Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.08.1876
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1876-08-21
- Erscheinungsdatum
- 21.08.1876
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18760821
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187608217
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18760821
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1876
- Monat1876-08
- Tag1876-08-21
- Monat1876-08
- Jahr1876
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Nichtamtlicher Theil. Zur deutschen Buchstabenschrift. Unter dieser Aufschrift bringt der Schwäbische Merkur nach stehende Mittheilung von einem in Mailand lebenden Landsmanne: „Da es schon seit mehr als zwanzig Jahren meine Haupt beschäftigung ist, mit Italienern deutsche Werke zu lesen, so möchte ich in der Buchstabenschriftfrage ein Wort mitreden, umsomehr, da die bei den Italienern gemachten Erfahrungen, da wo kein politischer Aberwille obwaltet, auch bei den andern Nationen maßgebend sein dürften. Von den drei Gründen, welche für die Abschaffung der deutschen Druckschrift und für die Einführung der lateinischen geltend gemacht werden, befasse ich mich hauptsächlich mit dem oftgehörten: der Rücksicht auf fremde Nationen. Wenn von Italienern die Frage an mich gestellt wird: Wann werden die Deutschen die allgemeine lateinische Schrift einführen? so antworte ich mit der größten Sicher heit: Mein Herr, Sie sind der deutschen Sprache vollständig unkundig, und fehle nie; denn alle, welche die deutsche Sprache lesen, schreiben und sprechen, haben einen Widerwillen gegen die deutsche Schrift im lateinischen Gewände. Ich bin ganz überzeugt, daß, wenn ein Schiller in lateinischer Schrift aufgelegt würde, derselbe un verkäuflich wäre, während er in seinem jetzigen Kleide großen und immer größer» Absatz findet. Schon in der deutschen Handschrift kostet es öftere Wiederholung, den Italiener dahin zu bringen, z. B. im kaufmännischen Briefe gewisse Wörter wie Ucberschriften, Unter zeichnungen, Namen fremder Produkte und verschiedene Formen Gebrauchs Haber mit der lateinischen Schrift zu schreiben. Der Italiener will absolut, sei es nun gedruckt oder geschrieben, für die deutsche Sprache ihre deutsche Schrift. Bei den Gelehrten und Denen, welche die deutsche Sprache nur lesen wollen, ist der lateinische Druck wissenschaftlicher Werke weder von Vor- noch Nach theil, und wenn dabei auf fremde Nationen Rücksicht genommen wurde, so hat man sich geirrt, da die Lesung des deutschen Textes bei stufenmäßigem Fortschreiten in der Grammatik auf keine Hinder nisse und beinahe auf keinen Zeitverlust stößt. In deutschen Antho logien, in welchen beide Schriften zur Anwendung kommen, indem für wissenschaftliche Artikel die lateinische Schrift gebraucht wird, fällt der Unterschied zum Vortheil der deutschen Schrift aus. Die lateinischen Buchstaben mögen immerhin in Conversationsbüchlein für Solche gebraucht werden, die kein deutsches Wort verstehen; nicht aber für Jene, welche die Grammatik absolvirten und in der Fami liensprache Geläufigkeit erlangen wollen. Wenn bisher von dem Aberwillen der Italiener an dem lateinischen Anzuge der deutschen Sprache gesprochen wurde, so mögen nun die großen Nachtheile an das Licht gestellt werden, welche durch die lateinische Buchstaben schrist sür die Studirenden fremder Nationen entstünden. Sowohl die Orthographie als die Aussprache würde der Art beeinträchtigt, daß schon dadurch viele Lernende zurückschrecken würden und der Lehrer eine weit vermehrte und schwierigere Arbeit hätte. Wir haben im Deutschen folgende kleine Eszeichen: s, s, ss, ß und nach Neuerungen auch ss; dieselben können nicht willkürlich gebraucht werden, sondern folgen ganz bestimmten Regeln und ss, ß geben zugleich die Länge oder Kürze des vorhergehenden Vo- cals an; nun existirt in der lateinischen Schrift nur das runde s, wodurch es unmöglich ist, die Orthographie obiger Es zu erlernen und nicht einmal, wenn selbst für die geschriebenen deutschen Buchstaben die lateinischen gesetzt würden. Nehmen wir die Beispiele Straße und Gasse, Füße und Flüsse, welche in lateinischer Schrift Ltrasss, 6a,88s, l?üsss, bllüsos gesetzt wer den, so würde die fremde Nation je aus Zufall bei Straße das a kurz, bei Gasse das a lang; bei Füße das ü kurz und bei Flüsse lang lesen; oder man wäre gezwungen, zu schreiben: StrZLse, 6U88S, kü886, l?lÜ88e. Diese Zeichen auf Umlaute ä, ö rc. wären für das Ausland unumgänglich erforderlich und wer praktisch eine deutsche Grammatik für Italiener mit lateinischen Lettern von L.1V. durchmachtc, ist zeitlebens von der Idee geheilt, die zur deutschen Sprache gehörigen deutschen Lettern mit lateinischen zu vertauschen. Zum Selbststudium war die Grammatik gar nicht anwendbar und mit Lehrern war das Erlernen so mühsam und mangelhaft, daß die Blätter als Einwickelpapier schließlich verwendet wurden. Die Grammatik wurde aus dem einfachen Grunve mit lateinischen Let tern gedruckt, weil die Typographie keine deutschen hatte, und dem Publicum wurde im Vorworte weiß gemacht, daß man in Deutsch land beinahe allgemein die lateinischen Lettern anwende; die Schüler aber hatten sich an falsche Aussprache und fehlerhafte Orthographie so sehr gewöhnt, daß die meisten nicht mehr zu ver bessern waren. Das runde s vor ch, wie in Väschen, Lieschen, Wieschen wurde für Büschen, Lieschen, Mieschen gelesen, da die lateinischen Druckbuchstaben für sch und sch nur das Zeichen 8ob haben. Der dritte Grund für die Annahme der lateinischen Lettern aus Rücksicht für die fremden Nationen ist somit gänzlich bodenlos und nachtheilig; wenn dies aber auch wäre, so würde dennoch zu viel verlangt, aus Rücksicht für die Fremden auf unsere Nationalschrift zu verzichten; es fehlte nur noch, daß aus gleichen Gründen in deutschen Landen die deutsche Sprache aus Rücksicht sür die fremden Nationen abgeschafft würde. Bezüglich eines zweiten Grundes: die deutsche Schrift sei unleserlich, muß bemerkt werden, daß es die gartengitter ähnliche lateinische Schrift noch mehr ist. Ich gebe zu, daß in der deutschen Druckschrift E und C, V und B, R und N, s und f, x und r, e und c sich sehr gleichen, was für den Fremden oft störend ist, ganz besonders bei s und f. Bei x und r trifft die Hauptschuld die Schriftgießer, welche das ursprünglich stark markirte x dem r immer mehr annäherten, so daß in einigen modernen Charakteren der Un terschied kaum noch bemerkbar ist. Es wäre Sache der Schrift gießerei gewesen, den verschiedenen Theil bei ähnlichen Buchstaben immer mehr anstatt weniger zu markiren und wenn Verleger, die ihre Bücher auch theilweise fürs Ausland bestimmen, eine schärfere Markirung absolut verlangen, so werden sich die Schriftgießer schon darnach richten und die verschrieene Unleserlichkeit fällt sogleich weg. Ohne daß die Hauptform des Buchstabens leidet, kann er durch stärkere Striche, Häkchen oder Bögen klar und deutlich gemacht werden; warum sollte aus Furcht vor einer so kleinen Mühe an wenigen Buchstaben die ganze Schrift verworfen werden, um her nach mit der lateinischen alle Uebel hundertmal stärker zu fühlen, bis endlich doch wieder allgemein zu der Landesschrift zurückgekehrt würde. Ein weiterer Punkt endlich, die angebliche Häßlichkeit der deutschen Druckschrift, hat für fremde Nationen wenig Interesse und ist Geschmackssache. Ob eine Schrift, die aussieht wie einige in der Ferne aufgestellte Infanterieregimente!:, wie die lateinische, schöner ist, als eine andere mit mancherlei Formen, darüber kann eine ein zelne Person nicht entscheiden. Daß aber Engländer und Fran zosen, die nie ein deutsches Buch in der Hand hatten und haben werden, eine Freude ausdrücken würden, wenn Deutschland seine deutschen Schrift- und Druckbuchstaben mit fremden vertauschte, be haupte ich selbst; welcher Art aber diese Freude sein würde, dürfte spottend und beißend genug an den Tag treten." Miscellen. Aus Berlin, 16. Aug. schreibt man der Deutschen Allgemeinen Zeitung: „Am 20. Juni d. I. hat der Unterrickitsminister die Provin- zialschulcollegien angewiesen, das Deutsche Lesebuch für höhere Schulen von Bone wegen seiner erheblichen Mängel aus sämmtlichen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder