Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-05-24
- Erscheinungsdatum
- 24.05.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19110524
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191105248
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19110524
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1911
- Monat1911-05
- Tag1911-05-24
- Monat1911-05
- Jahr1911
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
/V IIS, 24. Mm 1SII. Nichtamtlicher Teil. VöHenbimi f. d. Dtjchn. Buchhanö-L. 6337 Nichtamtlicher Teil- Kantate. IV?) Kantate-Montag. Wohl mehr als 2VVÜ Personen hatten sich in der großen Halle des Kristallpalastes eingefunden, um den Kantate- Montag festlich zu begehen. Der Festausschuß, gebildet von den Herren Richard Linnemann, Georg Merseburger, Karl Franz Koehler und Werner Scholl, war mit Eifer und Ver ständnis an die Arbeit gegangen und hatte ein Programm unter dem allgemeinen Titel »Varia« zusammengestellt, das auch diejenigen befriedigen konnte, die, wie es einmal etwas boshaft in einer Aufforderung des Festausschusses zur Mit arbeit hieß, durch eins »nachträgliche Kritik« ihr Interesse an den Montags-Veranstaltungen zu bekunden pflegen. Im Mittelpunkt des Ganzen stand der eigens für den Abend verfaßte Schwank -Im Buchhändlererholungsheim-, als dessen Verfasser sich Herr Max Weg bekannte. Eine bunte Gesellschaft von Verlegern und Sortimentern hatte sich in dem neuerrichteten Heime zusammengefunden, von denen die meisten den Lesern bekannt sein dürften, wenn sie ihnen auch kaum je dort begegnen werden. Sehr amüsant waren vor allem die beiden Verleger Or. Insel und von Zwiebel fisch, die sich fortwährend in ihren Ideen begegnen und, gegenseitig bemüht, sich aus dem Wege zu gehen und für sich originell zu sein, doch immer wieder die gleichen Gedanken und Meinungen zum Ausdruck bringen. Dieses eigenartige Verhängnis hat sie auch, völlig unabhängig voneinander, wie sie ausdrücklich betonen, nach dem Er holungsheim für Deutsche Buchhändler geführt, um dort in Muße über die Duplizität der Ereignisse und die Zugkraft neuer Ideen nachzudenken. Denn daß es ihnen keines- wegs nur um Erholung zu tun ist, beweisen ihre äußerlich und allem Anschein nach auch inhaltlich völlig gleichen Ledermappen, die sie immer mit sich Herumschleppen, ohne zu bemerken, daß ein neckisch veranlagter Insasse des Erholungsheims sich den Witz geleistet hat, die kostbaren Besitztümer während einer erregten Auseinandersetzung der beiden Dublettenmacher miteinander zu vertauschen. Ein echter Ritter von der traurigen Gestalt ist auch die gelungene Figur des vr. Johannes Justus Schmidt, des vom Börsenverein angestellten Zensors sür Schundlitera tur, dessen Phantasie durch das Lesen schlüpfriger Romane derart vergiftet ist, daß er begründeten Anspruch darauf zu haben glaubt, auf Kosten des Börsenvereins in das Er holungsheim ausgenommen zu werden. Er muß sich aus der Welt da draußen flüchten, weil ihm das Unterscheidungs- Vermögen von sittlich und unsittlich vollständig abhanden gekommen ist und er befürchten muß, daß seinem Munde wider Willen unzüchtige Reden entschlüpfen. Solange er es nur mit der -Dame im gefährlichen Alter- zu tun hat, die im Erholungsheim eine Zuflucht gesucht hat, um ihrem Beruf, Männerherzen zu betören, hier nachzugehen, hat das insofern nichts auf sich, als dieser Hosenrockdame nichts Menschliches fremd ist. Anders steht es dagegen mit dem Sortimenter Justus, der sich bei jeder Gelegenheit sittlich entrüstet, ob wohl er diese nur allzu gerne sucht. Harmloser ist sein Kollege Vetters, zu dem ein bekannter Heidelberger Kollege Modell gestanden hat. Es zeugt von der Natur wahrheit dieser Rolle, daß ihr Repräsentant es auch im Er holungsheim nicht lassen kann, alles, was ihm unter die Hände kommt, versteigern zu wollen und sich in Knüttel versen über alle möglichen und unmöglichen Dinge zu ergehen. Merkwürdig in diesem Erholungsheim, in dem Streit und Zank, Konkurrenzneid und Unfittlichkeitsschnüffelei auf der Tagesordnung stehen, sind jedoch nicht nur die Per sonen, sondern auch die Verhältnisse, so daß es gar nicht überrascht, auch ein Rudel Ballettratten hier seinen Einzug halten zu sehen, das einer der Insassen, der Generaldirektor Weiß, in einer schwachen Stunde, deren er sich vergeblich zu erinnern versucht, eingeladen hat. Diese lustige Gesell schaft trifft in demselben Moment ein, als der Aufsichtsrat des Erholungsheims (in der Maske eines bekannten Leipziger Kommissionärs) seinen Besuch macht, um nach dem Rechten zu sehen. Aus den erholungsbedürftigen Insassen werden rasch flotte Tänzer, aus der Stätte der Ruhe und des Friedens wird der Schauplatz heiterer Gelage, da der Herr Aufstchtsrat durchaus kein Spielverderber ist. Und als es dann ans Abschiednehmen geht, entsteht aus der alten Gründung rasch eine neue: der »Verein ehrenvoll verabschiedeter Insassen des Erholungsheims«. Das Stück wurde von Mitgliedern des Stadttheaters flott und exakt gespielt, so daß die Zuschauer sich köstlich amüsierten, zumal der Dialog mit zahlreichen Anspielungen auf buchhändlerische Tagesereignisse durchsetzt ist. Daß, wenn alle reformieren, auch der Festspieldichter sich mit Vorschlägen zur Reform des Börsenblattes einstellt, wird man ihm nicht verargen dürfen. Nur werden seine dem gegenwärtigen Redakteur in den Mund gelegten Anregungen zur Heraus gabe einer Faschingsnummer und der Einrichtung einer Spiel- und Skatecke wahrscheinlich nicht den Beifall des Börsenblattausschusses finden, so dankenswert auch jede Mit wirkung von diesem entgegengenommen wird. Denn selbst wenn eine vollständige Reform an Haupt und Gliedern beab sichtigt ist, wird man sich doch kaum, falls die geplante Er gänzung des Börsenblattausschusses nicht durch Mitglieder des Festausschusses erfolgt, zu so tiefgreifenden Änderungen verstehen. Der neue Redakteur möchte daher dasselbe Er suchen an die Herren des Festausschusses richten, das jener Wirt im wilden Westen gegenüber seinen Gästen durch das Plakat zum Ausdruck brachte: Man bittet, nicht auf den Kapellmeister zu schießen: der Mann tut, was er kann. Umrahmt war das Stück von vortrefflichen Varists- Nummern, als deren erste nach dem rauschenden Präludium der »Kantatekapelle« Curth -die 3 fröhlichen Holzhacker in ihren etwas lauten, aber unübertrefflichen Darbietungen auf den am heutigen Zahltage wenig benutzten Zahlbrettern zu nennen ist. Ihr folgte »Asmodeus, der böse Druck fehlerteufel-, der sich in den unglaublichsten Verrenkungen gefiel und wahrhaft halsbrecherische Kunststücke am Trapez vollführte. In das Reich der Dichtkunst führte Gaston Demme als Dompteur des »Dichterkaters«, dargestellt an einer Reihe von Größen unserer Literatur, während Max Waldon die Zuschauer durch seine Tanz- und Toiletten künste bis zum Schlüsse im Zweifel ließ, ob es sich — wie das Programm sagt — um »Terpsichore oder Terpstchorich- handelte. Recht originell waren auch die »Verdrehten Signete-, die an weißer Wand erschienen'), Karikaturen von Verleger zeichen darstellend, unter denen besonders die verdrehten Signete von F. A. Brockhaus, Eugen Diederichs, S. Fischer, Julius Springer, Breitkopf L Härtel, Georg Merseburgers *> Verlag des Festausschusses des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig, Cantate ISlI. Preiset.-. 2SV Exemplare wurden in Vorzugsausgabe hergestellt, die handnumeriert zum Preise von ^ 3.— das Stück abgegeben werden. iDer Reinertrag ist sür das Buchhändler-Erholungsheim bestimmt.) ») Vgl. Nr. 108, 112 u. 118. 82 r
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder