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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.02.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-02-24
- Erscheinungsdatum
- 24.02.1912
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- Deutsch
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kammcr der ordentlichen Gerichte. Es ist richtig, daß die Kgl. Literarische Sachvcrständigenkammer nur Entscheidungen auf Urheber- und oerlagsrechtlichem Gebiete trifft oder treffen lau», und ich habe selbst schon als Sachverständiger neben der Kgl. Sachverständigenkammer fungiert, um mich über Ver kehrsfragen der Presse bzw. des Nerlagsbuchhandels auszu- sprcchen. Derartige Prozesse zeigen immer wieder, wie sehr cs den Richtern an einer Kenntnis der bezüglichen Verhältnisse fehlt, und wie lange es dauert, ehe sie sich in die Materie hineinftnden. Die größten Mißverständnisse ergeben sich aber namentlich dann, wenn der Richter gerade in dem Be streben, völlig unbefangen zu sein, sich aus der Liste der ge richtlichen Sachverständigen einen Herrn herausgreift. Da passiert es nicht selten, daß der Sachverständige für graphische Technik über Verkehrsfragen der Literarischen Bureaus, der Sachverständige für Jnseratcnwesen über Verkehrsfragen der Berichterstatter, der Feuilletonist über den politischen Teil, und der Buchverleger über Korrespondenzwesen befragt wird. Der Richter hat natürlich keine Ahnung, daß Buchhandel und Pressewesen so vielgestaltig sind, daß fast jeder nur mit seinem Spezialgebiet vertraut ist, und daß der Herausgeber einer Fachzeituug für Dachdecker und Klempner genau so gut über die Herstellung eines Konversationslexikons oder über die Tätigkeit eines Kriegsberichterstatters unterrichtet ist, wie der Reichskanzler über die Fabrikation des Schnupftabaks. Daß aber die Herren dennoch dem ehrenvollen Ruf als Sachver ständige folgen, liegt einfach daran, daß jeder von ihnen sich wirklich einbtldet, das riesige Fachgebiet zu beherrschen. Es ist dies eine vom Richter ausgehende Suggestion. In der Liste des betreffenden Gerichts stehen vielleicht fünf Sachverständige — und doch würden fünfzig sorgfältig ausgewählte Per sonen in ihrer Gesamtheit kaum ein so großes Gebiet be herrschen können. Eine aus Verlegern und Autoren der ver schiedenen Einzelgebiete zusammengesetzte Kammer, die nach dem Vorbild der Handelskammern ihre Gutachten auszufer tigen hätte, würde dieser ungleichen und schwankenden Rechtsprechung entgegenwirken. Die Richter würden schließ lich durch eine Sammlung von Gutachten die nötige Richt schnur erhalten, und die Parteien hätten nicht nötig, in jedem Prozesse ad nvo zu beginnen. Selbstverständlich müßte eine derartige Verleger- und Autoren-Kammer durch die Regierung sanktioniert und der Kgl. Literarischen Sachverständigenkam mer gleichgestellt werden. Wie nun eine solche Kammer zu organisieren wäre, dar über will ich mir heute noch keine Kopfschmerzen machen. Jedenfalls müßte eine derartige Institution gesetzlich geregelt werden, und es müßte Vorsorge getroffen sein, daß in dieser Kammer neben dem Buchverlag auch der Zeitschriften- und Zeitungsverlag durch mehrere Mitglieder vertreten ist. Die Interessen der Autoren müßten durch Politiker, Feuilleto- nisten, Romanschriftsteller, Fachschriftsteller der verschieden sten Gebiete usw. usw. gewahrt werden, um einer derartigen Kammer wirklich praktische Bedeutung beimessen zu können. Da ich also keinen Weg sehe, die öffentliche Rechtsprechung auszuschalten, so möchte ich Vorsorge treffen, daß diese gerechter als bisher Licht und Schatten verteile. Denn der Richter will niemandem Unrecht tun; tut er es dennoch, so ge schieht es gegen seinen Willen, weil er nicht besser infor miert ist. Nun könnte einer derartigen Kammer auch das Recht ein- geräumt werden, schiedsgerichtliche Urteile zu fällen, sofern die Parteien sich darüber geeinigt haben, ob das schiedsge richtliche Urteil absolut entscheidend sein soll, oder ob die Autoren- und Verleger-Kammer nur die erste Instanz zu bil den habe, gegen deren Entscheidung die Parteien bet den ordentlichen Gerichten Berufung einzulegen vermögen. Die an den Kopf meiner Abhandlung gestellte Frage be antworte ich also dahin, daß wir eine Autoren- und Ver leger-Kammer sehr nötig haben, daß sie aber eine Besserung der Verhältnisse nur dann herbeizufllhren vermag, wenn sie entweder gesetzlich anerkanntes Gericht wtrd, das alle Rechts streitigkeiten dieses Gebietes zu entscheiden hat, oder wenn sie als beratende Sachverständigen-Kammer eingerichtet und von der Regierung als solche anerkannt wird, so daß alle Gut achten für gerichtliche Entscheidungen auf unseren Fachgebieten nur aus der Lit. Sachverständigen-Kammer oder der Autoren- und Verleger-Kammer hervorgehen dürfen, sofern nicht gar eine Entscheidung beider Kammern notwendig wird. Je nach Lage des Falles müßte also eine Sachverständigen-Gruppe aus den für die Kammer gewählten Männern gebildet werden. Auch in dieser Hinsicht fehlt es nicht an einem Vorbild: ich erblicke es in den zehn Fachabteilnngcn des Patentamts, die den verschiedenen technischen Fachgebieten entsprechen. Denn so vielgestaltig wie die technischen Erfindungen sind auch die Schöpfungen der literarischen Welt, die neben schöngeistigen Werken auch den Musikalien-, den Lehrmittel-, den Kunstver lag usw. umfaßt. Daraus ergibt sich von selbst die notwen dige Gliederung und Arbeitsteilung. Meine Vorschläge laufen also darauf hinaus, nicht die gerichtlichen Urteile auszuschalten, sondern sie auf ein besseres Fundament zu stellen. Mögen andere urteilen, ob nach ihren Erfahrungen die Rechtsprechung diese Reformen notwendig macht oder nicht. Die vorstehende Abhandlung war vollendet, als mir Nr. 35 des Börsenblattes mit dem Aufsatze des Herrn Victor Blüth- gen zuging. Ich glaube, daß die von Herrn Blüthgen mit geteilten Zahlen ja nur beweisen, wie notwendig eine Spe zialkammer ist, die alle diese Fälle mit wirklicher Sachkennt nis zu beurteilen vermag. Im übrigen erscheinen mir 55 ge richtliche Entscheidungen, die ein etwa 600 Mitglieder um fassender Schutzverband in einem Zeitraum von drei Jahren herbeiführt, nicht so bedeutend; denn ebensogut wie jeder Ge schäftsmann im Laufe des Jahres einigemal mit unsicheren Kunden zusammenstötzt, mutz dies auch dem Schriftsteller pas sieren, und ihm sogar um so mehr, weil er beim Abschluß von Verträgen, bei der Abfassung von Briefen usw. meist nicht mit der Sorgfalt und Sachkenntnis des Kaufmanns verfährt. Auch die »600 berechtigten Klagen«, die der Allgemeine Schriftstellerverein in einem Jahre einzuleiten für gut findet, haben mich nicht so sehr erschreckt; denn dieser Verein, der neben Berufsschriftstellern eine sehr große Zahl von Personen umfaßt, die nur im Nebenamt schriftstellerisch tätig sind, soll nach Angabe des Herrn Blüthgen 3000 Mitglieder umfassen. Demnach käme auf jedes fünfte Mitglied im Jahre ein ein ziger Prozeß. Das ist doch wahrlich nicht so fürchterlich, zu mal es auch Schriftsteller gibt, die wegen jeder Kleinigkeit eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen, wenn sie wissen, daß sie das Risiko nicht selbst tragen, sondern es auf die Schul tern des Vereins wälzen können. Eine große Zahl von Schriftstellerprozessen ist aber auch auf einen Mangel in der Organisation zurückzuführen. Es wird immer wieder Ver legern, die sozusagen unten durch sind, Kredit gewährt, weil die Autoren ihre Fachorgane nicht oder nicht aufmerksam lesen oder keine Auskunft einzuziehen Pflegen. Man kann aber die Aufgabe einer Rechtsabteilung auch anders auffassen. Die von mir geleitete Rechtsabteilung des Berliner Journalisten- und Schriststellervereins, der 150 Mitglieder umfaßt, hat jetzt höchst selten einmal eine Klage zu führen, obwohl ich natürlich eine sehr große Zahl von Mahnsachen zu erledigen oder Streitfälle zu begutachte habe. Ich suche die Mitglieder von unnötigen Prozessen zurllckzuhalten, namentlich wenn es sich um kleine Forderun gen handelt oder wenn die Zahlungsfähigkeit des Gegners
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