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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1911
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- 1911-04-25
- Erscheinungsdatum
- 25.04.1911
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5042 SSrs-MIatt f, d. Dtschn. «mW-xd-r. Nichtamtlicher Teil. S4, 25. April 1SH. Nichtamtlicher Teil, Der Prinzipal als Zeuge. Eine Kontorplauderei über Zeugengebühren. Nachdruck verboten. kor. Der Staat legt dem Bürger eine große Zahl von Pflichten auf. Man muß zugeben, daß er darin sehr frei gebig ist. Nicht ganz so freigebig ist er, wenn er die Be mühungen eines Bürgers im Interesse des Staates vergüten soll. In welch argem Mißverhältnis z. B. die Zeugen- gebllhren in den weitaus meisten Fällen zu der tatsächlichen Einbuße stehen, die der Zeuge durch Wahrnehmung seiner Zeugenpflichten erleidet, ist so allgemein bekannt, daß ich dies kaum noch hervorzuheben brauche. Und dasselbe gilt von den Gebühren der Sachverständigen. Leider gibt es auch noch Idealisten, die auf diese Gebühren verzichten — eine Erfahrung, die immer sehr schmerzlich auf mich wirkt, weil dadurch den Gerichtsbehörden die Überzeugung bct- gebracht wird, daß der Staat das von ihm beanspruchte Opfer sogar kostenfrei haben könnte. Man mutz sich vergegenwärtigen, daß die Gebühren frage nicht nur eine materielle Frage ist. Es ist eine alte Erfahrung, daß Personen, die schlecht bezahlt werden, auch nicht sehr hoch geschätzt werden, und daher kommt es wohl, daß die Bürger, die vor Gericht als Zeugen so außerordent lich wichtige Dienste leisten, im Gerichtssaal in der Regel keine sehr rücksichtsvolle Behandlung erfahren. Wer auf die Zeugengebühren verzichtet, macht dem Staate ein Geschenk, das dieser durchaus nicht braucht; er schädigt das gesamte Bürgertum. Im übrigen zahlt der Staat immer nur Zeugen gebühr, wenn sehr zwingende Gründe vorliegen. Es dürfte bekannt sein, daß Angestellte, die ein Gehalts-Fixum be ziehen, auf Zeugengebühren keinen Anspruch erheben können, da sie durch die geringe Versäuninis keinen Schaden erleiden. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, ihnen die versäumten Stunden bei der Gehaltszahlung in Anrech nung zu bringen, also irgendwelche Abzüge zu machen. Hier ist der Prinzipal also derjenige, der dem Zeugen die Gebühren zahlt. Denn in der Zeit, wo der Zeuge vor Gericht erscheint, leistet er im Betriebe des Prinzipals keine Arbeit. Für diesen großen Dienst, den der Fabrikant, der Bankier, der Kaufmann dem Staate leistet, wird er aber auch belohnt. Wenn er nämlich selbst vor Gericht erscheinen mutz, so bekommt er auch keine Entschädigung, sofern er nicht ausdrücklich Nachweisen kann, daß er wirklich zu Hause etwas versäumt hat. Bei kleineren Betrieben, Kaufleuten und Handwerkern, die nur wenige Personen beschäftigen, ist dieser Beweis nicht schwer. In der Regel wird ange nommen, daß sie selbst Mitarbeiten, daß also eine Arbeits kraft fehlt, wenn der Chef als Zeuge erscheinen muß. Anders aber liegt die Sache, wenn es sich um Bankiers, Fabrikanten und große Kaufleute handelt, obwohl natürlich eine so scharfe Scheidung nicht immer zu bewirken ist. Die preußische Oberrechnungskammer, die auch die Prüfung und Feststellung der Rechnungen über Ein nahmen und Ausgaben von Staatsgeldern für das Deutsche Reich auszuführen hat, hat in einer Verfügung vom 26. September 1889 bestimmt, daß Zeugen aus dem Stande der Fabrikanten und anderer großen Kaufleute eine Entschädigung für Versäumnisse in ihrer Erwerbstätigkeit nur dann zu beanspruchen haben sollen, wenn sie den Nach weis dafür erbringen, daß sie durch die zeitweilige Abwesen heit von ihrer Geschäftsstelle in Wirklichkeit einen Schaden erlitten haben. Die genannte Behörde ist von der An sicht ausgegangen, daß solche selbständige Gewerbetreibende regelmäßig ein mehr oder minder großes Personal zur Verfügung haben, das die eigentlichen Arbeiten ausführt, so daß ihnen selbst nur die Aufgabe der Überwachung und der Leitung zufalle. Hierin kann eine Unterbrechung für mehrere Stunden oder auch für einen Tag eintreten, ohne daß sie für den Betriebsinhaber einen Vermögensschaden nach sich ziehen muß. Anders liegt die Sache allerdings bei solchen Geschäftsleuten, denen keine Hilfskräfte zur Seite stehen oder doch nur unzulängliche; das sei aber insbesondere von einem Fabrikanten nicht zu erwarten. Die Begründung ist natürlich ganz unzulänglich, denn wenn diese für hundert große kaufmännische und industrielle Betriebe zutrifft, so kommt sie für tausend andere garnicht in Betracht, und am wenigsten dürfte sie für Fabrikanten zutreffen. Auch wenn er nicht selbst in der Werkstatt arbeitet — was übrigens auch häufig genug vorkommt —, so wird er doch wenigstens seine Bücher führen, Briefe und Rechnungen schreiben, Lieferanten und Kunden besuchen usw., aber die nützliche Arbeit während der Zeit einbüßen, in der er seiner Zeugenpfiicht genügen muß. Deshalb wird auch die Verfügung, die sich auf dem Papier sehr gut ausnimmt, sehr häufig durchbrochen — wie so viele Verfügungen der gleichen Art, und wenn es darauf ankommt, wird es dem betreffenden Zeugen fast immer ge lingen, auch den Nachweis zu führen, daß er wirklich etwas zu Hause versäumt hat. Doch sind die Beträge in der Regel zu unbedeutend, um deshalb gegen eine Behörde einen Prozeß zu führen, zumal ja der Laie all diese Verfügungen garnicht kennt, also auch nicht weiß, welche Waffe sein Gegner in Händen hat. In meiner Sammlung interessanter Entscheidungen finde ich einen Beschluß des Strafsenats des Oberlandesgerichts zu Celle vom 1. Oktober 1902, in dem dieser die Verfügung der Oberrechnungskammer als unzu treffend erklärt. Es handelt sich um folgenden Fall: Ein Fabrikant war in einer Strafsache als Zeuge geladen und hatte, um seiner Verpflichtung genügen zu können, seine Wohnung schon des Morgens um 5 Uhr verlassen müssen; die Verhandlungen hatten sich außerordentlich lange hinge zogen, und es war 10 Uhr abends geworden, als er endlich nach Hause zurückkehrte, wobei allerdings zu berücksichtigen war, daß er eine Bahnfahrt hin und zurück zu machen hatte. Er fordert nun nicht nur Ersatz für die baren Auslagen, die er hatte aufwenden müssen, sondern auch eine Vergütung für die von ihm in seiner Erwerbstätigkeit erlittene Versäumnis, die er bescheiden genug auf eine Mark für die Stunde ansetzte, wobei er außerdem noch die Zeit bis 8 Uhr morgens und die Abendstunden von 8 Uhr an außer Berechnung ließ, so daß er im ganzen zwölf Mark an Vergütung begehrte. Im Hinblick auf die bereits gekennzeichnete Verfügung der Obcrrechnungskamrner hatte die Strafkammer seine Liqui dation als unbegründet zurllckgewiesen, weil sie den beson deren Nachweis einer Versäumnis vermißte. Der betreffende Fabrikant hatte darauf Beschwerde eingelegt, und dieser hatte nun das Oberlandesgericht zu Celle stattgegeben, und zwar aus Gründen, die nicht nur auf diesen einzelnen Fall zu treffen, sondern denen eine grundsätzliche Bedeutung beizu messen ist. Zur Motivierung dieser Entscheidung wird des Eingehenderen ausgeführt, daß die Annahme vollkommen in der Luft schwebe, jeder Fabrikant könne sich für einen ganzen Tag aus seinem Geschäfte entfernen, ohne hierdurch eine Einbuße zu erleiden. Wäre das richtig, dann müßte man es als Regel an nehmen, daß ein solcher Fabrikant dieeigeneArbeitskraftüberhaupt nicht verwerte, daß ec nirgends mit anfasse, um die laufenden Geschäfte zu erledigen, sondern daß er sich darauf beschränke, Anweisungen zu erteilen und deren Durchführung zu über-
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