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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.04.1901
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1901-04-16
- Erscheinungsdatum
- 16.04.1901
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- Deutsch
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Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 3029 Nichtamt! Vom japanischen Holzschnitt. Im Kunstgewerbemuseum zu Köln ist zur Zeit eine etwa 229 Nummern umfassende, außerordentlich interessante Sammlung von japanischen Holzschnitten ausgestellt, die auch noch den ganzen Monat Mai zu besichtigen sein wird. Sie stammt zumeist aus dem Besitze des Herrn S. Bing in Paris (mehrere der hervorragendsten Blätter gehören Herrn Professor Öder in Düsseldorf, andere dem Kölner Museum) und ist so vollständig, daß sie die ganze interessante Geschichte des japanischen Farbenholzschnittes zur Anschauung bringt. Diese Geschichte ist wesentlich jünger als diejenige des deutschen Holzschnittes, denn sie beginnt erst mit dem sieb zehnten Jahrhundert. Interessant ist. daß sie gerade den umgekehrten Entwicklungsgang durchgemacht hat, den der deutsche Holzschnitt verfolgte. Dieser entstand im fünfzehnten Jahrhundert aus der farbenprächtigen Miniaturmalerei, und die Lust an malerischer Wirkung wird von ihm sehr früh befriedigt. Tragen doch die ältesten bekannten und datierten farbigen Holzschnitte, der hl. Christoph und Venus mit Amor von Lukas Cranach, die Jahreszahl 1506. Die Anwendung der Buchdruckerpresse leitete aber die Entwickelung mehr und mehr zum Schwarzdruck, weil mit dem Bilds ja meistens auch Text gedruckt wurde. Dieser Umstand fiel in Japan im wesentlichen fort — es handelt sich hier um Bildwerke, die mit der Malerei als selbständige Kunstwerke konkurrieren wollen — und deshalb bemerken wir hier die Vervollkomm nung des Holzschnittes in der Art, daß er stufenweise vom einfarbigen zum mehrfarbigen mit immer bedeutenderer Farbenwirkung emporsteigt. Der Holzschnitt repräsentiert deshalb auch für uns, die uns dis ostasiatische Malerei schwer zugänglich ist. die japanische Kunst überhaupt, die Kunst also, die durch das Medium englischer und französischer Künstler einen so großen Einfluß auf die jüngste Entwicke lung des europäischen und besonders auch des deutschen Kunstgeschmacks ausgeübt hat. In drei Perioden wird die Geschichte der künstlerischen japanischen Holzschneidekunst in der Ausstellung geschieden. Von 1675 bis etwa 1750 treten uns Schwarzdrucke ent gegen. die freilich teilweise mit der Hand koloriert sind. Das sind die sogenannten Lackbilder (Uruschiye). Noch eine weitere Verschönerung hat man schon damals zu erreichen versucht, nämlich durch Auftrag von Gold und Bestreuen des Bild grundes mit mattschimmerndem Perlmutterpulver (Mika). Der früheste der ausgestellten Holzschneider ist der Zeichner. Illustrator und Maler Hishikama Moronobu, der von 1675—1715 lebte und die handwerksmäßige Buchillustration des siebzehnten Jahrhunderts zur Kunst erhob. Bei ihm und seinem Schüler Okumura Masanobu überraschen schon die Sicherheit der Zeichnung, der leichte Fluß der Gewänder und die noch nach heutigen japanischen Begriffen anatomische Richtigkeit der Darstellungen. Man muß sich freilich gegen wärtig halten, daß die orientalische Kunst in ihrer ganzen Geschmacksrichtung von der abendländischen wesentlich ver schieden ist. Nach unserer Anschauung haftet auch den neuesten japanischen Schöpfungen auf dem Gebiete der zeich nenden Kunst eine gewisse Unfertigkeit an. die aber von dem Japaner durchaus nicht empfunden wird. Sein Kunst sinn begnügt sich im wesentlichen mit den schars betonten und charakteristischen Konturen, und der Gegensatz von Schatten und Licht, den bei uns vielleicht Dürer zum ersten mal zur Geltung gebracht hat und der seitdem für uns ein Wesentliches für diese Kunst bedeutet, dünkt dem Japaner entbehrlich. So erscheint uns der japanische Holzschnitt mehr AchNmdsechzigster Jahrgang. icher Teil. als dekorativer Flächenschmuck, denn als Ersatz für eine plastische Wiedergabe des Dargestellten. Einen wie ausgesprochenen Charakter diese Kunst schon in jener ersten Periode gehabt hat. geht aus der Thatsache hervor, daß es schon damals Kunstschulen gab. so die des Okumura und des Torii Kiyonobu. Die Mitglieder solcher Schulen setzten nach japanischer Sitte den Namen der be treffenden Kllnstlerfamilie, ihres Hauses, vor ihren Eigen namen oder bedienten sich auch häufig des Pseudonyms, dessen erster oder zweiter Bestandteil dem Namen des Schul hauptes entlehnt wurde. So heißt z. B. ein Schüler von Okumura Masanobu: Okumura Toshinobu. In den ersten Zeitabschnitt fällt auch die Erfindung des Farbenholzschnitts. Man schreibt sie einem Schüler Masa- nobus: Nishimura Shigenaga zu. der 1743 zum erstenmal beim Druck zwei Farbenplatten angewandt haben soll. Die Ausbildung des mehrfarbigen Druckes führt in der zweiten Periode, die von 1750—1800 gerechnet wird, zu der höchsten Blüte der japanischen Holzschneidekunst, deren Höhepunkt das Schaffen Kiyonagas von 1775—1790 darstellt. Bei ihm und dem ihm geistesverwandten Koriusai findet sich auch das Landschaftsmvtiv zum erstenmal in größerer Auffassung, während bis dahin Gegenstand der Darstellung fast aus schließlich das Interieur bezw. Genrebild ist. Auf den meisten dieser Landschaftsbilder, die übrigens fast alle irgend eine bewegte Menschendarstellung im Vordergründe zeigen, steigt der schneegekrönte Fujiyama aus, jener gleichmäßige Vulkan südwestlich von Tokio, der wohl das Muster eines schönen Berges nach japanischem Geschmack abgiebt. Die beiden zu letzt genannten Künstler bevorzugen übrigens das heute bei uns wieder modern gewordene schmale Hochbild, das so genannte Pfostenbild. Nach Seidlitz' Geschichte des japanischen Farbenholz schnittes machte in dieser Periode Suzuki Harunobu. der von 1755 bis 1775 thätig war. um das Jahr 1765 die, für die ungemein fruchtbare Blütezeit im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts äußerst wichtige Erfindung des in Farben und Plattenzahl unbeschränkten Buntdruckes. Die genannte Jahreszahl tragen mehrere seiner vielfarbigen Drucke, die übrigens sowohl in der Schönheit der Linienführung, als auch in Bezug auf die Farbenabstimmung unübertroffen sind. Bemerkenswert ist noch, daß sich hier sehr viele Dar stellungen von Schauspielern finden. Ueberhaupt verarbeitet der volkstümliche japanische Holzschnitt, sehr im Gegensatz zum deutschen, religiöse und geschichtliche Motive nur selten. Er sucht seinen Darstellungskreis mehr im alltäglichen irdischen Leben. Die dritte Periode von 1800—1850 wird als ein Zeit raum des Niederganges bettachtet, wenn auch die Schaffens zeit zweier der bedeutendsten japanischen Holzschnittkünstler: Hokusai und Hiroshige in diese Periode fällt. Die Land schaft findet sich nun allgemein in den Darstellungen. Aber der Naturalismus, der jetzt in die japanische Kunst eindringt, ist vom japanischen Standpunkt und im Zusammenhang mit der bisherigen Entwickelung das Prinzip des Rückschritts. Der in Europa am meisten bekannte japanische Holz schnittkünstler ist Katsushika Hokusai. der. 1760 in Ueddo geboren. 90 Jahre alt geworden ist und welchem Ed. de Goncourt eine eingehende Biographie gewidmet hat. Diese Schätzung teilt sein Volk übrigens nicht. Seine realistischen Darstellungen sind mehr dem europäischen als dem japani schen Geschmacke angepaßt; die ideale Schönheit der Linie, eine der wichtigsten Normen japanischer Zeichenkunst, geht dem Jnselvolke über die absolute Wahrheit der Darstellung oder die malerische Wirkung. 395
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