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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.04.1912
- Strukturtyp
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- 1912-04-13
- Erscheinungsdatum
- 13.04.1912
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- Deutsch
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^ 85, 13. April 1912. Nichtamtlicher Teil, BSrscnNaU >, d, Dtlchn. «Uchha»b-I. 459g Wiedergabe einer Reichsgerichtsentscheidung über den Begriff des Unzüchtigen für eine höhere Straf zumessung aus K 184 eintritt, als die jetzt meist üb lichen Geldstrafen, so wird man die Berechtigung dieser Forderung erst dann anerkennen können, wenn die Grundlagen für die Beurteilung dieser Straftaten sicherere sind als in der gegenwärtigen SpruchpraxiS. Red, Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte, insbesondere auch die des höchsten deutschen Gerichtshofes, des Reichsge richts, in Sachen des 8 184 Ziffer 1 des Strafgesetzbuchs ist eine derartig schwankende und zum Teil sich widersprechende, daß eine große Rechtsunsicherheit nicht nur unter den Richtern selbst, sondern auch im Volke, insbesondere unter den hier in erster Linie interessierten Kreisen der Schriftsteller, Verleger und Buchhändler Platz gegriffen hat. Diese Rechtsunsicher heit bedeutet für die Gerichte eine Schädigung in ihrem An sehen; für die Verleger und Buchhändler hat sie schwere Schädigungen in vermögensrechtlicher Beziehung zur Folge, Der Ausdehnung dieses augenblicklich bestehenden unhalt baren Rechtszustandes entgegenzuwirken, ist die Verteidigung der gegebene Faktor, Sie kann hier ungemein Wertvolles lei sten, Durch eine verständnisvolle, gewissenhafte Unterstützung der Rechtsprechung kann sie nach und nach wieder eine gewisse Ständigkeit derselben herbeiführen, dadurch die beteiligten Kreise vor einschneidenden vermögensrechtlichen Schädigun gen bewahren und das Ansehen der Gerichte wieder festigen. Zu diesem Zwecke darf aber die Verteidigung nicht erst in der mündlichen Verhandlung kurz vor Fällung des Urteils tätig werden; sie muß vielmehr schon in dem frühesten Sta dium des jeweiligen Strafprozesses, also bereits in dem staals- anwaltschastlichen Ermittelungsverfahren eingreifen, Z 158 Absatz 2 der Strafprozeßordnung bestimmt, daß die Staats anwaltschaft nicht bloß die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln hat. In der Ermittelung dieser Umstände kann die Verteidigung in wert vollster Weise die Staatsanwaltschaft unterstützen. Die Verteidigung muß also so zeitig wie möglich in das Verfahren eingreifen. Es ist dies ganz ebenso wie bei einer Krankheit: je eher der Arzt eingreift, desto größer ist die Aus sicht auf einen günstigen Verlaus der Krankheit, Je eher die Verteidigung eingreift, desto größer ist die Aussicht aus einen günstigen Ausgang des Prozesses, Manches Strafverfahren kann dadurch zur Einstellung gebracht werden, ehe es noch zur Erhebung der Anklage und zur mündlichen Verhandlung kommt, 8 184 des Strafgesetzbuchs Ziffer 1 belegt denjenigen mit Strafe, welcher unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellun gen feilhält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem Publi kum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst ver breitet, sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt oder zu dem selben Zwecke vorrätig hält, ankündigt oder anpreist. Wie bei jeder Gesetzesbestimmung, so ist auch bei der des 8 184 Ziffer 1 zwischen einem objektiven und einem sub jektiven Tatbestand zu unterscheiden. Zum objektiven Tatbestand gehört zum ersten, daß ein unzüchtiges Buch vorliegt, und zum zweiten, daß dieses Buch verbreitet worden ist. Zum subjektiven Tatbestand gehört die Absicht, ein unzüchtiges Buch herzustellen, beziehungsweise ein solches zu verbreiten. Das Reichsgericht allerdings legt kein Gewicht mehr aus die Absicht, sondern erachtet schon das bloße Bewußt sein, daß die Schrift zur Verletzung des Schamgefühls g e - eignet ist, für ausreichend. Gerade dieser Standpunkt des Reichsgerichts birgt aber eine große Gefahr für den Buch- und Kunsthandel in sich, — ^) Was zunächst die Verteidigung in objektiver Beziehung betrifft, so hat diese im allgemeinen folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: I, Hinsichtlich des Inhalts, 1, Das Buch hat überhaupt keinen unzüchti ge n I n h a l t, d, h, es ist objektiv nicht geeignet, das Scham- und Sittlichkeitsgefllhl des normal empfindenden Menschen in geschlechtlicher Beziehung zu verletzen, (R,G, 26, 373; 31, 261*),) 2, Der Inhalt des Buches verletzt nicht das Durch schnittsempfinden der Allgemeinheit, sondern nur das Gefühl besonders empfindlicher Personen, tR,G, 32, 420,) 3, Das Buch hat einen wissenschaftlichen oder künstlerischen Inhalt, Dies läßt sich ohne weiteres Nachweisen durch Rezensio nen des Buches in guten Zeitschriften, durch Erwähnung desselben in künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, durch briefliche und sonstige Beurteilungen, insbesondere durch bereits erfolgte oder erst zu beantragende Begutachtung von Sachverständigen, (Entsch, des daher. Oberst, L,-G, 7, 377,) 4, Das Buch ist zwar »grobsinnlichen« Inhalts, das Grobsinnliche wird aber durch die vorherrschende künstlerische oder wissenschaftliche Idee dermaßen in den Hinter grund gedrängt, daß das normale Scham- und Sitt- lichkeitsgefühl des Lesers nicht verletzt wird, (R.G 37, 316,) 5, Das Buch enthält zwar einzelne stark aufgetragene, für sich allein vielleicht anstößig wirkende Stellen; die Wir kung des ganzen Buches ist aber in seiner Unverfänglich keit so stark, daß die Tendenz einzelner Teile nicht mehr in Betracht kommt, (RG, 23, 390: Anerkannt muß werden, daß ein Buch nicht schon deshalb als unzüchtig angesehen werden kann, weil einzelne Stellen desselben Unzüchtig keiten enthalten,) 6, Auch die Art der Ausstattung macht das Buch zu keinem sogenannten relativ, d, h, infolge der beglei tenden Umstände unzüchtigen. Insbesondere sind z, B, die Stellen erotischen Inhalts nicht hervorgehoben; es ist kein Inhaltsverzeichnis vorhanden, das auf jene Stellen hinweist; das Buch ist weder außen noch innen mit anstößigen Bildern geschmückt, u. a, m, (R,G, 4, 90; 31, 262,) II. Hinsichtlich der Verbreitung, 1, Es liegt überhaupt keine Verbreitung vor, d, h. das Buch ist einem größeren Personenkreise gar nicht zugänglich gemacht worden, (Entsch, des O,L,G, München 4, 17 fs,> 2, Auch die Art der Verbreitung macht das Buch zu keinem sogenannten relativ unzüchtigen. Insbesondere ist das Buch z, B, nicht in Zeitungen an nonciert worden; es ist nicht in Personenkreisen verbreitet worden, die einen Rückschluß auf die Bestimmung des Buches zultetzen, (R,G, 32, 421,) 3, Für den Buchhändler insbesondere sind noch folgende beiden Punkte von Wichtigkeit: a) Die Ausstellung des an sich unanstößigen Titels eines unzüchtigen Buches, dessen Inhalt Dritten nicht ohne weiteres zugänglich ist, ist keine Verbreitung, (R,G, 14, 397 ff,) 1>> Ebensowenig ist es strafbar, wenn das Titelbild eines Buches so ausgestellt ist, daß nur dessen nicht unzüchtige Teile sichtbar sind, auch wenn gerade durch die Art des Ver- *) Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 26, 5, 878; Bd, 3t, S, SSt. SSS»
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