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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.06.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-06-28
- Erscheinungsdatum
- 28.06.1912
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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148, 28. Jum 1912. Nichtamtlicher Teil. Sörjenölütt s. b. Lvchn. tzuchhandel. 7869 Berichtsjahr noch beigelegt. Von einschneidendem Einfluß auf den gesamten Buchhandel waren die Tarifverträge, die der Deutsche Buchdruckerverein mit der Gehilfenschaft abgeschlossen hat und die eine ungefähr zehnprozentige Lohnerhöhung mit sich brachten. Der Verlag ist dadurch in eine unangenehme Lage gekommen, da er nicht immer willkürlich seine Preise entsprechend erhöhen kann. Ebenso wie die Buchdrucker haben die Buchbinder ihre Preise» um 10 Prozent erhöht entsprechend dem Abkommen der Buchbindereibesitzer mit ihren Gehilfen. Auch das Privat beamtenversicherungsgesetz trifft den Buchhandel schwer, ebenso wie die Beiträge zur Hinterbliebenenversicherung. Als erfreu liche Tatsache wird das neue Urheberrechtsgesetz in Rußland be zeichnet, das Bücher gegen Nachdruck schützt. Aus Verlagskreisen wird aber noch der Wunsch geäußert, daß Rußland auch der Berner Konvention beitreten oder wenigstens mit Deutschland einen Sondervertrag abschließen möchte, wonach der Schutz gegen Nachdruck und Übersetzung wechselweise gewährt wird. Auch der Beitritt der Niederlande zur Berner Konvention wird freudig begrüßt. Die Genossenschaftsbildung tritt im Buchhandel mehr und mehr zutage; auch Einkaufsgenossenschaften machen sich auf buchhändlerischem Gebiete bemerkbar, namentlich Ver einsbuchhandlungen, unter denen die Buchhandlung der Ärzte Deutschlands insofern eine besondere Stellung einnimmt, als sie vom Börsenverein deutscher Buchhändler gesperrt worden ist. Im Zusammenhang hiermit riefen verschiedene Artikel in der Münchner medizinischen Wochenschrift eine Beunruhigung der medizinischen Verleger hervor; sie waren jedoch glücklicherweise nicht von nachhaltiger Wirkung. Beim Zeitschriftenverlag bewegten sich die Ge schäfte in etwas aufsteigender Linie. Infolge der intensiven, von Jahr zu Jahr immer mehr gesteigerten Werbetätigkeit der Verleger ist die Leselust und das Bildungsbedürfnis in allen Fachkreisen dermaßen gehoben worden, daß damit vielfach auch eine Steigerung der Auflagen erzielt werden konnte. Merklich gehoben hat sich im besonderen der landwirtschaftliche Buch- und Zeitschriftenverlag, ein Erfolg, der allerdings bei der bestehen den außerordentlichen Konkurrenz nur durch allerbilligste Preise ermöglicht wurde. Fortgesetzt entstehen neue Zeitungsunter nehmungen. Als ein Zeichen der Zeit kann namentlich das Gründen von Fachblättern seitens zahlreicher Fachverbände und Vereine betrachtet werden, die alle ein eigenes Organ haben wollen. Durch die meist obligatorische Einführung des Abonne ments unter den Mitgliedern der betreffenden Verbände sowie bei der Jnserentenwerbung durch Ausübung von Zwang und Druck auf Lieferanten und Fabrikanten, bisweilen sogar unter Androhung von Boykottierung seitens der gedachten Verbände, werden die Formen im Wettbewerb unter den konkurrierenden Fachblättern immer schärfer und unangenehmer. Dabei ist der Ausgabenetat für die unumgänglich notwendige Reklame und Propaganda zur Abonnenten- und Jnserentengewinnung we sentlich höher geworden; damit haben aber die Einnahmen aus dem Jnseratengeschäft nicht gleichen Schritt gehalten. Infolge des starken Wettbewerbes sind die Preise sehr gedrückt, während die Ansprüche der Inserenten immer größer werden. Auch ist die Zahlungsweise der Abonnenten meist recht langsam, und es ergeben sich viele Ausfälle durch eingetretene Zahlungsunfähig keit. Die mit dem Jahre 1912 eintretende Erhöhung der Druck preise dürfte für die Verlagsgeschäfte im allgemeinen nicht un beträchtliche Opfer zur Folge haben, da eine Erhöhung der Abonnements- und Inseratenpreise nur schwer durchzusetzen sein dürfte. Der Handel mit Lehrmitteln für Schulen ließ sich auch im Berichtsjahre wieder erfreulich an. Auch die Ausfuhr nach dem Auslande nahm einen günstigen Verlauf. Im Antiquariatsbuchhandel war der Geschäfts gang im allgemeinen wieder regelmäßig. Im wissenschaft- lichen Antiquariat hielten sich die Preise durchschnittlich in ihren festen Grenzen. Ausnahmen bilden vergriffene Werke und besonders Serien von Zeitschriften, Akademie-Publikationen und ähnliche, nach denen besonders seitens der amerikanischen Bibliotheken eine starke Nachfrage ist. Sie sind in vollständigen Reihen von Jahr zu Jahr schwerer aufzutreiben und daher im Preise bedeutend gestiegen. Auch im Berichtsjahre wurden eine große Zahl hinterlassener Bibliotheken verstorbener Gelehrter und Bibliophilen und besonders belangreiche Sammlungen aus Börsenblatt für den Deutschen Buchbandel. 79. Jahrgang. dem Auslande nach Leipzig verkauft und häufig unter der Hand im ganzen weiter verkauft, so daß ganz hervorragende Samm lungen überhaupt nicht auf den offenen Markt kamen. Auch die Preise der Liebhaber-Antiquaria, d. h. seltener Werke, Inkunabeln, alter Holzschnittwerke, von Erstausgaben usw., zeigten eine steigende Richtung; es wurden zum Teil recht beträchtliche Preise dafür erzielt, soweit es sich um wirkliche Seltenheiten und schöne Exemplare handelte, wobei das Ausland stark in Wettbewerb trat. Maßgebend für die Preise ist in vielen Fällen das Ausland, speziell Nordamerika, obgleich nicht zu übersehen ist, daß auch im Jnlande die Zahl der kaufkräftigen Büchecliebhaber im Steigen ist. Beliebt ist die ortsgeschichtliche Literatur, für die stets ein guter Absatz zu erzielen ist. Der Antiquariatsbuchhandel mit klassischer und romanti scher Literatur ist dagegen im Vergleich zu den früheren Jahren stiller geworden. Besonders sind die Erstausgaben deutscher Klassiker und Romantiker im Preise stark gesunken, nur für beste Exemplare von Gesamtausgaben und gute Klassi ker hat sich der Preisstand behauptet. Dagegen hat der Handel mit Einbänden der gotischen Epoche bis zur Zeit der Romantiker, speziell mit den feineren Erzeugnissen französischer Werkstätten, einen ungeahnten Aufschwung genommen. Mehr und mehr macht sich im Publikum die Ansicht breit, daß alle, auch die neuesten Er scheinungen antiquarisch zu haben sind; veranlaßt wird dies durch den Umstand, daß die Verleger oft mit Rezensions- und Autorenexemplaren zu freigebig sind, und daß diese Exemplare dann in wenig anständiger Weise an den Antiquar weiter gegeben werden. Im Buchhandel und auch in den Kreisen der Gelehrten macht sich jedoch gegen dieses Verfahren eine starke Opposition geltend. Die Frage der Mitarbeiter wird immer schwieriger, je mehr sich der Buchhandel spezialisiert. Das Buchauktionswesen kommt auch bei uns mehr und mehr zur Geltung (in Leipzig beschäftigen sich drei Firmen damit), wofür das nunmehr im fünften Jahrgange erschienene »Jahrbuch der Bücherpreise« Zeugnis ablegt. Während hier die Preise für normale Bücher sich über einen mäßigen Durch schnitt kaum erheben, erzielen wirklich gute und seltene Bücher im allgemeinen sehr gute Preise. Bemerkenswert ist, daß auch hier die übermächtige nordamerikanische Konkurrenz einzusetzen beginnt. Diese würde wahrscheinlich noch stärker auftreten, wenn die Auktionskataloge immer frühzeitig genug zur Ver sendung gelangten, um den amerikanischen Käufern zu ermög lichen, rechtzeitig ihre Aufträge zu geben, was zum Teil nicht geschieht. Den Leipziger Auktionsmarkt beherrschte die Versteige rung der großen Geibelschen Autographen-Sammlung in zwei Ab teilungen. Die erste derselben im Mai brachte die höchsten bisher gezahlten Preise, besonders für die früheren Stücke, und erregte Aufsehen durch den Verkauf eines Lutherbriefes für über 100 000 Auffällig beteiligte sich an dieser Auktion die Luther halle in Wittenberg. Eine Sammlung kostbarer Manuskripte und Miniaturen des XII. bis XVI. Jahrhunderts brachte im Herbst ungewöhnlich hohe Preise. Eine der kostbarsten Hand schriften erwarb die Königliche Bibliothek in Berlin; im übri gen war Frankreich hierfür der Hauptabnehmer. Der Sortimentsbuchhandel hatte einen ungünsti gen Geschäftsgang zu verzeichnen. Die Ursache des Rückganges dürfte wohl hauptsächlich in der allgemeinen schlechten wirt schaftlichen Lage zu suchen sein, der Teuerung der Nahrungs mittel usw. Es wurden meist kleinere Werke in der Preislage bis zu 3 ^ gekauft und billige Sammlungen, wie die Teubner- sche »Aus Natur und Geisteswelt« oder »Wissenschaft und Bildung«, die zur Fortbildung der weniger bemittelten Kreise sich eignen. Auffällig ist, daß am Platze wissenschaftliche Litera tur so wenig verlangt wurde. Besonders wurden auch größere Werke hier nur in geringem Umfang gekauft. Namentlich der Student beschränkte sich in dieser Hinsicht aufs äußerste. Er freulich war, daß die Lieferung der vom Rate der Stadt Leipzig zur Bekälnpfung der Schundliteratur für die Schulen ange schafften Werke nur dem Leipziger Sortimentsbuchhandel über tragen wurde. Ganz entschieden bemerkbar machte sich eine Besserung des Geschmacks der Käufer für gute und neuzeitlich ausgestattete Bücher. Im Kommissionsbuchhandel kamen während des Berichtsjahres keine bedeutenden Ereignisse vor. Die durch den Zusammenschluß einiger Firmen entstandenen Konzerne er- 1026
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