Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.08.1876
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- 1876-08-02
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- 02.08.1876
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177, 2. August. Nichtamtlicher Theil. 2751 fehlbarkeit sich breit macht, nicht beistimmen, so huldigen wir doch dem ^.uärutur st altern pars und erkennen ihr in dieser Beziehung ihre Berechtigung zu, ja wir leugnen sogar nicht, daß sie negativ viel zur Klärung unserer philosophischen Ansichten und zur Erkennt- niß der Wahrheit beigetragen hat. Besonders ist es Schopenhauer, der nach dieser Richtung hin gewirkt und die Bahn für weitere Forschung gebrochen hat; Brock haus aber ist das Verdienst zuzuschreiben, ziemlich am Ende seines Lebens auch die Philosophie noch in seinen Verlag ausgenommen und dem neuen Gestirn an deren Himmel, Arthur Schopenhauer, den Weg zu seiner nachmaligen Bedeutung eröffnet zu haben. Durch Freiherrn von Biedenfeld wurde Brockhaus zuerst auf den jungen, damals noch ziemlich unbekannten Philosophen auf merksam gemacht, obgleich er schon längere Zeit mit dessen Mutter, der bekannten Romanschriftstellerin Johanna Schopenhauer in Wei mar, in freundschaftlichen und literarischen Beziehungen gestanden hatte. Es gab dies zu einem Verkehr zwischen beiden Männern Veranlassung, der ebenso charakteristisch für den Autor Schopen hauer wie für den Verleger Brockhaus ist, indem ersterer an Selbst gefühl und Ueberhebung es nicht fehlen läßt, während letzterer ihn in seiner nicht minder derben Weise bedient. Auf Herrn von Biedenseld's Empfehlung des jungen Gelehr ten hin fand sich Brockhaus bereit, einem Artikel desselben über dessen Ansicht von den Farben in der fünften Auflage des Conver- sations-Lexikon Aufnahme zu gewähren. Auf diese Mittheilung hin schrieb Schopenhauer am 28. März 1818 folgenden für sein ganzes Wesen charakteristischen Brief an Brockhaus: „Da mir Hr. v. Biedenfeld gesagt hat, daß Sie, auf eine vor läufige Anfrage, nicht abgeneigt wären, ein Manuscript von mir zu drucken; so nehme ich mir die Freiheit Ihnen näher anzugebcn, wovon die Rede ist.*) Ich will nämlich zur nächsten Michaelis- Messe ein philosophisches Werk erscheinen lassen, an welchem ich hier seit 4 Jahren unablässig gearbeitet habe. — Es wäre nun einerseits sehr am Unrechten Ort, dem Verleger gegenüber als Schriftsteller den Bescheidenen spielen zu wollen: andererseits ist es überall unrecht den Charlatau zu machen. Daher will ich Ihnen zugleich offen und gewissenhaft über mein Werk dasjenige sagen, woran Ihnen, meines Erachtens, gelegen sehn kann. Zugleich aber nehme ich Ihnen, als einem Mann von Ehre, hiermit das Ver sprechen ab, das Gesagte streng zu verschweigen, sogar den Titel des Buches, welchen Niemand früher als aus dem Meßkatalog er fahren soll. „Mein Werk also ist ein neues philosophisches System: aber neu im ganzen Sinn des Wortes: nicht neue Darstellung des schon Vorhandenen: sondern eine im höchsten Grad zusammenhängende Gedankenreihe, die bisher noch nie in irgend eines Menschen Kopf gekommen. Das Buch, in welchem ich das schwere Geschäft, sie An dern verständlich mitzutheileu, ausgeführt habe, wird, meiner festen Ueberzeugung nach, eines von denen sein, welche nachher die Quelle und der Anlaß von hundert anderen Büchern werden. Jene Ge- dankenrcihe war, dem Wesentlichen nach, schon vor 4 Jahren in meinem Kopfe vorhanden: aber nm sie zu entwickeln und sie durch unzählige Aufsätze und Studien mir selber vollkommen deutlich zu machen, bedurfte es ganzer 4 Jahre, in welchen ich mich ausschließ lich damit und mit den dazu gehörigen Studien fremder Werke be schäftigt habe. Bor einem Jahre fing ich an das Ganze in zusam menhängendem Vortrage für Andere faßlich zu machen, und bin damit eben jetzt fertig geworden. Dieser Vortrag selbst ist gleich fern von dem hochtönenden, leeren und sinnlosen Wortschwall der neuen philosophischen Schule und vom breiten glatten Geschwätze der Pc- *) Orthographie und Jnterpunclioii sind hier genau nach dein Schopmhauer'jchen Original. riode vor Kant: er ist im höchsten Grade deutlich, faßlich, dabei energisch und ich darf wohl sagen nicht ohne Schönheit: nur wer ächte eigene Gedanken hat, hat ächten Stil. Der Werth, den ich aus meine Arbeit lege, ist sehr groß: denn ich betrachte sie als die ganze Frucht meines Daseins. Der Eindruck nämlich, welchen auf einen individuellen Geist die Welt macht, und der Gedanke, durch welchen der Geist, nach erhaltener Bildung, auf jenen Eindruck reagirt, ist allemal nach zurückgelegtem dreißigsten Jahre da, vorhanden und geschehen: alles Spätere sind nur Entwickelungen und Variationen desselben. Ist nun diese Reaktion, dieser Gedanke, ein vom gewöhn lichen, wie er sich täglich in Millionen Individuen wiederholt, ver schiedener und wirklich eigenthümlicher; so kann nun auch das Werk in welchem er sich ausspricht und mittheilt, sogleich vollendet werden, sobald nur ein günstiges Geschick die Muße, die innere und äußere Ruhe dazu giebt. Dies ist nun, wie ich glaube, mein Fall gewesen. Wollte ich demnach, gemäß dem Werthc, welchen ich auf mein Werk lege, meine Forderungen an Sie abmessen, so würden diese außer ordentlich, ja unerschwingbar ausfallen. Sogar aber wenn ich auch nur nach dem Werth, den, meines Erachtens, das Manuscript für den Verleger haben wird, die Forderungen machen wollte, würden sie schon stark sein. Allein anch dieses werde ich nicht, weil ich nicht verlangen kann, daß Sie alles Gesagte mir ganz auf mein Wort glauben, sondern Sic natürlich argwöhnen müssen, ich sei durch Eigen liebe bestochen. Dies annehmend bequeme ich mich von der Rücksicht auszugehen, daß mein Name noch sehr wenig bekannt ist, und daß ein philosophisches Werk, solange es keinen Ruhm erlangt hat, vor's Erste kein großes Publikum findet, wiewohl nachher ein desto grö ßeres. Hieraus also gründen sich folgende höchst billige Forderungen. „Das Werk hat zum Titel: »Die Welt als Wille und Vorstel lung, von Arthur Schopenhauer, nebst einem Anhang, der die Kritik der Kantischen Philosophie enthält.« — Es wird, nach ungefährer Schätzung, wenn, wie ich durchaus will, in groß Octav mit höchstens 30 Zeilen auf der Seite gedruckt, 40 Bogen machen, die nicht in 2 Bände getheilt werden dürfen. Sie erhalten N des -K8 ganz gewiß Mitte Juli: nicht früher, weil ich jetzt, da es eben fertig, es selbst ins Reine schreiben will, um dabei noch beträchtliche Verbes serungen im Vortrag vorzunehmen. Das letzte Vz des N8 erhalten Sie spätestens Anfang Septeniber. Sie machen sich verbindlich, das Werk zur Michaelismesse zu liefern, aus gutem Druckpapier, in großem Format, mit scharfen Lettern schön gedruckt. Sie versprechen in einem Kontrakt allerhöchstens 800 Exemplare zu drucken und begeben sich förmlich aller Ansprüche aus eine 2. Auflage. Sie ver sprechen mir auf Ehre und Gewissen jeden Bogen 3 Mal und das letzte Mal von einem wirklichen von mir genehmigten Gelehrten, der das N8 zur Hand hat, auf das sorgfältigste korrigiren zu lassen. Sie bezahlen mir das kaum nennenswerte Honorar von einem Du katen für den gedruckten Bogen, und zwar gleich bei Ablieferung des N8: denn ich reise, sobald ich es übergeben, nach Italien ab, welche Reise ich bloß dieser Arbeit wegen um 2 Jahre verschoben habe. Sie lassen mir endlich 10 Exemplare auf schönem Papier zukommen. „Ihnen das N8 zur Durchsicht schicken, kann ich nicht, theils weil cs jetzt nur mir leserlich ist, theils weil ich es nicht aus den Händen gebe, solange keine Abschrift vorhanden, endlich auch weil ich beständig damit beschäftigt bin. „Ihre gefällige ganz entschiedene Antwort erbitte ich mir ohne Aufschub, weil, falls Sie meinen Antrag nicht annehmen, ich Jeman dem, der nach Leipzig geht, auftragen werde, mir dort auf der Messe einen Verleger zu suchen." Die Sicherheit, mit welcher Schopenhauer bei so jungen Jahren ^ anftrat, schien Brockhaus imponirt zu haben, der in gewisser Be- I ziehung, was Entschiedenheit und Energie betrifft, ein verwandter s Charakter war, so daß er umgehend mit Annahme des Verlags des 374*
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