5242 Wrs«att I. d. Dtschn. «uchhaÄel. Künftig erscheinende Bücher. 97, 27. April 1912 Gleichzeitig gelangt zur Bersendung Der Roman des Herrn Franziskus Höndl Von Eduard Kehlmann Geheftet Mark 3.50, in Leinen Mark 4.50 Bon einem neuen Mann, Eduard Kehlmann, erscheint soeben ein Buch, das sich aus der Reihe der üblichen Romane durch sein Problem und seinen Stil weit heraus hebt. Das Problem ist eine Auseinandersetzung zwischen dem zuschauenden und dem wirklichen Leben; der Dichter hat den Versuch gemacht, bis in die wesentliche Tücke des kalte», vorgefaßten Ästhetizismus einzudringcn. Herr Höndl will einen Roman über die Enttäuschung und den Verzicht der Jugend schreiben. Selbst zu erleben, mit wirklicher Hingabe und Ehrlichkeit, ist er zu wissend, zu mißtrauisch und kalt. Und so ver führt er einen jungen aristokratischen Türken mit südslawischem Einschlag namens Alibeg Laurenti zu einem Leben, wie es ihm, dem Herrn Höndl, als Schauspiel paßt. Der Inhalt des Romans ist nun, wie der junge Wilde aus seinen ungebrochenen Instinkten hinauslebt oder, wenn man will, hinausgelebt wird, so daß er schließlich selbst i» dem unseligen Zwischenreich anlangt, wo Romanlüge und Wirklichkeit nicht mehr zu unterscheiden sind. Es bleibt ihm nichts weiter übrig, als die ganze verlogene Erotik, in die er sich hat steigern lassen, von sich zu werfen; er flüchtet nach Hause, um wieder in den ursprünglichen Bedingungen eines Lebens zu genesen; aber es ist zu spät. Den Profit hat Herr Höndl, der Literat. Dieses Problem erinnert an das der Romantik; und der Herr Höndl, der für seine Literatur einen jungen Türken Dinge erleben läßt, könnte eine Konzeption E. T. A. Hoffmanns sein; — alles das aber wird von Kehlmann nicht nachahmend gestaltet, sondern in einem moderneren, zwar phantasieärmeren, aber psychologisch unmittelbareren Stil. S. Fischer, Verlag, Berlin