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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1884
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1884-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1884
- Sprache
- Deutsch
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^ 170, 23. Juli. Nichtamtlicher Theil. 3383 für den durch uns geschädigt sein sollenden Sortimenter ereifern, geschieht also wohl nur, um in jenen Kreisen Bundesgenossen gegen uns zu werben, und weil man diese für jetzt zur Ausführung der Versuche noch nicht entbehren zu können glaubt. Sollte jedoch einmal durch Verbesserung im Postwesen ein directer Verkehr mit dem Publicum ermöglicht sein, so dürfte die Bezeichnung „Schmarotzerthum, welches als Vermittler eigentlich eine überflüssigeRolle spielt", womit Sie, meine Herren, uns in Ihrem Abdruck der Handels- und Gewerbezeitung beehren, auch wohl mit demselben Rechte auf die Sortimenter an zuwenden sein. Ihre Versicherung, daß Sie weder die Existenzberechtigung noch die Nothwendigkeit der Leihbibliotheken bestreiten und nicht beabsichtigen, gegen uns Krieg zu führen, ist wohl nicht für uns be rechnet, sie harmonirt zu wenig mit obiger Bezeichnung. Auch stellen Sie an uns Anforderungen in Bezug auf den Preis, von denen Sie wissen müssen, daß wir sie nicht leisten können, wenn Ihnen nicht die genauere Kenntniß unserer Verhältnisse niangelt. Beinahe sollte Letzteres angenommen werden müssen, da Sie uns den Rath geben, eine Mehrgebühr für das Ausleihen Ihres Buches zu verlangen. Sie meinen, es stehe in gleicher Wcrth- schätzung wie erster Spargel und Kibitzeier. Wenn wir uns darauf berufen wollten, so würde man uns einfach mit dem Hinweis auf unseren Tarif antworten. Sollen wir dem Kunden, der doch zumeist sein Jahres- oder Monatsabonnement hat, vorschreiben, welches Buch er nehmen darf, und welches nicht? Oder sollen wir für einzelne Bücher Nachzahlungen erheben? Ihr Buch „Nicht für Kinder" würde in diesem Falle nur unsere Regale zieren; hat man doch auch sonst schon Mühe, Novellensammlungen überhaupt nur in die Hände der Leser zu bringen, weil solche wenig beliebt sind, wenn sie nicht aus berühmter Feder stammen. Sie meinen, das Mißverhältniß zwischen dem, was wir leisten müssen, und dem, was wir dafür erhalten, konnte nur so lange Zeit bestehen, weil wir die Bücher zu so billigen Preisen erwerben konnten. Das ist doppelt falsch. Das Mißverhältniß ist geworden mit der Zeit, da wir den fortwährend gesteigerten Ansprüchen an uns nicht Rechnung trugen, aus Furcht vor der Concurrenz, und die Ungeheuerlichkeit begingen, bei unseren Preisen der vierziger Jahre stehen zu bleiben, in Folge dessen wir nun nahe daran sind, daß die Wogen über unserem Kopf zusammcnschlagen. Hier liegt eine große Verschuldung, die der Leihbibliothekar trägt; denn es handelt sich ja nicht allein um ihn. Hieraus resul- tiren eben unsere unerquicklichen Zustände, die den Autor veranlassen, zur Selbsthilfe zu greifen. Sollte es dem Autor daher gelingen, die Leihbibliothek zu vernichten, so muß ich gestehen, daß wir nicht einmal das Recht haben, uns zu beklagen. Unrichtig dürfte weiter sein, daß wir die Bücher bisher zu billig erwarben. Die Preise, die wir bisher zahlten oder bezahlen sollten, waren für unsere Verhältnisse schon zu hoch, so daß wir nicht genügend Bücher anschasfen konnten, und daher der Absatz an uns von Jahr zu Jahr im Rückgang begriffen ist. Wenn auch der Bezug einzelner Geschäfte gegen früher ein weit gesteigerter ist, so glaube man nicht, daß diese den Ankauf allein ans der Einnahme an Lesegebühr decken. Der größere Theil muß durch den Wi eder- verkaufhereingebracht werden,und das ist wiederum ein Uebelstand, der auf das Allgemeine schädlich wirkt. Wenn Sie sagen: der Leihbibliothekar war naturgemäß ge zwungen billig zu verleihen, was er billig erwarb, — so stimmt das nicht mit dem von Ihnen im Vorsatz constatirten Mißverhältniß zwischen unseren Leistungen und der Gegenleistung des Publicums; abgesehen von der zweifelhaften Logik, daß wir aus dem Grunde naturgemäß gezwungen sein sollen, billig zu verleihen, weil wir »ach Ihrer Ansicht so billig erwarben. Ihre Erwiderung an den „alten Leihbibliothekar" liest sich ja für den, der nicht speziell mit der Sache vertraut ist, ganz gut; in dessen, meine Herren, um uns einen Weg zu zeigen, den berechtigten Ansprüchen der Verleger und Autoren zu genügen, ohne unsere Einnahme zu verringern und ohne dem Publicum unbillige Leistungen aufzuerlegen, dazu, erlauben Sie mir, müßten Sie genauere Kenntnisse unserer Verhältnisse besitzen, und diese fand ich zu meinem Bedauern in Ihrer Erwiderung nicht. Auch hören wir aus Ihrem Munde zuerst von berechtigten Ansprüchen der Verleger. Bisher sind aus diesem Kreise noch keine höheren Ansprüche laut geworden; auch dürften Wohl nur wenige Verleger Ihren Versuch für nachahmungswerth erachten. Was aber die Anforderungen an das Publicum betrifft, so dürfte es nicht unbillig sein, wenn wir diese beträchtlich steigern würden; wenn wir nachholten, was wir zu unserem und des Ganzen Nachtheil in unverantwortlicher Weise versäumt haben. In diesem Falle bedürfte es gar keiner anderen Reform. Hat sich der englische Autor etwa über die Leihbibliothek zu beklagen, wo doch diese in höchster Blüthe steht? Und für wen geschieht denn alle die geistige und körperliche Arbeit? Doch für das Publicum. Wer den Genuß hat, möge auch entsprechend dafür zahlen; aber für anderthalbtausend Mark Ladenpreis Bücher im Jahre 5 oder in der theuersten Anstalt 24 Mark Lesegebühr zu zahlen, das steht im schreiendsten Mißverhältniß zum Genüsse. Hier höre ich nun wieder die häufig gebrauchten Phrasen: dem Armen darf die geistige Nahrung nicht vertheuert werden, — und die von der Verbreitung der Bildung in niedere Schichten. — (Wichtiger wäre wohl die Sorge, daß den Armen die leibliche Nahrung nicht vertheuert werde.) Indessen dem zu begegnen, dazu haben wir doch die Freilese- oder Volksbibliotheken. Sicher würden manche von uns ihre überflüssig gewordenen Doubletten diesen Anstalten gern gratis zuwenden, wenn dafür gesorgt wäre, daß nur der Unbemittelte diese benützen könnte, und wenn wir nicht gezwungen wären, durch Wiederverkauf dieser Doubletten den Aus fall der nicht entsprechenden Leihgebühr zu decken. Wenn es den Gegnern durch irgend eine Einführung gelingen sollte, die Leihbibliothek todt zu machen, so würde es doch nicht gelingen aus unseren Kunden Bücherkäufer zu machen; diese dürften wohl dann sämmtlich in die Volksbibliotheken wandern. Was hätten die Herren Autoren und Verleger dann ge wonnen? Das, daß sie bestürmt werden um Gratisexemplare zu humanen Zwecken. Hat doch ein hiesiger Verein, der sich die Förderung der Literatur zur Aufgabe gestellt, seine Bibliothek auf diese Weise zusammengestellt, statt durch Ankauf derselben die Literatur, seiner Devise entsprechend, zu fördern. Eine andere Folge der Verdrängung der Leihbibliotheken würde die Vermehrung der Privatlesezirkel sein; welche jedoch nirgends mehr als ein Exemplar eines Buches anschasfen, weil dort den Ansprüchen und Klagen der Mitglieder nicht die Beachtung geschenkt wird, zu welcher der Leihbibliothekar im eigenen Interesse gezwungen ist. Das wären die vorauszusehenden Folgen einer gelingenden feindlichen Agitation. Sollte das nicht zur Vorsicht mahnen und zur Erkenntniß führen, daß es besser sei, den trotz seiner Herab- gekommenheit dennoch nicht zu verachtenden Mitarbeiter zu stützen, statt ihn auf die Seite zu schieben? Gegen Freibibliotheken und Privatlesezirkel würden Sie wahrscheinlich vollends machtlos dastehen und dann die früheren Zustände zurückwünschen, so schlecht sie auch sind. 476*
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