97, 27. April 1912. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5243 T> Gleichzeitig gelangt zur Versendung: Unvergessene Menschen Ein Roman aus der Krinolinenzeit von Elisabeth Siewert Geheftet 5 Mark, in Leinen 6 Mark Wir werden in ein Pfarrhaus eines westpreußischen Dorfes um das Jahr 1850 geführt; in eine Familie, deren jedes Glied von edlem und feinem Korn ist, und jedes doch so eigen geartet, daß die Konflikte nicht ausbleiben, ja schließlich bis zum größte» Ernst, Not und Tod überschwellen. Es sind zwei Kinder im Haus, Bruder und Schwester, einander in größter Liebe zugetan. Die Schilderung dieses Jugend lebens ist von einer so persönlichen und dabei doch so typischen Wahrheit, daß jeder, der Erinnerung genug besitzt, seinen Spiegel darin findet. Der Knabe hat ein eigentümlich zartes und eigensinniges Naturell, und als er in die Stadt aus die Schule kommt, findet er sich nicht zurecht. Als er größer wird, nehmen die Verwirrungen zu, die Liebe bringt ihn vollends aus Rand und Band. Auch die Schwester hat ihren Kampf erfahren müssen; die Liebe, die Untreue des Geliebten, die Schwermut des Wieder- gewonnenen, alles das hat sie besiegen und unter ihre edle, lebenskluge und pflicht bewußte Kraft unterordnen müssen. Der Roman endet mit einer Zuversicht, die nichts von dem gewöhnlichen guten Ausgang hat, sondern die Grundwahrheit des menschlichen Lebens ist, auch wenn so und so viele einzelne Menschen zerbrochen und zerstört sind. Dieser Roman einer Dichterin, deren Namen man bald unter den ersten einreihen wird, hat eine schöne und sichere Haltung zugleich der Wirk lichkeit und der Verklärung. Es ist die Seele der norddeutschen Landschaft in ihrem Buch, als eine Dankbarkeit gegen das Licht, das aus der kärgsten Erde eine himmlische Schönheit macht. Diesen Reichtum, im himmlischen Sinne, aus der Armut, im irdischen Sinne, zu entfalten, ist die eigentümliche Gabe dieser Dichterin. S. Fischer, Verlag, Berlin