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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1922
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- 1922-09-23
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- 23.09.1922
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X- 223, 23. Scptenrber 1922. Redaktioneller Teil. Gebrauchszweck nach erstreben müssen. Der Fehler liegt bei den Gebrauchern und er liegt auch etwas bei den Buchhändlern. We nigstens habe ich es schon häufig als keinen besonderen Vorzug eiirpfunden, daß auch sonst gut versehene Buchläden nicht nur nicht ihre lokale Spezialliteratur vorrätig hatten, daß sogar diese Literatur ihnen gar nicht bekannt war. Gerade der geübte Reisende, der weiß, daß er nicht alles auf einmal sehen kann, der seine gesuchten und zufälligen Eindrücke vertiefen möchte, braucht und kaust dergleichen Einzelschristen. Fragt man im Verkehrsverein nach, bekommt man meist mitgeteilt, daß an Ort und Stelle »so ein kleines Heftchen» vielleicht zu haben sei. Aber daß man aus einen Buchladen trifft, in dem die den Ort und seine »Sehenswürdigkeiten» betreffenden Schriften einigermaßen vollständig zu haben wären, ist nicht oft der Fall. Man meint, es sei keine gangbare Ware. Aber man macht auch nicht durch Ausstellungen oder Hinweise den Versuch, solcherart das Buch als ein Reiseandenken zu empfehlen, wie das die Reise andenkengeschäfte mit gelegentlich recht sinnlosen und teuren, trotzdem gekauften Andenkenartikeln tun. Allerdings, es fehlen uns noch vielfach die lokalhistorischen Gesamtdarstellungen, bil lige und gehaltvolle Prachtwerke, für die die Veröffentlichungen von Georg Jacob Wolf beispielgebend wirken könnten und sollten. (Ein Jahrhundert München 1800—1900. Zeitgenössische Bilder und Dokumente. Zweite Auflage. München, Franz Hansstaengl, 1922; Die Entdeckung der Münchener Landschaft. Bil der und Dokumente aus zwei Jahrhunderten. München, Franz Hansstaengl, 1922.) Welch einen Schatz würde die Bücherei hegen, nicht nur die des Bücherlieb habers, sondern auch die Schul- und Volksbüchereien, wenn sie eine Reihe von solchen Bänden wie diesen zwei mit ihren über SSO Abbildungen, meist ausgezeichnet reproduzierten Vollbil dern nach Gemälden und Griffelkunstblättern, hätten! Die alten Aquarelle in der Biedermeierzeit, ein Sammelgegenstand der vornehmen Welt, an dessen Stelle jetzt die Ansichtspostkarte ge treten ist, sind hier aus ihrer Mappenverborgenheit ans Tageslicht gezogen, geordnet, gesichtet worden, man freut sich wieder über die liebevolle Kleinarbeit der Vedutisten, die lange allzusehr ver lacht worden ist, wenn man ihre Architekturstücke in dem Mün chenbande besieht, oder man erlebt, mit den Kllnstleraugen zweier Jahrhunderte sehend, die Entdeckung der Landschaft um München. In den ausgehobenen Stellen aus älteren »Bavaricis« und »Monacensien«, die mit Recht auch nach deren literarischem Wert ausgewählt wurden, finden die Bilderreihen ihre Erläuterun gen, in denen Biographisches, Folkloristisches, Kulturhistorisches sich zu reizvollen Stimmungen verdichtet. Das alles ist so unter haltsam, daß man gar nicht an die Belehrung denkt, die man mitempfängt. Vor allem aber geben Bücher dieser Art Anschau, ung. Denn mit ganz anderen Augen betrachtet der ein Stadt bild, der es in seinen Wandlungen gesehen hat, als der, dem nur die dürftigen Notizen über einige geschichtliche Namen gegen wärtig sind. Gerade das macht ja die Bücherlust der historischen Topographie aus, daß sie die Hilfsmittel liefert, um die Ver gangenheit der Stätten wiederzufeihen, an denen man selbst stand oder steht. Bayern hat die malerische Topographie des Apian, die ein Gegenstück zu Aventins Chronik geworden sein würde, in endgültiger Buchform nicht erhalten sollen Aber sie ist wenig stens in wertvollsten Bruchstücken nicht ganz und gar verloren worden, die jetzt nach drei Jahrhunderten aus einem alten un vollendet gebliebenen Buchkunstwerk einem neuen Musterdruck eingefügt wurden, der ein Vorbild der Heimatforschung und Hei matliebe geworden ist: Al t h e i m a t l a n d. Bayerische Städte und Ortsans!chten aus dem 18. Jahr hundert. Nach der L a nd e s b es ch r e i b u n g Apians von Otto Hartig. Holzschnitte von Jost Ammann. München, Verlag für praktische Kunstwissen- schaf t, 1921. Eines der ältesten, bekanntesten deutschen Bücher sammler schöne Spruchweisheit: »Viel löblicher ein Buch zu lesen — Denn Fest- und lautes Gassenwesen — Die weilen vie- ies dir wird klar — So lange Zeit verborgen war — Und aus der Chronika steigt aus — Der Stätte und Christen Lebenslauf» deutet hübsch auf das Verwurzeln des Geschichtsbuches im Bio graphischen und Topographischen, auf jenen alten Chronikstil, den Heimatliebe und Heimatstolz tragen. Wenn den alten Chrom- ken, ihren Originalen, die modernen historischen Romane vorge- zogen werden, die meist wenig glückliche Nachkünstelungen sind, so lag und liegt das daran, daß die Erst- und Neuausgaben sol cher geschichtlichen Quellenwerke meist nur in den wissenschaft lichen Bereichen zurückbchalten bleiben, in denen sie der Durch schnittsleser weder finden noch nutzen kann. Man darf deshalb wohl einen Band wie Meister Gottfried Hagen, des Stadtschreibers Buch der Stadt Köln. Ins Neu hochdeutsche übertragen und mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Franz Wilhelm Vleugels. Köln, Rheinland-Verlag, 1921, auch mit dem Hinweise empfehlen, er lese sich wie ein historischer Roman, er sei Geschichts- und Unterhaltungsbuch zugleich. Weshalb soll denn ein »streng wissenschaftliches» Werk nicht unterhalten? Da ist etwa die von Georg Buschan herausgegebene Illustrierte Völkerkunde, die in ihrer zweiten, voll ständig umgearbeiteten und wesentlich vermehrten Auflage eben im Verlage von Strecker L Schröder, Stuttgart, zu erscheinen beginnt und auf die, sobald sie fertig vorliegen wird, noch einmal zurückzukommen ist, um ausführlicher zu begründen, weshalb die Ethnologie in der Handbücherei und Kommentar reihe einer Privatbibliothek nicht fehlen soll, was heute meist merkwürdig genug der Fall ist. Das Werk ist, ohne deshalb langweilig zu sein, das gegenwärtig beste allgemeine deutsche Lehrbuch und Nachschlagewerk über den Gegenstand, auch in seinem Bildteile zuverlässig. Würde es nicht den meisten ethnographischen Romanen und den meisten ähnlich ohne jede Kenntnis ihres Stoffes dargestellten exotischen Filmsensationen vorzuziehen sein, um sich Wer das Leben fremder Völker zu unterrichten? Aber das ist «ine Frage, die schon auf die hier nicht zu betrachtenden Abgründe der Schundliteratur verweist. Immerhin liegt ihre Wendung nahe. Hat nicht auch der gebil dete Leser es nötig, sich über den Stand einer Wissenschaft zu unterrichten, sobald ihm das ermöglicht wird? Es ist gewiß keine Schande, in einem Cooperschen Roman zu schmökern. Aber man darf sich nicht damit begnügen, seine Kenntnis des nord amerikanischen Indianers allein aus diesen Romanen zu schöp fen. Man sehe in dieser Illustrierten Völkerkunde, die es dem Leser bequem genug macht, nach, was die Wissenschaft über den nordamerikanischen Indianer weiß, und man wird auch den Dichter sehr viel besser verstehen. Das ist nur ein Beispiel für viele. Der ethnologische Wirrwarr in den Buchbildern unserer Liebhaberausgaben ist nur möglich, weil die Ahnungslosigkeit der Buchkünstler der Ahnungslosigkeit der Buchkunstliebhaber auf diesem Gebiete zu entsprechen Pflegt. Es ist nicht die erfreu- lichste Erscheinung, daß die Fachwissenschaften gern eine esote rische Haltung wahren, einen streng wissenschaftlichen Stil, der die Uneingeweihten von ihren Grenzen abschreckt. Dabei han delt es sich dann häufig hier nur um ein mehr oder minder schön geflochtenes Zöpfchen, das man als die geheiligte Tradition hütet. Auf sehr vielen oder doch nicht wenigen fachwissenschaft- ltchen Gebieten sind die gemeinverständlichsten auch die höchsten Leistungen literarischer Art, die sie zeigen, ein Beweis dafür, daß das betonte Fernhalten des »Laien» nicht immer so notwendig ist, wie es scheinen soll. Wir würden erheblich weniger halbwis senschaftliche Veröffentlichungen haben, deren häufig schlimme Wirkungen nicht zu unterschätzen sind, wenn es sich die beru fenen Vertreter einer Wissenschaft mehr noch, als es heute schon geschieht, angelegen sein ließen, eine möglichst weitreichende Ge meinverständlichkeit ihrer Schriften zu erstreben. Gerade das wird die Ausbreitung des Autodidaktentums im schlimmen Sinne mit seiner Besser- und Halbwisserei hemmen und auch dem Betriebe mancher Fachwissenschaft zugute kommen. Ewald Banfes Bestrebungen, die sehr einseitig gewordene Fachwis senschaft der Geographie zu einer weiterreichenden Wirkung zu erwecken, die er temperamentvoll in seiner kleinen Schrift über Expressionismus und Geographie (Braun schweig, Georg Westermann, 1920) vertrat und für die er sich eine im gleichen Verlag veröffentlichte kleine Zeitschrift gründete: Die Reue Geographie. Vierteljahrs- 1348
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