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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1912
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- 1912-04-25
- Erscheinungsdatum
- 25.04.1912
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^ 95, 25, April 1912. Nichtamtlicher Teil. DSrI-n»!-»d, Dttchii. »aqr-m««. 5099 Nichtamtlicher Teil. Zur Bildungsfrage des jungen Buchhändlers. Von Marchicus. 2, Teil: Die fremden Literaturen,*) »Unsere Romane, unsere Trauerspiele, woher haben wir sie denn als von Goldsmith, Fielding und Shakespeare?«, läßt Eckermann Goethen einmal sagen, und an einer anderen, bekannteren Stelle: »Ich sehe mich gern bei fremden Nationen um und rate jedem, es auch seinerseits zu tun, Nationallite ratur will jetzt nicht viel sagen; die Epoche derWelt literatur ist an der Zeit,« Goethes Worte haben im Verlaufe des vori gen Jahrhunderts noch in ungeahntem Maße an Geltung ge wonnen, Die deutsche Literatur unserer Tage, wie sie sich uns darstellt, ist ein Strom, dessen Quellen säst alle jenseits unserer Berge liegen. Das Jahrhundert des Verkehrs, des geistigen Austausches hat uns die Kenntnis des französischen Realismus, des slabischen Nihilismus und der zergrübelnden Psychologenkunst Ibsens vermittelt, und aus französischen, russischen und nordischen Anregungen ist das Schrifttum unse rer Tage zum großen Teil entstanden. Wer heute unserer Literatur verstehend nähertreten will, mutz sich schlechter dings auch bei den fremden Nationen umsehen. Man wird vielleicht den schrankenlosen Begriff der Weltliteratur ab lehnen, wie man in der Epoche unserer nationalen Erstarkung jedes Kosmopolitentum ablehnt; man wird aber dann desto mehr Veranlassung haben, über die Grenzen zu sehen, weil man ja lernen muß, unser Krongut, unseren eigensten Besitz von dem Gut der anderen Nationen zu unterscheiden. Natür lich gibt es für den jungen Buchhändler noch einen viel reale ren Beweggrund, sich mit der Geschichte der fremden Litera turen zu beschäftigen. Wir importieren jahraus, jahrein Berge fremdsprachiger Bücher, Der junge Sortimenter kommt auch am kleinsten Platze in die Lage, etwa einen französischen Roman empfehlen zu müssen. Wie soll er das tun, wenn ihm selbst die elementarste Kenntnis des fremden Schrifttums fehlt? Ich will im Einklang mit den Grundsätzen meines ersten Aufsatzes heute versuchen, ein paar Hilfsmittel zu empfehlen, die den jungen Berufsgenosscn fremder Literatur näher bringen können, und ich will dabei vor allem bedenken, daß denen, an die ich mich wende, in der Regel nur sehr be schränkte Freizeit zur Verfügung steht. Meine Hinweise, die eigenen Erfahrungen entsprungen sind, wollen in keinem Falle ein Werturteil sein. Sie wollen Werke und Merkchen, die sie nicht erwähnen, nicht in den Schatten stellen. Ich will em Pfehlen, was mir aus besonderen Gründen besonders gegen wärtig ist, und hoffe, meine Hinweise möchten vielleicht dann und wann von Nutzen sein, Kompendien der Weltliteratur zu empfehlen, ist aus mancherlei Gründen eine bedenkliche Aufgabe, Auch der Historiker von universellster Bildung wird einem Gebiete näher stehen als dem andern und wird deshalb auf seinem Gang durch das Schrifttum der Weltgeschichte manche Wegstrecke Heller beleuchten als die andere. Anderseits wird der Stre bende, der der Geschichte der Weltliteratur an der Hand eines Kompendiums nachgcht, mit allen Sinnen bei der Sache sein müssen, um nicht durch die Fülle des Materials verworrene Ansichten heimzutragen. Und doch wird man nicht umhin können, eine Weltliteraturgeschichte zu empfehlen. Am rat samsten ist es vielleicht, sich darin über solche Literaturen näher zu orientieren, die nur oder doch vorwiegend in ihrer histo rischen Stellung bedeutsam sind, wie etwa über das lateini sche und das griechische Schrifttum oder die Poesie des Orients, und eine flüchtige Überschau der lebendig wirksamen modernen -) 1, Teil siehe Bbl, Nr, 71, Literaturen durch die Lektüre eines Spezialwerks zu ergänzen, Otto Hausers Weltgeschichte der Literatur (2 Bände, Biblio graphisches Institut, 20,—) kommt wohl in erster Linie in Betracht, um so mehr, als sie nach dem Sonderinteresse des Verfassers gerade d i e Literaturen prächtig darstellt, die wir von einer besonderen Betrachtung ausschliehen wollen. Auch auf des alten stiernackigen Johannes Scherrs Geschichte der Weltlitera tur (Franckh, Stuttgart, ^kk 18,50) sei gebührend hingewiesen. Sie ist jedenfalls wie das Hausersche Werk der Leixnerschen Geschichte der fremden Literaturen (Spanier, Leipzig, ^kk 20, ), die sich besonders in Buchhändlerkreisen traditioneller Be liebtheit erfreut, durchaus vorzuziehen, Baumgartners großes gelehrtes Werk (Herder, Freiburg), das jetzt abgeschlossen vor liegt, steht auf dem Boden katholischer Weltanschauung, Es sucht seine Leser kaum in unseren Kreisen, Hat man sich bei einem der erwähnten Autoren Rat geholt, wie etwa die einzelnen Volksliteraturen in den großen Bau des Weltschrifttums einzufügen und von welcher Bedeutung sie unserer Wertung nach sind, so wird man daran gehen kön nen, die als Anreger unseres Schrifttums und ganz real als Handelsobjekt wichtigsten jener Volksliteraturen abgeschlossen zu betrachten, Fielding, Goldsmith und Shakespeare hat Goethe genannt, und er hat dadurch auf einen Nachbar hingewiesen, dem gerade er viel verdankt. Älter und vielleicht auch gewichtiger sind die Beeinflussungen, die unsere Volksliteratur von Frank reich erfahren hat, das ja auch jetzt wieder den europäischen Markt mit den bekannten gelben Bänden überflutet; bauen sich doch die ritterliche Liederdichtung unseres Mittelalters und die tiefe epische Kunst Wolframs von Eschenbach auf welschen Elementen auf. Die französische Literatur ist nicht so sehr eine Literatur der großen Persönlichkeiten als vielmehr eine Literatur des Niveaus, der Tradition, Wer sie in ihren Zusammenhängen verstehen will, muß schon einige Zeit opfern. Ich rate, das gute Buch von Eduard Engel über die französische Literatur mit Mutze durchzugehen, das in be sonderem Maße jene Klarheit aufweist, durch die sich alle Werke dieses Verfassers empfehlen Es ist bei Brandstetter in Leipzig erschienen und kostet 7 Suchier und Birch-Hirsch- feld (BibliographischesInstitut, 16,—) ist Wohl eigenwüchsi ger und wissenschaftlicher, führt aber den jungen Buchhändler, der sich vorwiegend aus praktischen Gründen mit der Materie befaßt, entschieden zu weit. Wer gutes Französisch glatt lesen kann — und das ist wirklich nicht so schwer, wie mancher glaubt —, wird bei Pellisster, ^r6cis <io I'bistoiik üs In littäraturs krsnxaiso (Frcs, 3,50) alles Wichtige in über sichtlicher Darstellung und guter Gruppierung finden. Von den anderen neulateinischen Literaturen ist die s Pa ni s ch e für die Entwicklung unseres Schrifttums wichtiger, als man gemeinhin denkt. Die großen Romane Amadis, Laza- rillo undDonQuixote haben unsere Prosadichtung, vorwiegend freilich durch französische Kanäle, entscheidend befruchiei. Auch die Dramatiker Calderon und Lope de Vega reichen in ihrer Bedeutung wett über ihre Landesgrenzen hinaus. Heute ist ja in deutschen Landen die Zahl derer, die nach spanischer Lektüre fragen, gering. Die beiden Bände der Sammlung Göschen von Beer genügen durchaus, eine leidliche Kenntnis der spanischen Literatur zu vermitteln, deren Geschichte, neben bei erwähnt, nicht von cinemSpanier, sondern von dem Ameri kaner Ticknor in mustergültiger Fassung geschrieben worden ist, — Über die italienische Literatur gibt die kurze Zu sammenstellung von Voßler in der Sammlung Göschen nur das stlllernotwendigste. Eine Einführung auf etwas breiterer Grundlage, die wiederum nicht allzu sehr ins Kleine führt, «listiert meines Wissens nicht. Das große Werk von Wiese K6t»
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