Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1888
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- 1888-05-23
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- 23.05.1888
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2562 Nichtamtlicher Teil. ^ 116. 23. Mai 1888. sprechender Farbstoffe, wieder zu vereinigen. Aber er wählte dazu das Pigment- (Kohlcdruck-) Verfahren, welches sich polychrom wohl für ein interessantes Experiment verwenden lassen mag, nicht aber in der Praxis. Jos Albert in München kam der Lösung um eineu Schritt näher, indem er statt des Pigmentdruckes den Lichtdruck an wendete. Er machte, wie Ducos, nach einem farbigen Gegenstände vier Negative und zwar: 1) durch ein rotgelbes Glas für die blauen Töne, 2) durch ein grünes Glas für die roten Töne, 3) durch ein violettes Glas für die gelben Töne, 4) ein gewöhnliches Negativ für Hell und Dunkel. Hiernach fertigte er vier Lichtdruckplatten, die, mit den ent sprechenden Farbentönen nacheinander abgedruckt, die Gesamt stimmung des Originals wiedergeben sollten. Vor keinem Opfer zurückschreckend und stets durch vereinzelte glückliche Erfolge in seiner Idee bestärkt, hat Albert diesem Ziele rastlost zugestrcbt, aber wenig Dank dafür geerntet Der technischen Schwierigkeiten ans diesem Wege war kein Ende; die für den Betrieb unerläßliche Sicherheit wurde durch zahllose Zufälligkeiten in Frage gestellt, die Herstellungskosten waren sehr hoch und leider die Ergebnisse selten künstlerisch befriedigend. Die Farben wirken eben auf unser Auge anders als auf chemische Stoffe. Alberts Bemühungen sind aber doch nicht erfolglos geblieben; sie förderten die Erfindung des isochromatischen Negativs, durch welches man die Farben in ihrem Tonwerte wiederzugeben vermag, und gaben durch das Aussehen, welches die Sache damals hervor rief, eine bedeutende Anregung zu weiteren Versuchen im Farbcn- lichtdruck. In dieser Richtung ist Namentlich Obernetter mit Erfolg thätig gewesen. Er machte vier völlig gleiche Negativ-Aufnahmen, und deckte auf dem ersten, für die blauen Töne bestimmten Negativ alle Stellen zu, die keme blaue Farbe annehmen sollten. In gleicher Weise wurden die für rot und gelb bestimmten Negative behandelt und die danach gefertigten Lichtdrnckplatten nach Alberts Methode in Farben nacheinander abgedruckt Das vierte Negativ lieferte die sogenannte Konturplatte, welche die Farbenwirkung einheitlich abschloß Auf diesem Wege haben sich im Laufe der Jahre noch mancherlei Veränderungen und Verbesserungen ergeben, mit denen man sehr erfreuliche Resultate erzielte. Vier Platten genügen jetzt allerdings nicht mehr, man braucht deren fünf bis sieben, erreicht damit aber eine Farbenwirkung und Modellierung, wie sie im lithographischen Farbendruck nur mit dreifachem Aufwand zu beschaffen sein würde. Den Farbenlichtdruck hat namentlich Albert Frisch in Berlin cisrig gepflegt, wie aus den vorzüglichen Probeblättern hervorgeht ^Naturaufnahmen und Faksimile), welche sich in der Ausstellung in einem prächtigen Album vereinigt finden Auch die Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft in München hat sich diesem Verfahren zugewendet. Das Madonncnbildchen, welches diese Firma dem neuesten Jahrgange von Schulz' Adreßbuch beigegeben hat, wird uns jetzt — eine Zierde der Ausstellung — auch in großem For mate vorgesührt, leider ohne nähere Angabe der Herstellungsart, sodaß wohl mancher Besucher achtlos daran vorübergegangen ist. Bisher ist der Farbcnlichtdruck nur wenig bekannt geworden, und gewöhnliche Buntdrucke wird man auch künftig auf anderem Wege Herstellen. Es liegt schon in den Schwierigkeiten dieser Technik und in den dadurch bedingten Herstellungskosten, daß der Farbcnlichtdruck nur als ein vornehmes Jllustrationsmittel eine beschränkte Verwendung finden wird. Mit der Vervollkommnung im Ätzverfahren hat auch der typographische Farbendruck von Zinkplatten eine größere Bedeutung erlangt. Bisher hat man sich meistens des lithographi schen Umdrucks bedient, um das in einzelne Farben zerlegte Bild auf Zinkplatten zu übertragen und sodann — in seinen einzelnen Teilen — für typographischen Druck durch Ätzen hoch zu stellen. Ein von der Firma Julius Sittenfeld in Berlin ausgestelltes ! Probeheft giebt uns einen genauen Einblick in die Herstellung eines solchen Chromodrucks mit neun Farben. Dasselbe veranschaulicht zunächst die Beschaffenheit der verschiedenen Ziukplatten und sodann den fortschreitenden Druck bis zur Vollendung. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der in so großer Mannigfaltigkeit bestehenden Verfahren ist es sehr wünschenswert, auch einen Einblick in die technischen Vorgänge zu gewinnen. Nichts ist dazu mehr geeignet und dem Zweck der Ausstellung entsprechend, wie diese dankenswerte Vorführung der Entwickelungsstufen. Für große Auflagen stellt sich das Verfahren billiger als Chromolithographie, auch geht das Drucken weit schneller von statten. Dasselbe erleichtert daher die Aufnahme farbiger Bilder in den Text, wie sie namentlich bei Jugendschriften Vorkommen, und eignet sich vorzugsweise sür den Druck von Landkarten, die, wie z B. der Andreesche Atlas, in großen Auflagen hergestellt werden. Der typographische Farbendruck ist eine »Spezialität« im Geschäftsbetrieb. Nicht jede Buchdruckerei, und wenn sie auch sonst vorzüglich eingerichtet ist, wird im stände sein, dieses Verfahren bis zur Grenze des Erreichbaren auszuüben, da dies nur ein durch be ständige Übung geschultes Personal zu leisten vermag. In noch höherem Grade mag dies für den autotypischen Buchdruck in Farben (Photochromie) zutrefsen, von dem Angerer L Göschl in Wien und Meisenbach in München in der letzten Ansstellung die ersten Proben vorführten. Außer diesen beiden Firmen haben diesmal auch Riffarth in Berlin und Bonsiod, Valadon L Co. in Paris photo-typographischen Farben druck ausgestellt. In den Proben dieser Anstalten findet man eine Fülle von Schönheit. Ein solcher Farbenschmelz ist auf der Buchdruckerpresse noch nie erzielt worden. Angerer L Göschl und H. Riffarth haben sür ihre ganz vorzüglichen Proben auch sehr ansprechende Gegenstände gewählt, während Meisenbach das Hauptgewicht auf die Erläuterung des Verfahrens gelegt hat. Derselbe giebt uns Farbenskalen und neben der Reproduktion auch ein Original (Aquarell), wodurch er zugleich den Beweis für die gelungene farbige Wiedergabe liefert. Vor vier Jahren wäre diese Gegenüberstellung wohl noch ein Wagnis gewesen. Bei geringen Abweichungen in Einzelheiten ist doch die Gesamt wirkung sehr befriedigend wiedergegeben, und wenn man die Neuheit des Verfahrens und den gewiß außerordentlich schwie rigen Weg bis zur technischen Vollendung berücksichtigt, so muß man dies doppelt anerkennen. Neben der einfachen Farbenskala hätten wir gern auch noch veranschaulicht gesehen, wie die Vereinigung der Farben stufen weise zur Vollendung des Bildes fortschreitet. In dieser Weise würde das Verfahren noch besser vor Augen gestellt; so hat uns Alb. Frisch in Berlin (in dem Buchgewerbe-Museum) den Farben lichtdruck vorgesührt, das Bibliographische Institut die Chromo lithographie und, wie bereits erwähnt, Jul. Sittenfeld in Berlin die bisherige Art des typographischen Farbendrucks. — Es wäre sehr wünschenswert, daß alle diese Skalen im Buchgewerbe- Museum eine bleibende Stätte fänden. Ein ebenfalls in photo-typographischem Farbendruck meister haft ausgesührtes Blatt in großem Format flroinpotts cks itrauono) lieferten Boussod, Valadon L Co. in Paris Hier ist unzweifelhaft das flott gemalte Original ebenfalls mit großer Trene bis in das Detail der keck geführten Pinselstriche wiedcr- gegebcn; sogar das Pastose der Farbe ist deutlich wahrzunehmen. An der gegenüber liegenden Wand wird der Blick durch die große Porträtfigur der Königin Luise (nach einem Gouachcgemälde) gefesselt, welches Angerer L Göschl in Wien ausgestellt haben. Das Bild ist mit einer phototypischen und einer Tonplatte ge druckt und schon wegen des ungewöhnlich großen Formates eine bedeutende Leistung der Zinkotypie Diese beiden Blätter — das Pariser wie das Wiener — geben so, wie sie hier unter Glas und Rahmen vorgeführt werden, einen beachtenswerten Hinweis auf die Verwendbarkeit typographischer Erzeugnisse als Wand- und Zimmerschmuck.
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