Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1876
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- 1876-05-22
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- 22.05.1876
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1856 Nichtamtlicher Lheil. und alle Lebenskuiist bestehe nur darin, die richtige Mischung zu finden. Er wolle nun vor allem Hinweisen aus das wichtigste Ver- hältniß im privaten Leben des Menschen, in welchem vor allem und immer nur gegeben und genommen wird, auf die Ehe, die Grund lage unserer ganzen sittlichen Existenz, und auf ein anderes, das noch weit darüber hinausgehc, da cs das Leben der ganzen Nation in sich fasse, auf das Verhältnis; des Reiches zu seinen Gliedern, zu den einzelnen Staaten. Denn darin komme es ganz besonders dar auf an, daß in rechter Weise gegeben und genommen werde. Zur Lösung dieser hochwichtigen Frage sei lange Zeit nöthig gewesen, freuen wir uns, das; es uns vergönnt war, dieselbe zu erleben. Bei festlichen Versammlungen sollen die höchsten Ideen zur Geltung kommen, welche unser Dasein bewege». So wolle er daran erinnern, daß cs zunächst nicht die Hauptsache sei, große Entschlüsse zu fassen und erhabene Thatcn sich vorzunchmcn, sondern einfach und be scheiden seine Pflicht zu thun in stiller, treuer Arbeit und das Heran wachsende Geschlecht im Pflichtgefühl zu erziehen, auf daß im Augenblick, wo die Gefahr cintritt, ein Jeder bereit sei, sich selbst und sein Alles dem Staate zu opfern. Und so trinke er auf das Reich, getragen von den treuen Händen seiner Angehörigen. Herr Professor W cnck führte aus, daß unter all dem Gesträuch und Gestrüpp, durch welches, der gewöhnlichen Redeweise nach, der Mensch sich dnrchzuarbeiten habe von seinem ersten Lebenslage bis zu seinem Ende, man sich zu denken habe die unendliche Menge von Fragen, die das Leben an ihn stelle, von der ersten Frage an, wie seine Natur aufgefüttcrt zu werden verlange, ob durch Muttermilch oder Liebig's Kraftbrühe — bis zu der großen Schlußfragc, ob er seinen Leib im Wege des Begräbnisses der ewigen Ruhe, oder im Wege der Feuerbestattung dem Verschwinden auf ewig anheimzu- geben wünsche. Und dazwischen — welche Menge von Fragen, die ihn beschäftigen, die deutsche und die sociale, die handelspolitische, die orientalische u. s. w. Betrachte man aber diese letzteren genauer, so werden sic alle sich zurückführen lassen auf eine große Grundfrage: „wer Hammer, wer Amboß"? und diese Hammer-und Amboß-Frage werde denn auch Anwendung finden auf ein Verhältuiß, auf welches unsre Aufmerksamkeit zu richten hier besonders nahe liege — das Verhältnis; zwischen Buchhändler und Autor. Daß zwischen beiden ein Zusammenwirken stattfinde, in dem die Waffen des Geistes geschmiedet, zuweilen auch das Publicum breit geschlagen werde, darüber sei kein Zweifel! Wer aber hier der Hammer, wer der Amboß? Wohl glaube der Autor gern, sich ohne Weiteres als den Hammer betrachten zu sollen, unter dessen kräftigem Schwünge und gewaltigem Schlage die Funken sprühen; that- sächlich aber — wie oft müsse er sich als Amboß empfinden! Wie sei au den Schillcrsesten vergangener Jahre mit jeder Rede Schiller mehr und mehr zu einem Schatten geworden, zu sammenschrumpfend unter Entbehrungen und Schulden — während sein Buchhändler Cotta sich vor der Einbildungskraft der Hörer immer gewaltiger ansgcweitet habe als der, der ans des Dichters Kosten sich ab- und ausgerundet; andererseits aber, wie verrathe mancher moderne Lyriker ein so ernstliches Bestreben, sich zum Hammer, den Buchhändler zum Amboß zu machen, aus welchem er Herausschlage, was nur irgend möglich! Wohl glaube der Autor sich zur Rolle des Hammers berechtigt, weil er den Geist, der Buch händler in Papier, Druck u. s. w. nur den Leib des Werkes zu liefern habe; aber auch diesen Leib in rechter Art zu liefern, wie viel Geist sei oft erforderlich und wie manchmal sei es der Verleger, der zu einem Werke von vielen Bänden das geistige Band schaffe, an welchem die einzelnen Mitarbeiter sich lenken zu lassen, wohl manchmal auch zu zappeln hätten! Da sei denn das heutige Fest willkommen, sofern es uns über die Frage: wer Hammer, wer Amboß? hinweghelfe, willkommen, wenn es uns zeige, daß dies in dem vorliegenden Ver- 117, 22. Mai. hältniß eine gar nicht aufzuwerfende Frage sei. Dies Fest zeige uns in der Freundlichkeit, mit welcher von den Buchhändlern die Ein ladung ergangen, in der Fröhlichkeit, mit welcher sie von den Autoren angenommen sei, ein gegenseitiges Entgegenkommen, wie es zwischen Amboß und Hammer nie begegne; in den gegenseitig aus- getauschtcn Erklärungen und Versicherungen ferner zeige uns das Fest eine Harmonie von so trefflichem Klange, daß wir nicht mehr an die harten Schläge von Hammer und Amboß, daß wir vielmehr an ein Concert denken mögen, so harmonisch oder auch harmonischer, als das europäische Concert, von dem unter den europäischen Staaten so oft die Rede! Auf dies Concert — und daß es allezeit ein gutes Concert sei — ein Concert, in welchem von beiden Seiten stets die besten Saiten aufgezogen werden aber auch das Blech seine Schuldig keit thue und seinen Zweck erfülle — darauf ein Hoch! Jeder dieser Trinksprüche wurde mit gebührendem Beifall ausgenommen und die festliche und heitere Stimmung bedeutend ge steigert durch die Absingung einiger humoristischer Tafellieder, von welchen das erste in launiger Weise der im Buchhandel im vorigen Jahre aufgetauchten „Fragen" gedachte, das zweite — harmloserer aber nicht minder witziger Natur — ein „Lob des Buchhandels" brachte und schließlich nach Aufzählung all der Verdienste, die unser edler Stand um den Erdenbürger von der Wiege bis über das Grab hinaus habe, zu dem Resultate kam: „Wir alle sollen leben". — Dem Verleger der „Ausgabe der Bücherfreunde" hat es gewiß zu besonderer Befriedigung gereicht, daß auch dieses harmlose Kind einer heitern Laune für seine glückliche Idee bereits Propaganda machte, indem cs in echter und gerechter „Schwabachcr"und auf holländischem Papier gedruckt war. Der Dichter — eines der Mitglieder des Fest- comitös — wurde leicht errathen und bei seinem Erscheinen auf der Tribüne von der Versammlung mit stürmischem Jubel begrüßt. Was bei der herrschenden Stimmung kaum noch einem ernsteren Toaste gelungen wäre, sich Gehör zu verschaffen, das gelang Herrn Siegmey (Siegbert Meyer) aus Berlin, dem talentvollen, schnell bekannt gewordenen Feuilletonisten durch den Vortrag einer humoristischen Darstellung buchhändlerischer Freuden und Leiden, welche durch die drastische Kraft ihrer Darstellung, sowie die Kunst des Vortrags die allgemeinste Heiterkeit erregte. Wir glauben im Interesse aller Hörer, welchen einzelne Stellen leicht entgangen sind, sowie Derer zu handeln, welche verhindert waren, dem Festmahl beizuwohnen, wenn wir das Pok!m, der freundlich erthcilteu Erlanb- niß des Dichters gemäß, nachstehend sub T wörtlich abdrucken. Das für den Montag im Kaisersaale in der Centralhalle an- gcsagtc Zusammensein war im Ganzen nur schwach besucht. Die verschiedenen Diners bei den Herren Commifsionären mögen für diesen Abend wohl vielfach abhalten, außerdem aber haben gewiß die meisten nach zweitägigen großen und geräuschvollen Festen das Bedürsniß, sich im engeren Kreise über geschäftliche und private Fragen mit näheren Freunden auszusprechen, und suchen zu diesem Zwecke kleinere und behagliche „Schmollwinkel" auf. — Außerdem hatten die Herren vr. Eduard und Rudolf Brock Haus auf Mon tag Abend eine sehr zahlreiche Gesellschaft in ihre eleganten Salons geladen, die außer einem gewählten Collegenkrcise auch viele ange sehene Männer des Beamten- und Gelehrtenstandes vereinigte und ebensosehr durch die seltene Liebenswürdigkeit der beiden Gastgeber, als durch den allgemeinen Reiz, der sich an die Begegnung mit her vorragenden Persönlichkeiten knüpft, gewiß bei allen Teilnehmern die angenehmsten Erinnerungen hintcrlassen hat. Item, es war wieder einmal sehr schön und der Spruch von den „sauren Wochen, frohen Festen" wurde recht angemessen illustrirt. Hoffen wir, daß die Meisten auch die klingenden Resultate der sauren Wochen des vergangenen Jahres recht vergnügt nach Hause trugen
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