wo er diese Schrift gelernt habe. Er erwiderte, er sehe sie heute zum ersten mal, sie sei ja aber der französischen ganz ähnlich. Und in der Tat las er ganz fließend, natürlich mit französischer Aus sprache, obgleich er kein Wort verstand.» Und dasselbe bestätigte mir folgende Zuschrift eines Kollegen: »Die Setzer der von mir herausgegebenen Deutschen Zeitung von Mexiko — Vollblut-Indianer — setzen nach gedruckter Frakturschrist-Vorlage fast sehlersrei, obwohl sie kein WortDeutsch verstehen, ohne irgendwelche Schwierig keit. Auch habe ich in Mexiko, wo ich IS Jahre als deutscher Buchhändler weilte, die Erfahrung gemacht, daß der Gebildete keinerlei Anstoß nahm, deutsche Bücher in Fralturschrift zu kaufen und zu lesen.« Die Leistung der Indianer gewinnt erst ihre richtige Würdigung, wenn man bedenkt, daß Setzer überall vielfach ihre Arbeitsstelle wechseln, daß also diese Setzer auch dann, wenn sie bis dahin noch niemals deutsche Schrift gesehen haben, diese -ohne irgendwelche Schwie rigkeit» gleich fast fehlerfrei setzen. Es ist ja aber recht begreiflich, daß Herrn Windeck und seinem Lateinschriftverein meine Leseproben ein Dorn im Auge sind; denn wenn nicht eine einzige des Deutsche» völlig unkundige Person im Auslande gefunden worden ist — und inzwischen hat auch Herr Karl Klingspor von Offen bach a. M. entsprechende Lesevcrsuche mit fremdländischen Texten in den verschiedensten deutschen Schriften an stelle» lassen und das gleiche Ergebnis wie ich erzielt —, die die deutsche Schrift jeder Gattung, im Text der eigenen wie der deutschen Sprache, nicht hätte fließend lesen können, so ist der Beweis erbracht, daß absprechenden Geschmacks- urteilen von Ausländern über die deutsche Schrift nicht die geringste praktische Bedeutung beigemessen werden kann. Oder sollte die deutsche Spielart der Weltletter, die selbst den des Deutschen völlig unkundigen Kindern, dem ligurischen Bauern und den Indianer-Setzern nicht die geringsten Schwierigkeiten bereitet hat, einem aus gewachsenen Ausländer, der Deutsch gelernt hat oder lernen will, irgendwie hinderlich sein? Ein Idiot müßte der doch sein. — Gleichwohl besagt der Bericht der Petitionskommission Seite 11: »Viele Ausländer beklage», daß sie durch dis fremdartigen Buchstaben in ihrem Studium behindert und häufig genug zum Ausgeben desselben gezwungen wären; die meisten wagen sich wegen dieser Äußerlichkeit, abgesehen von den großen
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