Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.10.1876
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1876-10-23
- Erscheinungsdatum
- 23.10.1876
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18761023
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187610239
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18761023
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1876
- Monat1876-10
- Tag1876-10-23
- Monat1876-10
- Jahr1876
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
246, 23. Oktober. Nichtamtlicher Ächeil. 3843 Nichtamtlicher Theil. Ein Kleinstädter contra Streiter. Die Revolution im Buchhandel, welche Hr. Streller erstrebt, verdient jedenfalls eine aufmerksame Beachtung, und ich danke mit vielen kleinstädtischen Collegen Hrn. Dülfer recht herzlich, daß er eine Lanze gegen unfern Leipziger Peiniger gebrochen hat. Zwar hat Hr. B. in E., der Streller in Schutz nahm, leider vielfach Recht; als kleiner Verleger habe ich gewisse Sympathien für Streller, möchte ich ein Klagelied über das andere anstimmen über die Unaufmerksamkeit vieler Sortimenter; im Wesentlichen aber stehe ich auf Hrn. Dülfer's Seite. Ich wünsche mit so vielen Collegen eine zeitgemäße Reform buchhändlerischer Einrichtungen; da solche Reform aber ausbleibt, kann ich mich nicht wundern, daß der Buchhandel einen revolutionären Mirabeau-Streller geboren hat. Dieser Hr. Streller nun verfährt mit einer Rücksichtslosigkeit, daß ich mich zu Nutz und Frommen meiner kleinstädtischen Collegen gedrungen fühle, seine Manipulationen auf meinem Arbeitsfelde, soweit sie mir bekannt geworden sind, und ihre Konsequenzen nach stehend mitzutheilen. Hr. Streller beabsichtigt buchhändlerisch „noch nicht begangene" Orte mit Büchern durch Creirung kleiner Bücher händler, Nebenhändler rc. zu versorgen, und dem Buchhandel dadurch neue Absatzgebiete zu erschließen. Ein schöner Gedanke! wie aber wird er realisirt? Neusalz ist ein kleines Städtchen mit ca. 6000 Einwohnern und wird buchhändlerisch vielfach „begangen"; von mir selbst natürlich vor allem, außerdem aber noch von den geehrten Grün berger und Glogauer Collegen. Hier ansässige Buchdrucker und Buchbinder begehen den wenig fruchtbaren Acker gleichfalls, Colpor- teure brausen wie eine ungestüme Fluth darüber hinweg, und ein Materialwaarenhändler, der neben Käse, Kaffee, Zucker, Zimmt rc. auch ein Fach „Bücher" hat, betrachtet sich als den zweiten hiesigen Buchhändler und wird vermuthlich über kurz oder lang einen Commissionär in Leipzig haben; an Offerten fehlt's ja nicht. Hr. Streller nun hält Neusalz für „buchhändlerisch noch nicht begangen" und sucht es mit zwei neuen Buchhandlungen zu „be gehen". Seit einem Vierteljahr nämlich verhandelt er dicserhalb mit zwei Bürgern, die beide bereits mit Büchern zu thun haben, der eine druckend, der andre bindend. Von den Zuschriften und Circularen Hrn. Streller's an diese beiden Bürger sind mehrere mir übergeben worden. Das erste Cir cular knüpft selbstverständlich an die großen Thaten Stephan's an. Hr. Streller offerirt Zeitungs- und Journalexpeditionen. Auf solchen Zopf beißt man leicht an, die Verbindung ist angebahnt. Es folgen Offerten der Verlagsartikel, insbesondere Jugendschriften der bedeutendsten Verleger unter äußerst günstigen Bezugsbeding ungen. Ein Risico ist dabei nicht vorhanden, Hr. Streller liefert alles in Commission. Bisher führten jene Bürger nur ältere Ar tikel des Flemming'schen Verlages und Sachen ganz obscurer Hand lungen, die gar nicht in Schulz' Adreßbuch stehen. Der eine schüttelt sein Haupt gedankenvoll, als treuer Freund sendet er mir Hrn. Streller's Zuschriften zur Rückäußerung, dem andern aber steigt die Idee in den Kops, er hat die längst gesuchten Geheimnisse des Buch handels ergründet und macht mir mit wichtiger Miene klar, daß er den Stein der Weisen gefunden. Hr. Flemming lieferte aus Rück sicht gegen mich nur ältere Artikel mit geringem Rabatt. Hr. Streller aber liefert desselben Verlegers ersehnte neue Bücher mit hohem Rabatt, und nicht diese allein. Ein großes Meteor steigt am Himmel empor. Mir wird direct mit Hrn. Streller gedroht; „ent weder — oder"! Es bleibt mir weiter nichts übrig, ich muß den Buchbinder mit einem gewählten Bücherlager versehen. Vom Ra batt läßt er sich etliche Procent abhandeln, aber er will durchaus nur feine Sachen haben, insbesondere Spamer'sche Artikel. Ich sor- tirte bisher mein Bücherlager nach den hiesigen Bedürfnissen, die ich beurtheilen kann; es liegt mir daher auch nicht daran, mit allen Verlegern in Rechnung zu stehen, der Absatz würde sich in diesem Fall beim einzelnen Verleger auf ein Minimum reducireu, womit weder diesem noch mir gedient wäre. — Der Buchbinder nun erhält von Hrn. Streller ein so gewähltes Bücherlager, wie ich es, den hie sigen Verhältnissen Rechnung tragend, nicht aufstelle. Es wird aber dadurch nicht ein einziges Buch mehr abgesetzt als in früheren Jahren, es treten vielmehr an die Stelle gesunder Verhältnisse kranke Zustände. Daß der Buchbinder, als Commis Streller's, ein ebenso gutes oder vielleicht gar besseres Weihnachtslager hinstelle als ich — und letzteres ist durch Hrn. Streller's Intelligenz und weit verzweigte Verbindungen nicht schwer und würde mir auch nicht zur Unehre gereichen —, darf ich nicht dulden; wohl oder übel sehe ich mich genöthigt, selbst dem Buchbinder ein gutes Weihnachts lager zu assortiren. Ich muß von den Herren Verlegern, mit denen ich die Ehre habe in Rechnung zu stehen, weit über Bedürsniß ü cond. verlangen, meine Arbeit wird verdoppelt, mein Gewinn halbirt und schließlich muß ich Ostcrmesse 1877 die bittere Pille schlucken: „Bei so unverhältnißmäßig geringem Absatz danke ich für die Verbindung mit Ihnen; verlangen Sie in Zukunft Ihren Bedarf gegen baar!" Ich frage die Herren Verleger: Gewinnen Sie durch Unterstützung der Streller'schen Manipulationen? Werden die bestehenden Buch handlungen zahlungsfähiger dadurch? Meine Herren, schauen Sie nicht vornehm auf uns krähwinkelige Kleinstädter, haben Sie ein fühlendes Herz für unsere Leiden! Sie werden alsdann neben unsrer unbegrenzten Hochachtung, die Sie längst besitzen, noch unsre aufrichtige Verehrung ernten. Bei seiner „Begehung" des hiesigen Terrains schickteHr.Streller kürzlich ein interessantes Circular an das eine seiner hiesigen beiden Beine, vielleicht auch an das andere, wahrscheinlich an jedes andre Glied seines tausendfüßigen Begehungsapparats. Das Ding ist hübsch und lesenswerth, ich will aber nur den Anfang citiren: Hr. Streller druckt: „Von dem löblichen Magistrat Ihrer Stadt wurde mir Ihre werthe Adresse für Förderung, beziehentlich Gründung des buchhändlerischen Nebengeschäfts mitgetheilt." Hr. Streller mag diese Worte interpretiren mit aller Kunst eines ge wandten Dialektikers, so viel steht fest, er theilt dem Adressaten mit, daß unser Magistrat ihm eine Art von Qualificationszeugniß aus gestellt habe. Hr. Streller möge entschuldigen, daß ich solche Kund gebung eine „Vorspiegelung" nenne; wenn er mir beweisen kann, daß unser Magistrat ihm irgend ein Wort geschrieben habe, worauf sich solche Behauptung gründet, so verspreche ich ihm, ab bittend auf den Knieen nach Leipzig zu rutschen. Ein Unberufener mag ihm Derartiges geschrieben haben, vielleicht auch eine behördliche Person Privatim, nun und nimmer aber unser Magistrat als solcher. Ich fordere Hrn. Streller zum Beweise seiner Behauptung heraus. Hr. Streller sandte ferner an sein Begehungs-Medium in großer Anzahl nachstehend abgedruckten Zettel mit der Ermahnung, ihn tüchtig zu verbreiten. Der Zettel lautet: Abonnements-Einladung. Durch regelmäßige directe Ver bindung mit Leipzig, dem Bezugsorte aller Unterhaltungsblätter, in de» Stand gesetzt, dieselben sofort nach Erscheinen liefern zu können, ersuche ich Sie, Ihre Bestellungen aus das neue Quartal in meine Hände legen zu wollen. Ich sende auf Wunsch frei ins Haus und vermeide jede Un regelmäßigkeit strengstens. Mich zugleich zur Besorgung Ihres Bllcher- bedarfs bestens empfohlen haltend, zeichne rc. Nicht Wahr, recht liebenswürdig? Ob solche Manipulation 524*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder