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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.02.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-02-24
- Erscheinungsdatum
- 24.02.1912
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. Brauchen wir eine Deutsche Autoren- und Ver leger Kammer? Von Friedrich Huth Herausgeber der Zeitschrist „Geistiges Eigentum". sVgl. Nr. LO, SI, 3S u. 42.> Die in Nummer 2V und 21 des Börsenblattes veröffent lichte »Denkschrift betreffend die Einrichtung einer Deutschen Autoren- und Verlegerkammer« von vr. Walter de Gruyter gibt mir Veranlassung, mich auf Grund meiner Erfahrungen zu diesem Gegenstände zu äußern; doch liegt es mir völlig fern, hier ausschließlich den Standpunkt der Autoren den Verlegern gegenüber zu betonen, vielmehr interessiert mich ausschließlich die Frage, ob auf dem von Herrn I)r. de Gruy ter vorgeschlagenen Wege praktische Resultate erzielt werden können. Obwohl ich selbst Vorsitzender eines Schiedsgerichts bin, muß ich vor allen Dingen bekennen, daß ich von Schieds- und Ehrengerichten im allgemeinen nicht viel halte, und zwar vor allen Dingen deshalb nicht, weil erfahrungsgemäß die strei tenden Parteien sich viel lieber an die ordentlichen Gerichte wenden, um nicht den Kollegen Einblick in ihre geschäftlichen Verhältnisse und Beziehungen, ihre geschäftlichen Manipula tionen usw. zu gestatten, und es andererseits auch kein Mittel gibt, jemanden zwangsweise einem Schiedsgericht zu unter werfen. Selbst wenn wir z. B. annehmen, daß der Ver legerverein in seine Satzungen eine Bestimmung aufnehmen könnte, durch welche die Mitglieder gezwungen wären, in Streitfällen mit Autoren sich der zu bildenden Kammer zu unterwerfen, so gäbe es doch noch kein Mittel, die in zahl reichen Vereinen und Verbänden verschiedener Richtung zu sammengeschlossenen Schriftsteller zu veranlassen, sich dieser Kammer zu stellen. Und solange es von dem Willen der beiden Parteien abhängt, sich einem Schiedsgericht zu unter werfen, bekommt dieses nur selten etwas zu tun. Wenn aber ein derartiges Schiedsgericht nur hin und wieder einmal in Tätigkeit tritt, so kann wahrlich von der Ausschaltung der Gerichte, wie es doch die Absicht des Herrn vr. de Gruyter ist, nicht gut die Rede sein. Dazu kommt, daß die verschiede nen Schriftsteller-Vereine und -Verbände ihre eigenen Schieds- und Ehrengerichte besitzen, die nun erst wieder durch besondere Maßnahmen ausgeschaltet werden müßten, um einer erst zu gründenden Autoren- und Verlegerkammer den nötigen Einfluß und das weite Arbeitsfeld zu sichern. Damit komme ich zum Arbeitsgebiet der Kammer. Eine Trennung des Buchverlags und der Presse ist meines Er achtens schon deshalb nicht durchführbar, weil zahlreiche Streitfälle gerade das Verbreitungsrecht des Verlegers be treffen, also die Frage, ob seine Rechte sich nur auf den Buch verlag oder nur auf die Presse oder aus Buchverlag und Presse erstrecken, und weil es sehr zahlreiche Verleger und Autoren gibt, die sich weder auf das eine noch auf das andere Gebiet beschränken. Also eine Verleger- und Autorenkammer müßte, wenn sie überhaupt eine Bedeutung für die gesamte Rechtsprechung aus unseren Fachgebieten gewinnen soll, alle Interessen der Verleger und Autoren umfassen. Nun möchte ich vor allen Dingen einmal die Ehrenge richte von den Schiedsgerichten getrennt wissen. Beide Gegenstände haben, ganz objektiv betrachtet, gar nichts mit einander zu tun. Man muß sich gegenwärtig halten, daß in den verschiedenen Berufskreisen gewisse Handlungen als un- redlich oder unehrenhaft gelten, die diese Charakterisierung nur in Rücksicht auf das Ansehen des Standes oder in Rück sicht auf das Fortkommen der Kollegen verdienen. Derartige Dinge können nur Berufsgenossen entscheiden, und deshalb Börsenblatt ftlr den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. werden Ehrengerichte geschaffen, die darüber zu urteilen haben, ob der Betreffende noch dem Kreise der organisierten, als ehrenhaft anerkannten Berufsgenossen zugezählt werden darf. Von den ordentlichen Gerichten können diese Entschei dungen nicht getroffen werden, weil die Gesetze selbstverständ lich nicht dem Ehrenkodex der einzelnen Stände angepaßt werden können. Daraus ergibt sich, daß die Schriflftcllcr- und Verlegervereine immer nur ihren eigenen Ehrenrat be sitzen können; denn die Berufsehre der Schriftsteller und der Verleger deckt sich ebensowenig wie die Berufsehre der Offi ziere und der Rechtsanwälte, obwohl natürlich in manchen Punkten Übereinstimmung herrscht. Solch ein Ehrengericht braucht meines Erachtens jeder Verein und jede Korporation; ich meine aber, daß es doch immer nur über eigene Mitglieder aburteilen kann — denn über eine außenstehende Person, die sich nicht freiwillig dem Ehrengerichte unterwirft, kann es doch nicht urteilen. Ein derartiges Urteil über einen Angeschuldigten, der nicht vernommen ist, würde auch prak tisch ganz ohne Bedeutung sein und von den Gerichten aus Antrag auch unbedingt aufgehoben werden, wie ich leicht durch Hinweis auf ein Kammergerichtsurteil beweisen könnte. Diese Ehrengerichte bestehen ja nun bereits, können auch durch neue Gründungen vermehrt werden, aber ihre Macht befugnisse sind, wie ich hier erläutert habe, naturgemäß sehr beschränkte, und ich vermag nicht einzusehen, warum man eine Autoren- und Verlegerkammer, die viel wichtigere Dinge zu tun hätte, damit belasten sollte. Nun komme ich zu der zweiten Frage, ob eine Deutsche Autoren- und Verlegerkammer als Schiedsgericht notwendig ist. Wenn die Regierung sich dazu bestimmen lassen könnte, Autoren- und Verlegerkammern nach Art der Kaufmann- schaftsgerichte zu schaffen, so daß die Interessenten gezwungen wären, ihre zivilrechtlichen Streitigkeiten vor diese Kammern zu bringen, so würde ich, schon der schnelleren Erledigung der Streitfälle wegen, mich für einen derartigen Plan erwärmen — denn der Vorsitzende, der ja immer ein Jurist ist, sorgt schon dafür, daß die Beisitzer sich wieder auf der durch die gesetzlichen Bestimmungen festgelegten Linie zusammenfinden. Wenn aber die Autoren- und Verleger-Kammer nichts weiter sein soll, als ein Schiedsgericht, das sich die Autoren- und Verleger-Organisationen selbst schaffen, und das überhaupt nur in Tätigkeit treten kann, wenn sich beide Parteien willig diesem Schiedsgericht unterwerfen, so vermag ich mich für dieses Projekt nicht zu begeistern. Das Mißtrauen zwischen Verlegern und Autoren, das Or. de Gruyter ganz richtig psychologisch begründet hat, ist eben so groß, daß sich die Parteien, wenn sie keinem Zwang unterworfen sind, lieber den Gerichten unterwerfen, denen sie Mangel an Sachkenntnis vorwerfen, als den Richtern ihres eigenen Berufskreises. Und dieses Mißtrauen richtet sich nicht nur gegen die Beisitzer der anderen Partei, sondern auch gegen die eigenen Fach kollegen. Man kennt ja die geschäftlichen Beziehungen der selben nicht und befürchtet stets eine Voreingenommenheit. Ich will hier gar nicht untersuchen, wie weit diese Besorgnis be gründet ist oder nicht. Es genügt zu wissen, daß die Schieds gerichte eben infolge dieser Besorgnis zu wenig in Anspruch genommen werden, und daß somit der edle Zweck einer der artigen Einrichtung nicht erreicht werden kann. Es würde zu einigen Dutzend Schiedsgerichten in den Berufskreisen der Verleger und Autoren dann eben nur ein neues Schiedsgericht hinzukommen. Also dafür könnte ich mich nicht erwärmen; und dennoch bin ich für die Schaffung einer Autoren- und Verleger-Kam mer; nur denke ich mir dieselbe nicht als eine selbständige rechtsprechende Körperschaft, sondern als sachverständige vor- 318
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