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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.06.1876
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1876-06-26
- Erscheinungsdatum
- 26.06.1876
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- Deutsch
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Kräfte verfügen, streng wissenschaftliche Fachzeitungen ausgenommen, bei welchen Mitarbeiter zu sein für eine Ehrensache gilt. Wie Neigung und Beruf Oken an die Naturwissenschaften knüpfte und diese den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Thätigkeit desselben bildeten, so war auch der Inhalt der „Isis" ein vor wiegend naturwissenschaftlicher, natürlich in der dem Herausgeber eigenen absonderlichen Weise Nichtsdestoweniger war Oken immer bemüht, der Zeitschrift einen kosmopolitischen und internationalen Anstrich zu geben, indem er noch besonders die ausländische Litera tur beachtete und sogar Aufsätze in fremder Sprache mittheilte. Dem Inhalte der Zeitschrift entsprach auch die äußere Erschei nung, indem der Kopf des Blattes außer der Figur der Isis auch die des Osiris und Anubis zeigte. Ebenso begegnen wir in der Form Sonderbarkeiten auf Schritt und Tritt; wie sollen wir es anders bezeichnen, wenn am Ende eines Stücks mitten in einem Satze abgebrochen wird, und in der Pagination die größte Willkür herrscht! Wiewohl die Politik aus dem Programm der Zeitschrift aus geschlossen war, so schlich sie sich doch bald durch Oken's alles eigenartig und absonderlich gestaltende Brille in dieselbe ein. Zwar schrieb er noch vor dem Erscheinen des ersten Stückes an Brockhaus: das Blatt dürfe keinen politischen Charakter im Titel annehmen, weil die politischen Blätter in Weimar unter Censur ständen, er wolle politische Nachrichten u. s. w. erst nach einigen Monaten anfangen zu geben. Trotzdem druckte er gleich an der Spitze des ersten Stückes diejenige Stelle aus dem eben erlassenen weimarischen „Grundgesetze über die landständische Verfassung" vom 5. Mai 1816 ab, in welcher „das Recht auf Freiheit der Presse" ausdrücklich anerkannt war; bekanntlich mußte diese Versassung, durch deren Gewährung der Herzog Karl August zuerst unter allen deutschen Fürsten sein Wort einlöste, schon 18 l 9 auf Andringen Oesterreichs und Preußens wieder aufgehoben werden. Ebenso schrieb er an der Spitze des zweiten Stückes: „Ob wir wirklich Preßfreiheit haben oder ob sie durch literarische Privilegien und willkürliche Deutung und Ausdehnung derselben soll als Fratze ver spottet werden, wird der Fortgang der »Isis« lehren." Allerdings lieferten die Schicksale der „Isis" und ihres Herausgebers bald eine derartige Lehre. Im neunten bis elften Stück veröffentlichte nämlich Oken einen Aufsatz „Ueber das Grundgesetz über die landständische Verfassung des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach", der ganz im Tone der „Deutschen Blätter" gehalten war und sich auch über die Zustände in den übrigen deutschen Ländern bitter aussprach. Dieses Beispiel fand rasch Nachahmung und die unter dem Schutze der weimarischen Preßfreiheit gedruckte Zeitschrift wurde bald der Sam melplatz patriotischerEinscndungen aus allen Theilen Deutschlands, wenn diese auch nicht in der Form von Büchcrbesprechungen oder geschichtlichen Aufsätzen auftraten und der Anzahl nach gegen die fachwissenschaftlichen Abhandlungen aus der Naturwissenschaft sehr zurückstanden. Im ersten Jahrgange erschienen an politischen Auf sätzen: ein offener Brief des Ministers von Wangcnheim an den König von Württemberg gegen den berüchtigten Geheimen Rath Schmalz, eine von Freiherrn von Hormayr eingesandtc Reihe von Briefen des Geschichtsschreibers Johannes von Müller über oester- reichische Literatur und Literatoren, ein Artikel „Preußens neueste Anordnungen" von Wilhelm von Schütz u. s. w. Diese politischen Aufsätze der „Isis" vergrößerten zwar das Interesse für die neue Zeitschrift, erregten aber auch die Aufmerk samkeit der weimarischen Regierung. Infolge dessen schrieb am 22. October 1816 Oken an Brockhaus: „Ich habe bereits eine Menge Verdruß gehabt. Können Sie's sich denken, daß die Regierung, vorzüglich das Ministerium, ja so gar der Adel in Weimar völlich wüthend sind über meine Abhand lung über die landständische Verfassung? Es ist deshalb Minister rath gehalten worden, und hat man den Großhcrzog angegangen, als Souverän und polizeilich einzugreifcn, ja man hat sogar von Dienstentsetzung gesprochen, der Großherzog sagte dabei: »Ich als Souverän thue nichts. Man muß sich jetzt vor Gewaltstreichen höllisch in Acht nehmen. Wenn Ihr ihm aber rechtlich etwas an- haben könnt, so mag es seinen Gang gehen.« So weit geht es in unserem liberalen Weimar. Doch diese Wuth dauerte nur einige Tage, dann kamen sie zur Besinnung, und man trug dem Polizei präsidenten von Ziegesar bloß auf, einen Bericht darüber zu er statten, und jetzt schon hat ein Jurist den Auftrag, ein Gesetz gegen den Mißbrauch der Presse auszuarbeiten, wozu man ihm die Krugiade als Muster mitgeschickt hat... Was wird aber nun ge schehen, wenn erst Klagen von anderen Regierungen gegen die »Isis« einlaufen? So steht es bei uns. Niemand versteht, was Preß freiheit ist." Diese der „Isis" gleich bei ihrem Beginne drohende Gefahr war somit glücklich beseitigt. Aber sic hatte einen viel gefährlicheren Charakter gehabt, als Oken ahnte. Denn in jenem Ministerrathe war nicht nur über Maßregeln gegen ihn und sein Blatt verhandelt worden, sondern es hatten schon bestimmte Anträge der Landes- direction in Weimar darüber Vorgelegen, ja kein Geringerer als Goethe war entschieden gegen Oken und für Unterdrückung der „Isis" eingetreten. Die ganze Angelegenheit bietet, indem sie uns einen offenen Blick in die damaligen politischen Verhältnisse gestattet, ein so viel seitiges Interesse, daß es wohl angezeigt sein dürfte, dem Verfasser etwas eingehender in der Schilderung der Zustände jener Zeit zu folgen. So schreibt Eduard Brockhaus: Oken hatte in jenem Auf sätze die muthige That des Großherzogs Karl August, seinem Lande eine Verfassung gegeben zu haben, bereitwillig anerkannt und mit besonderem Lobe hervorgehoben, daß den Vorgängen in andern deutschen Staaten gegenüber in Weimar dieses Grundgesetz nicht infolge eines Kampfes mit dem Volke gegeben worden sei, „nicht aus Feigheit oder Zwang, sondern aus reinem Entschluß des Fürsten und aus ehrlicher Mitwirkung der Regierung". Indessen erklärte er weiter: Wie sehr er auch „den guten Willen, die Weis heit, Klugheit, Vorsicht, Geschäftskunde", welche sich in dem Grund gesetze aussprechen, zu schätzen wisse, fühle er sich doch durch Wahr- heits- und Vaterlandsliebe zu dem Geständniß gedrungen, daß er die Grundlagen der Ständecinrichtung für „völlig verfehlt" halte und in jenem Grundgesetze „nicht eine Spur von Staatsgrundgesetz" erkennen könne. Die Rechte des Volkes seien darin keineswegs fest gesetzt und anerkannt. Von diesen Rechten sei eigentlich nur eins verbürgt, die Preßfreiheit; alle übrigen, deren er 23 aufzählt, seien gar nicht erwähnt. „So also", schloß er, „steht es mit unserer hoch gepriesenen Versassung!" Und zu größerer Deutlichkeit ist unter diesem Satze noch eine auf denselben hinweisende Hand abgebildet. Die Landesdircction zu Weimar beschäftigte sich sofort mit diesem Aufsatze, der Großherzog legte indeß die darüber entstandenen Acten zunächst Goethe vor, wohl weniger dem Staatsminister, als vielmehr seinem Berathcr auch in solchen Angelegenheiten, welche nicht gerade in dessen Geschäftsbereich fielen. Goethe entsprach dem Wunsche deS Großherzogs durch ein eingehendes Gutachten, welches darin gipfelte, daß mau nicht halbe Maßregeln ergreifen möge, sondern das Blatt sogleich verbiete. „Man fürchte sich ja nicht — schreibt Goethe — vor den Fol gen eines männlichen Schrittes, denn es entstehe daraus was wolle, so behält man das schöne Gefühl, recht gehandelt zu haben, da die Folgen des Zauderns und Schwankens auf alle Fälle peinlich sind. Mit dem Verbot der »Isis« wird das Blut auf einmal gestopft; es 308*
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