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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1880-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1880
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- Deutsch
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Kampfe ums Dasein. Haben sie auf mancherlei Schleichwegen es als Sortimenter zu einem kleinen Lager gebracht, auf welchem die Belletristik natürlich bei weitem überwiegt, so suchen sie, unbeküm mert um die bösen Folgen für die Gesammtheit, und ebenso wenig für ihre Verpflichtungen gegen die creditirenden Verleger sorgend, um jeden Preis Kunden an sich zu ziehen, und überbieten einander im Verschleudern ihrer Waare. Man geht von 10 bis über 20U Kundenrabatt hinaus, ja, manche Werke, die im Selbstverläge von Gelehrten erschienen waren, welche des Verlages überdrüssig oder ihrer Anlagecapitalien bedürftig geworden sind, werden dem Publico mit SO und mehr Proc. vom Ladenpreise öffentlich angeboten. Von Rücksicht auf den noch vorhandenen Bestand an solchen Werken aus an deren Sortimentslagern ist keineRede — so macht man Hunderte von nicht immer werthlosen Werken zu wahrer Maculatur. Buchbinder, welche kaum Geschriebenes zu lesen im Stande sind, werden von jenen Leuten zu „Commissionärs" gemacht; dieselben nehmen keinen Anstand, den bei ihnen einkchrenden Käufern die von den Buchhänd lern erhaltenen Originalnoten zu zeigen. Wer nun ein gewitzigter Kunde ist, wendet sich alsdann an den Buchhändler selber und for dert und erhält auch bei entsprechendem Bedarf an Literatur die selben Preise, welche der betreffende Buchbinder oder Kommissionär von der ihn versorgenden Handlung genießt. Den Nachdruckern, welchen trotz aller aufgewandten Mühen das Handwerk nicht zu legen ist, widmen die Inhaber erwähnter Handlungen ein besonderes Wohlwollen. Denn jene gewähren durchschnittlich 40 A>, bei einer Entnahme von Büchern im Werthe von 25 Thalern und darüber sogar SOU Rabatt; in Ansehung der keineswegs schlechten Ausstattung nachgedruckter Bücher, welche nur zu oft diejenige der Originalwerke um ein Beträchtliches übertrifft, ist jener Rabattsatz ein enormer Nutzen, wodurch der Schleuderei Thor und Thür geöffnet wird. Solchen Verhältnissen und Einflüssen gegenüber hat der ehrenwerthe Sortimenter einen ungemein schwierigen Stand. Zu nächst häuft sich aus seinen Scheitel von jeher ein volles Maß allen Unglücks, das den Buchhandel trifft. Bis vor dreißig Jahren, klagt ein alter Herr zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts, hatte ein Sortimentsbuchhändler noch eine im Verhältniß zur Gegenwart goldene Zeit; jetzt ist jeder Einsichtige davon überzeugt, daß der Sortimentshandel in IS bis 20 Jahren von Grund aus vernichtet sein wird. An seinem Ruin arbeiten die mannigfaltigsten bösen Kräfte. Zunächst der neue Geschäftsbrauch, welchen der Verlags buchhandel in erster Reihe bestimmt. Dieser hat sich schon län gere Zeit von den alten, richtigen Bahnen ab- und einer neuen schlechteren Praxis zugewandt. Aus dem ehemaligen Tausch verkehr, in welchem die Norm galt, selbstgedruckten Verlag gegen anderen umzutauschen und die Differenz oder den Ueberschuß unter Abzug des üblichen Drittels mit Geld zu begleichen, hat sich allgemach der arge, sogenannte Nettohandel entwickelt, das Schoß kind der „reinen" und zwar namentlich Leipziger Verlagsbuchhand lungen , welche bloß gegen Zahlung ihre Druckwerke verabfolgen, ohne dem verlegenden Provinzialen auch nur für einen Heller von seinen eigenen Artikeln abzunehmen. Alles, was er zur Ostermesse „geschrieben" (so der damalige Ausdruck für unser „verschreiben") hat. muß der Sortimenter behalten; irgend welche Remissions berechtigung erkennt der Verleger nicht an; ja mit empörender Härte fordert derselbe zur folgenden Jubilate-Messe den ganzen Saldo (ohne einen Ucbertrag zu gestatten) und zwar im 20Gulden- Fuße, nicht in Reichsgeld oder im 24Gulden-Fuße, worin doch der Käufer bezahlt zu werden pflegt. Wie schon erwähnt, sitzen in Leipzig die meisten dieser Nettohändler. Mehr als 40 „Ver- lagssabriken" gibt es dort — unter ihnen über 20 in neuester Zeit entstandene — welche elendes Zeug zu hohen Preisen aus schwe rem Papier, aber in so kleinen Auflagen drucken, daß in den weit aus meisten Fällen bei der raschen Folge der Auflagen dem Sorti menter einige von den erworbenen Exemplaren auf dem Lager zu Maculatur werden. Unter diesen Verlegern ist der „in noch mehrerer Beziehung merkwürdige" Weygand der schlimmste. Die lässige Befolgung der Vorschriften der Verleger seitens des Sorti menters hat Entziehung des Kredits zum Gefolge, und doch ist dieser der Lebensnerv des ganzen Handels. Auch die Einführung von Partiepreisen, deren Genuß sich die meisten Handlungen wegen ihres bescheidenen Absatzes versagen müssen, hat ungemein viel verdorben. Sie ermöglichen die eigent liche Schleuderei gewisser Firmen und legen jede Thätigkeit der klei neren Geschäfte lahm. Das Unwesen der Pränumerationswerkc, namentlich die Sitte mancher Verleger, mit dem Sammeln von Subscribenlen Privatpersonen zu betrauen und den gewöhnlichen Viertel-Rabatt hieran nicht in Geld, d. h. durch eine entsprechende Gutschrift, sondern durch Bücher (iu natura) zu vergüten, hat den Verkehr tief geschädigt, alle Verwendung für derartige Erscheinungen höchst unerquicklich gemacht; kommt es doch vor, daß der ganze Nutzen an schweren Werken lediglich in der Kursdifferenz besteht. Nahezu unerschwinglich sind auch die Frachtkosten geworden, die dem außer halb Leipzigs wohnenden Sortimenter dadurch erwachsen, daß die wenigsten größeren provinziellen Verleger sich in anderem Falle als während der Dauer der Messe zu Franco-Lieferung nach Leipzig verstehen wollen. Ebenso ist es unbillig, daß der Besteller sowohl für An- als Rückschreiben die „Briefports" tragen soll. — Diese Auslagen ergaben allerdings in jener Zeit, wo ein bescheidenes Bändchen, auf eine Entfernung von ca. 60 Meilen als Brief versandt, 14 gute Groschen Porto trug, alljährlich eine nicht geringe Summe. Freilich waren die Frachtkosten damals nominell nicht sehr viel höher, als gegenwärtig; so kostete ein Centner Bücher von Bonn nach Berlin etwa 2>4, von Leipzig bis ebendahin ca. 1 Thalcr. Hierzu traten allerdings mancherlei Abgaben sür Spediteure, Waagemeister, städtische Accise und — bei ausländischen Büchern— Zoll, welche wir heute kaum mehr kennen. Trotz dieser bekannten Thatsachen wird von Seiten mancher Verleger und namentlich gelehrter Gesellschaften die Gefälligkeit eines Sortimenters, was die Besorgung von Beischlüssen betrifft — in so ausgedehnter Weise in Anspruch genommen, daß er von der Verbindung mit namhaften Gelehrten seines Geschäftskreises oft wenig mehr Vergnügen genießt, als die Erstattung seiner Porto auslagen für allerhand Beipackungen. Es kommt aber auch vor, daß der Adressat die Annahme derselben verweigert, und der ge zwungene Commissionär mag zusehen, wie er sich für seine Mühen und Kosten entschädigt. Zieht man alles das in Betracht und erwägt serner, welche Unkosten aus dem sonstigen Geschäftsbetriebe erwachsen: Saläre für die stets anspruchsvoller werdenden Gehilfen, deren Forderungen ihre Leistungen um ein Unbilliges überragen, die Kosten sür einen dreiwöchentlichen Besuch der Leipziger Messe, welcher, mäßig ge rechnet, 200 Thlr. beansprucht, unvermeidliche Verluste und dergl., so liegt klar auf der Hand, daß ein Rabatt von 33s4 U vom Ordinär preise nicht mehr genügt. Und doch droht noch eine Schmälerung dieses Nutzens im Laufe der Zeit einzutreten, welche dem Sorti menter das Lebe« vollends unmöglich machen wird. Ein bedeut samer Schritt ist in dieser Richtung schon damit gethan, daß manche Verlagshandlungen die dem Sortimenter unentbehrlichen Fort setzungen nur noch gegen baar verabfolgen (i. I. 1795). Den schlimmsten Krebsschaden am eigenen Leibe hat allerdings der Sortimentsbuchhandel selber großgezogen, unheilbar gemacht. Das ist der nachgerade unmäßig gewordene Kundenrabatt. Zu
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