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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1912
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- 1912-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1912
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92, 22, April ISI2. Nichtamtlicher Teil. v«r,knilatt I, d. DtM, vuchh-nd-r. 4983 Kunst und Kunsthandel. in. Als ich nach mehreren Jahren wieder einmal den Reise- loffer eines Kunstverlegers durchstöberte und die Frage auf warf, ob es Wohl gegenwärtig auch eine Art Schlager gäbe, und welches Bild das sei, erhielt ich zur Antwort, daß der verhältnismäßig doch recht bescheidene Druck ^ littla Stuckx ill lüaelr anck Vdrts gegenwärtig diese hochbedeutsame Mis sion erfülle. Wenn man das hört, weiß man zunächst nicht, ob man lächeln oder ein trübes Gesicht machen soll. Zwi schen diesen beiderlei Vorhaben aber taucht doch die ernste Er kenntnis auf, mit welch unglaublich billigen Dingen, billig nicht nur nach dem Silberwert, sondern auch nach dem sonsti gen, doch das Kunstbedllrfnis der großen Menge zu befriedigen ist. Eigentlich sollte man schon aus Dankbarkeit auf keinen Schlager schimpfen, und es ist dem Kunsthändler, der doch nicht auf Rosen gebettet ist, sicher nicht zu verdenken, wenn er so eine Sache, die sich als besonders zugkräftig erweist, mit tau send Freuden begrüßt und froh ist, daß mal wieder etwas da ist, mit dem er mühelos sein Geschäft machen kann. Andererseits aber drängt sich dem wirklichen Kunsthändler, der sich nicht nur als Bilderhändler betrachtet und der durch Jahre und Jahrzehnte hindurch alle Erscheinungen an sich vor überziehen lassen konnte, das Gefühl des Bedauerns auf, wie sehr sich der Geschmack geändert hat und wie der Wandschmuck des deutschen Hauses von ehedem und heute ganz anders ge artet ist. Wir brauchen nicht allzu weit zurückzudenken, fünf undzwanzig bis dreißig Jahre genügen, und wir sehen den Kunsthandel unter ganz anderen Voraussetzungen arbeiten als heute. Gewiß wurde auch damals viel, sehr viel schlechtes Zeug fabriziert, und man kann getrost sagen, daß die minder wertigen Kunsterzeugnisse unter der Einwirkung der noch lange nicht so hoch entwickelten Technik viel, viel schlimmer waren als heute. Auch ist es kaum nötig, zu betonen, daß das, was man früher für billiges Geld bekam, vom künstlerischen Stand punkt aus viel übler war, als das, was heute geboten wird. Ja, man muß freudig anerkennen, daß wir es herrlich weit gebracht haben, und dem Volke die wirklich gute Kunst zu so erstaunlich billigen Preisen vorgesetzt wird, daß man mit Recht meint, man könnte nun einmal am Ziele angelangt sein und brauche nicht noch weiter auf jene unerhörte Verbilligung hinzuarbeiten. Nun, der Kunsthandel von ehedem war eben doch ein ande rer. Vor allem hatte man noch die goldene Zeit des Kupfer stichs, und das, was heute in den seitab gelegenen Zimmern des Hauses ein Aschenbrödeldasein führt, war einst der Stolz jedes guten Bürgerhauses, zu dem man mit frommer Scheu emporblickte. Man hatte die schönen alten Linienstiche der Stxtina, von denen die von der Meisterhand Friedr. Müllers zum Teil hochansehnliche Preise erzielten, man hatte neben diesem Universalbild und Paradestück des Kunsthandels xar exeellk-nee noch eine Menge anderer Stiche nach Werken alter Meister, die zum unerläßlichen Lagerbestandteil eines guten Kunstsortiments gehörten, ich nenne nur da Vincis Abend mahl, Renis Aurora und Titians Himmlische und irdische Liebe und endlich auch gar manches schöne Blatt von oder nach modernen Meistern, wie die Sommernacht und Abend am Rhein von Böttcher, Hofmanns unverwüstlichen Christus im Tempel, Kaulbachs Wandgemälde und andere. In den großen alten Kunsthandlungen, die die Hochkonjunktur nach 1870 aus- zunutzen verstanden und die man heute noch gewissermaßen als die Stützen des deutschen Kunstsortiments ansieht, finden wir all diese Herrlichkeiten Wohl auch noch heute in der un bedingt notwendigen Auswahl vertreten, aber der modirne Sortimenter hat, ebenso wie der moderne Mensch überhaupt, den Geschmack daran verloren. Er läßt Kupferstich Kupfer stich sein und gibt sich viel lieber mit den, wie man zu sagen pflegt, spielend zu verkaufenden Brotartikeln ab, mit denen be sonders die amerikanischen Bilderfabrikanten den Markt über flutet haben und die er ohne viel Mühe und persönliches Ein treten verkauft und einwickelt, um dann seelendergnügt seine Mark dafür etnzustreichen. Es wäre töricht, die Berechtigung dieser Art des leichten Geschäftes abzuleugnen, aber es kann dem Kunsthandel doch auch gar nichts schaden, wenn er hin and wieder daran erinnert wird, daß damit noch nicht alles erledigt ist, was ihm zu tun übrig bleibt, und den jüngeren Chefs und auch den Angestellten jene Zeit in Erinnerung ge rufen wird, wo der Kunsthandel wirklich mit Kunst und nicht nur mit Bildern handelte, jene Zeit, wo es Chefs gab, die man in ihrer Art Gelehrte nennen konnte und die den Kunst handel aus einer glücklichen Vereinigung von gediegenem Kunstverständnis und kaufmännischer Tüchtigkeit heraus zu einem der vornehmsten Geschäfte erhoben haben. Um aus den sogenannten, für das Geschäft ja ungeheuer wichtigen Schlager zurückzukommen, so kann man wohl sagen, daß es dergleichen immer gegeben hat. Diese Schlager tauchen auf, beherrschen einige Monate oder gar einige Saisons lang den Markt und verschwinden dann ebenso wieder, wie sie ge kommen sind. Wie es zugeht, daß alle Welt, im Norden wie im Süden, im Osten und Westen auf ein Bild eingeschworen ist, es sozusagen frißt, weiß kein Mensch. In einzelnen Fällen, wie etwa bei Böcklin, mag ja das meteorartige Aussteigen seiner Persönlichkeit am Kunsthimmel die Erklärung geben, und es ist wohl zu verstehen, daß vor 14 Jahren etwa eine Böcklinhochflut einsetzte, wie sie das Sortiment mit einem anderen zeitgenössischen Künstler kaum erlebt hat. Anders aber liegt es doch bei Bildem, von deren Schöpfern die Kunst geschichte überhaupt nie Notiz genommen hat, wo also die Mode und die Tagesberühmtheit in Wegfall kommen. Man denke an Astis Erblüht, das wie eine Flut den ganzen inter nationalen Kunsthandel überschwemmt hat, an das schrecklich harmlose Bild: Ein wichtiges Geheimnis von M. Wunsch und an ähnliche Bilder, wie die kleine Eva von Cabane, um sich dar die Frage gestellt zu sehen, wie diese ungeheure Popularität zu erklären ist. Schließlich wird es Wohl auf eine Art Massen suggestion hinauslaufen, von der zu profitieren man natür lich keinem Geschäftsmann übelnehmen kann. Ein gewisses versöhnendes Moment liegt darin, daß all diese Sachen tat sächlich nur Eintagsfliegen sind. Sie tauchen auf, werden, wenn es geht, auch noch von den verschiedensten Verlegern ausgenutzt bis zur Bewußtlosigkeit, der Sortimenter stürzt sich willig darüber, das verehrte Publikum springt auch ein, und der Schlager ist fertig. Ein Schlager wie -V littls 8tuchy in ltlaeb aack Vkita. Es ist lächerlich, wenn man bedenkt, daß solch eine Nichtig, keit, ein lustiger Einfall, der sich in seiner unglaublich komischen Wirkung fast bis zur Groteske steigert, eine ganze Zeit lang so quasi den Markt bestimmen kann, aber es ist nun mal so. Es soll auch zu Recht bestehen bleiben, wenn nur der Kunst handel unter solchen Erscheinungen nicht ganz zum Bilder handel im schlechtesten Sinne herabsinkt. Während es draußen Frühling geworden ist und die Natur zu aller Welt Freude ihr Wiedererwachen feiert, geht das Ge- sihäftsleben einer immer ruhigeren Zeit entgegen. Auch der Kunsthändler, wenn er sich nicht in der bevorzugten Lage be findet, in einer der großen Fremdenstädte, wie München, Dresden oder Berlin, zu domizilieren, muß sich mit dem Ge danken vertraut machen. Er wird aber auch darüber Nach denken, wie er sich über die ruhigen Wochen und Monate hin weghilft, ohne ein allzu starkes Manko in seiner Tasche zu fühlen. Hier darf Wohl eine Anregung gegeben werden, mit deren Ausführung manche Kunsthändler schon recht schöne Slesultate erzielten. Es handelt sich um kleine Sonderaus- S48«
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