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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.06.1876
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1876-06-26
- Erscheinungsdatum
- 26.06.1876
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- Deutsch
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ist männlicher, sich ein Bein abnehmen zu lassen, als am kalten Brand zu sterben. Wenn ich nun aber durch diesen chirurgischen Schnitt die Krankheit auszurotten dringend anrathe, so kann ich dagegen keineswegs räthlich finden, fiscalische Klage gegen ihn zu erheben; hierdurch würde eine Sache, die abgethan und der Ver gessenheit übergeben werden sollte, verewigt und erst recht in die Breite getreten." Und weiter fährt dann Goethe fort: „Oken's Unternehmen ist catilinarisch, und wer hätte Lust, den Cicero zu spielen, der schlechten Dank verdiente, daß er die Stadt rettete? — Wie ich oben eine schülerhafte Demüthigung von ihm abzulchncn gedachte, so will ich jetzt die Gefahr schmählichster Behandlung von ihm ablenkcn. Wer steht dafür, daß die Scenen sich erneuern, die durch Schlözer's Anzeigen die Welt erschreckten, aber leider über größeren Gräuel vergessen sind? Waser'n wurde das Haupt ab geschlagen, Graf Münster mit Hetzpeitschen lederweich traktirt, und das sollte sich nicht wiederholen? Wer will denn diesem Oken, der noch immer verdient in der Wissenschaft eine glänzende Rolle fort zu spielen, wer will ihm zu Hülfe kommen, wenn ihn junge Mecklen burger überraschend aufs Gräßlichste mißhandeln? und wie kann ein Staat solche Handlungen bestrafen, der sie hervorruft, indem er sich selbst in den Naturzustand erklärt und den Krieg Aller gegen Alle verfassungsmäßig macht?" Trotz Goethe's eindringlicher Sprache und wohlgemeinten Rathes konnte sich der Großherzog doch nicht entschließen, die „Isis" sofort zu unterdrücken, freilich scheint denselben Goethe's Vorschlag aber auch bestimmt zu haben, von anderen unzweckmäßigen Maß regeln abzustehen. Dagegen schritt man nunmehr in Oesterreich gegen die „Isis" ein und wurde diese daselbst noch vor Ende 1816 verboten. Oken schrieb darüber am 18. Januar 1817 an Brockhaus: „Warum die »Isis« in Wien verboten worden, weiß ich nun. Man hat nämlich dort allgemein behauptet, der Name »Isis« bedeute einen geheimen Bund und es wäre diese »Bundeszeitung« und ich der Meister oder Schreier davon. Deshalb sei in allen wiener Zeitungen gewesen, ich wäre nicht blos in Untersuchung, sondern im Gefängniß Wenn sich also die Sache aufklärt, so wird auch das Verbot in Oesterreich aufhören. In Baiern ist Alles gewonnen. Die Postämter dürfen nun die »Isis« kommen lassen." So naiv wie diese Ansicht, so unschuldig war auch das Verbot der „Isis", denn es gab Mittel und Wege genug, sie trotzdem in das Land zu bringen, und das Interesse für ein Blatt wuchs natürlich nur durch dessen Verbot, wodurch die „Isis" zu einem der gelesensten Blätter in Deutschland wurde. Nicht so harmloser Natur war dagegen ein weiterer Conflict, in den Oken mit seiner Regierung verwickelt wurde. Veranlassung dazu gab eine Schilderung des Wartburgfestes, an dem bekanntlich auch Oken theilgenommen hatte, mit Abbildungen der von den Studenten dort in übermüthiger Laune verbrannten Gegenstände, z. B. des deutschen Zopfes. Infolge davon wurde dieses Blatt conftscirt, und der Fortdruck der „Isis" provisorisch untersagt. Später wurde das Verbot wieder aufgehoben und das Weiter erscheinen der „Isis" gestattet unter der Bedingung, daß Oken ver spreche, darin nur reinWissenschaftliches und namentlich nichts über Kotzebue's Prozeß mit Luden zu bringen. Letzteres versprach Oken für die Dauer des Prozesses, während cs wider seine Grundsätze sei, etwas für die Ewigkeit zu versprechen. Inzwischen war auch das Erkenntniß der großherzoglich sächsischen Landesregierung zu Weimar erfolgt, durch welches Oken zu sechs Wochen Festungsarrest verurtheilt wurde, mit dem Zusatze, daß er „vor der Wiederholung solcher Vergehungen bei ungleich härterer Strafe zu verwarnen" und außerdem zur Bezahlung der Untersuchungskosten anzuhalten sei. Doch wurde dieses Urtheil der Justizbehörde zu Weimar von dem Oberappellationsgericht zu Jena wieder cassirt und Oken von der ihm zuerkannten Strafe frei gesprochen. So war Oken zum zweiten Male der Gefahr, bestraft zu wer den, entronnen, aber schon ein Jahr später drohte ihm eine neue Maßregelung von Seiten seiner Regierung. Am 11. Mai 1819 er ging nämlich ein Rescript des Großherzogs Karl August an die Universität Jena, worin dem akademischen Senate aufgegeben wurde: „dem Hofrath und Professor vr. Oken die Alternative zu stellen, entweder die Herausgabe der „Isis" und jedes anderen ähnlichen Blattes, es erscheine nun unter diesem oder jenem Titel, sofort und gänzlich aufzugeben, oder seine Stelle als Professor augen blicklich niederzulcgen". Ein Rescript des Herzogs August von Sachsen-Gotha und Altenburg an die Großherzoglich Herzoglich Sächsische Gesammtuniversität vom 10. Mai enthielt die gleiche Weisung. Motivirt wurde dieselbe folgendermaßen: Oken fahre fort, in der „Isis" eine Sprache zu führen, welche die höchste Miß billigung verdiene; er verletze nicht nur fortwährend die allgemei nen Pflichten des Schriftstellers, Sitte, Anstand, Zucht u. s. w., sondern er lasse zugleich seine besonderen Pflichten als öffentlich an- gestelltcr Lehrer der Jugend gänzlich unbeachtet. Gern habe man ihm bis jetzt alle Schonung angedeihen lassen, da aber die ihm ge wordene Warnung keinen Erfolg gehabt, der nachtheilige Einfluß eines solchen fortgesetzten Mißbrauchs auf die Zwecke und den Ruf der Universität nicht zu verkennen sei, und Hofrath Oken keine Sicher heit gewähre, daß er von seiner „kaum glaublichen Verirrung" zurück kommen werde, so sehe man sich zu jener Alternative genöthigt. Uebrigens behielt die Regierung ihrem Fiskal außerdem etwaige Klagen gegen Oken bei der kompetenten Justizbehörde ausdrück lich vor. Der akademische Senat der Universität sprach sich mit Nach druck und Unerschrockenheit für ihr Mitglied aus und vertheidigte dasselbe nach Kräften, jedoch vergebens. Oken wurde nach seiner von „Uebermuth" und „Rücksichtslosigkeit" dictirten Erklärung seines Amtes entlassen. Die wcimarische Regierung konnte nach einem solchen Benehmen von Seiten Oken's, ohne ihrer Autorität zu schaden, nicht anders handeln, obgleich die Absetzung desselben in ganz Deutschland das peinlichste Aufsehen erregte. Die Studi- renden der Universität Jena blieben hinter ihren Professoren nicht zurück und bereiteten Oken eine Ovation, der auch Brockhaus bei wohnte. Aus allen Theilen Deutschlands und selbst vom Auslande her erhielt Oken zahlreiche Beweise der Theilnahme. Der weimarischen Regierung war aber mit der Absetzung Oken's noch nicht genug geschehen, sondern sie suchte die „Isis" zu unterdrücken. Brockhaus, in derartigen Angelegenheiten bewandert, stand seinem Freunde mit Rath und That kräftig zur Seite. So wurde der Druck der „Isis" nach Rudolstadt verlegt, und daselbst, Dank der Kleinstaaterei, von dem patriotischen Buchdruckereibesitzer vr. Fröbel unbehelligt fortgesetzt. Obwohl die königlich sächsischen Behörden die Zeitschrift jetzt ebenfalls schärfer überwachten, besorgte doch Brockhaus deren Debit nach wie vor. Auch ferner hatte Oken noch verschiedene Prozesse wegen ein zelner Aufsätze in seiner Zeitschrift mit der weimarischen Regie rung zu bestehen, namentlich auf Reclamation von Seiten der oester- reichischen Regierung. Oken blieb auch uach seiner Entlassung von der Professur zu nächst noch in Jena und widmete sich ungestört der Herausgabe der „Isis" wie seiner wissenschaftlichen Werke. Doch entschloß er sich vom Jahrgange 1824 an alle Politik von seiner Zeitschrift fern zu halten. Die „Isis" hatte seitdem einen rein wissenschaftlichen, vor zugsweise naturwissenschaftlichen Charakter und behielt diesen auch
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