135, 13 Juni 1912. Fertige Bücher. d. LNchn. vuchh-n»-!. 7217 und Lachen, romantisches Fühlen und moderne Ironie. Hier seht ihr, daß einer eurer besten Dichter sich einen Pfifferling daraus macht, wenn ihr ihm die lautesten Theaterskandale bereitet; daß er sich von euch weder ver ärgern noch totmachen ließ; daß er noch, Gott sei Dank, Laune und Humor genug übrig behalten hat, um diese „Katinka" schreiben zu können, Habt ihr Sehnsucht nach Romantik, ihr Leute? In diesem Buche ist sie. Wollt ihr Aphoristisches? Es wird euch reichlich zuteil. Verdrehtes? Es ist drin! Wollt ihr die Welt kopfstehen sehen? Schaut in dies Buch! Wenn ihr aber nicht den Zauberschlüsscl findet, ohne den man das Buch nie in sein Herz einschließen kann, so werdet ihr freilich Gähnkrämpfc bekomme», daß ihr euch die Kinnbacken verrenkt; aber wenn ihr berufen seid, es zu lesen, so geht ihr durch dies Buch wie durch einen lustigen Irrgarten, der voller kon kaver und konvexer Spiegel hängt! Und wenn ihr euch noch so verzerrt seht und noch so verzogen — ihr seht immer euch selbst." So und noch lauter müssen wir rufen, um dem verehrten Publice Appetit zu machen auf Ihr Buch, das Sie in einem so hochnäsigen, entzückend frechen Tone geschrieben haben, als hätten Sie es nur sich selber zur Lust und zur Freude gedichtet. Sie kokettierten zwar auch ein wenig mit sich und unbewußt mit dem Leser, was mir weniger gefällt — denn an welche Adresse sonst sind die zahlreichen, launigen und keineswegs bissigen Ausfälle ge richtet? — aber wenn Sie dann wieder zur geliebten Katinka zurückkehren, vergibt man Ihnen gern alle kleinen Teufeleien. Wenigstens was meine Person angeht! Denn ich bin keineswegs so ein absoluter Idiot — es gibt überhaupt nichts Absolutes! — um mich wegen der Steine zu ärgern, die Sie in dem Buche den Kritikern ins Gesicht geworfen haben! Donnerlittchen! Wie haben Sie uns zugeseht! Wie haben Sie uns alle unsere bösen Kritiken heimgezahlt! Was müssen wir für rauhbauhige, gemeine, gesinnungs- und verständnislose Kamele sein! Na, fühle sich meinetwegen getroffen, wer will! Ich lache wie Sie und mit Ihnen und stehe mit Ihrem sprüchwort- verdrehenden Philemon auf dem Standpunkt, daß der Schnabel jedem so gewachsen ist, wie er singt, daß die Henne stets klüger sein will als das Ei und daß der Mensch stets erntet, was er nie gesät hat. Aber auch die Dornen der Poesie tragen zuweilen Rosen. Ich hoffe, Sie machen bei Katinka diese schöne Erfahrung reichlicher als bisher. Generalanzeiger für Elberfeld: Da regnet es lachende Wahrheiten auf die Häupter philiströser Subjekte. Die Lese, München: Eine Schelmerei sondergleichen, eine Heiterkeit, wie sie nur die unverderble Jugend oder die als Blüte aufgebrochene Reife besitzt, strömt aus dieser Fiiegengeschichle. Hannoverscher Courier: Eulenberg erzählt in diesem Buche mit einem gelassenen, nicht rechts noch links blin zelnden Humor, der sich nicht überlegen gibt, keine Verächtlichkeitsmiene und keine Erhabenheitsgebärde kennt. In allem, was er sagt, steckt eine selbstverständliche Ehrlichkeit, die einem das Buch selbst da sympathisch macht, wo man nicht mit ihm gehen kann. Der reine geistige Gehalt ist ebenso bedeutend wie der Reichtum an dichterisch schönen Bildern. Und der Mensch Eulenberg tritt einem besonders nahe, wo er leiser Leidenschaftlichkeit der ver lorenen Natur und der ersehnten Befreiung ein Loblied singt. Leicht und frei vorwärts schreitend und prachtvoll gleichmäßig ist der Stil des Buches, dessen reine, blanke Schönheit die absichtlich aufgegriffenen Phrasen wie das Stück des am meisten gelesenen Familienblattromans, das sich in das Buch verirrt hat, schlank abgleilcn läßt. — Dies Buch „Katinka, die Fliege" ist mir eine große Freude gewesen, und ich halte es für das Bekcnncrbuch eines feingeistigen und starken Dichters unserer Zeit, für ein freies, frohes und stolzes Werk, das manchen mit sich und der Jetztzeit Ringenden eine Hilfe zu sein vermag. Franz Servaes in der Bohemia (Prag): Tacitus hat mit seiner Germania den alten Römern nicht derber den Kopf gewaschen als Eulenberg uns neueren Germanenenkeln (und anderen Enkeln) mit diesem Fliegenroman. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. S42