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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-05-17
- Erscheinungsdatum
- 17.05.1905
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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folgenden langwierigen Vorbereitungs- und Wartezeit ins Gewicht, die durch keinerlei Stipendien erleichtert werden, die im Gegenteil einem Stück gesellschaftlicher Quarantäne manchmal nicht unähnlich sehen. Das Stipendienmesen wird also kaum mehr ganzen, ärmern Schichten das Studium zu gänglich machen, vielmehr es nur manchen ohnehin dafür in Betracht kommenden erleichtern. Die Sitte schreibt eine Lebensführung auf bestimmter Stufe vor. Wer sich durch Stipendien dieser Stufe mühsam anzugleichen sucht oder wem als höchster Wunsch vorschwebt, mit Hilfe von Unter stützungen die sonst einfachere Lebensführung mit der feineren einer farbengeschmllckten Verbindung zu vertauschen, der wird sich oftmals nicht die aufrechte Kraft und das zuversicht liche Selbstbewußtsein erhalten, das die Verwendung seiner Talente für die Gesamtheit besonders erwünscht erscheinen ließe. Die Mehrzahl der Stipendiaten wird wie die der reichern Studenten Mittelpunkt sein, und es liegt kein Be dürfnis vor, dies aus den ärmern statt aus den reichern Kreisen zu gewinnen. Für eine gewisse Blutserneuerung reicht das Stipendienwesen in seiner jetzigen Ausdehnung aus, und besonders begabte Kräfte haben heut andre Mittel, emporzukommen. Da versprechen die jetzt vielgerühmten -amerikanischen Arbeitsmethoden- viel mehr, wertvolle Kräfte hochzubringen. Diesen wird es heut auch in unfern Großstädten möglich sein, sich durch eigne Arbeit weiterzu bilden und sich gleichzeitig selbst durch ihre Arbeit die Mittel zum Studium zu verschaffen. Allerdings werden solche Leute meistens darauf verzichten müssen, in herkömmlicher Weise als -Studenten« zu leben, während sie studieren. Aber ihre Ausbildung und ihre spätere Brauchbarkeit für den Staat und die Volksgesamtheit wird um deswillen keineswegs zu leiden brauchen. Als die Geldstipendien aufkamen, fehlten dein Volke die Massen der Akademiker, die es brauchte. Die Form der Ab hilfe war damit gegeben. Heute warnen nacheinander alle gelehrten Berufe vor Zuzug, hören wir immer wieder von Überfüllung und selbst von akademischem Proletariat reden. Wenn wir heute Probleme der akademischen Bildung er örtern, so haben wir Vorschläge im Auge, die Allseitigkeit, Eindringlichkeit und Güte der Ausbildung zu fördern. Diesem neuen Zustande sollte auch die Förderung der ge lehrten Anstalten durch gemeinnützige Stiftungen Rechnung tragen. Das würde geschehen mit der Einrichtung von Buchstipeudien. Mit den Kosten der Lebenshaltung rechnet heutzutage die Familie, die einen Sohn auf die Hochschule schickt. An Büchern aber spart die große Mehrzahl aller Studierenden zum Schaden ihrer Ausbildung. Die Bllcherbeschaffung ist nicht so wie die Semesterzahl und die Prüfungen vorgeschrie ben. Die Eltern können die hier nötigen Anschaffungen nicht übersehen; der junge Student kann es auch nicht immer und er ist natürlich gern geneigt, zu meinen, durch seine Kollegien oder durch die Bibliotheken erübrige sich für ihn die Be schaffung. Für sein Geld seien andre Verwendungszwecke dringlicher. Aber selbst wer pflichteifrig sich die Nächstliegen den Lehrbücher anschafft und dafür bei den Eltern eine offne Hand findet, der wird doch schwer durchsetzen, daß ihm etwa »eben dem medizinischen Lehrbuch seines Professors auch dessen Lebenserinnerungen gekauft werden, obschon diese viel mehr geeignet sein können, ihn zu einem ganzen Mann und zu einem Arzt von weitem Blick zu machen. Er wird vielleicht die juristischen Kommentare, aber nicht die volks wirtschaftlichen Handbücher und Spezialschristen erhalten und nicht dazu kommen, den Inhalt der aus rein menschlichem Interesse gehörten geschichtlichen, literarischen oder sozial politischen Kollegien durch Erwerbung von Büchern und Vertiefung darin sich zu dauerndem, wertvollem und Achtung- Börsenblatt für den deutschen Buchbandel. 72. Jahrgang. gebendem geistigen Besitz zu machen Für eine ganze Anzahl kleinerer Stipendien dürfte cs heut die beste Verwendung sein, wenn sie für Bücherkäufe verwandt würden. Aber von seiten der Stipendienvcrwaltnngen fehlen die Hand haben und bei den Empfängern der feste Wille oder die klare Einsicht, um diese Verwendung zu erzielen, in nahezu allen Fällen. Die Dürftigkeit der Studenten - Büchereien trägt einen Teil der Schuld, daß für viele akademische Facharbeiter die Universitas littsrarum ein toter Begriff bleibt, daß auch im Fachstudium die Kenntnisse zuviel Merkmale des zufällig An gelernten, zu wenig Spuren eigner Einarbeitung tragen. Wir wissen von den Schulprämien her, wie ein wohlgewähltes Buch in eignem Besitz für die Zeit des Lebens den tiefsten Eindruck erzielen und dem geistigen Streben die Richtung geben kann. Wir wissen anderseits vom Studentenleben her, wie leicht ein zufällig beschafftes, zeitweilig gerade Aufsehen erregendes Buch oder schon eine billige und ein seitige Agitationsbroschüre die ganze Denkweise beeinflussen, den Gesichtskreis verengen und eine bestimmte Lebensauf fassung vorzeitig und ohne ausreichende Erfahrung auf zwingen kann, weil das Gegengewicht und die Kontrolle durch gründliche und anders gerichtete eigne Bücher fehlt. Autoren wie Dühring, Treitschke, George, Nietzsche und »tauche andre haben durch die Einseitigkeit ihres Einflusses vielfach ver wirrend und schädigend gewirkt, während sie bei besserer Lei tung und Dotierung der Privatlektüre nützliche und weiter führende Anregungen gegeben hätten. Unsere Hochschulbildung hält mit Recht zäh an dem Grundsatz fest, daß sie allgemein gebildete Männer erziehen, nicht einseitige Facharbeiter abrichten will. Aber jeder, der die der allgemeinen Ausbildung dienenden »Nebenfächer- an Hochschulen vertritt, weiß, wie viel guter Wille der Studie renden da aus Mangel an Gelegenheit, diese Fächer weiter zutreiben, nutzlos verpufft. Speziell wir Nationalökonomen begegnen viel lebhaftem und warmherzigem Interesse an den Aufgaben unsers Fachs. Wenn aber nach ausführlichen Erörterungen des Dozenten über die volkswirtschaftliche Lite ratur die Studenten kommen: »Bitte, welches von den Lehr büchern ist wohl das billigste? Den -Schmollcr- (oder das -Handwörterbuch-) habe ich mir notiert. Das kann ich mir aber erst später in der Praxis anschaffen- oder: -Könnte nicht die Hochschulbücherei von diesen wichtigsten Lehrbüchern mehrere Exemplare halten? Sie sind schon seit Monaten nicht zu erhalten- — dann ist leicht zu erkennen, wie viel an Lerneifer und guten Vorsätzen da verloren gehen wird, wäh rend die prompte Beschaffung von Büchern reiche Früchte für die gesamte Ausbildung und damit für den Weitblick der späteren Berufsübung haben würde. Auf dies freiliegende große Feld für gemeinnützige Be tätigung möchte ich hiermit die Aufmerksamkeit lenken. Hier können schon verhältnismäßig geringe Mittel nützliche An wendung finden; aber auch für die bedeutendsten Zuwen dungen bleibt Verwendungsgelegenheit zur Genüge. Jeder Stifter kann das Fach, das er besonders fördern, oder die Be rufsbildung, die er in bestimmter Richtung vertiefen will, genau bezeichnen, und die Verwaltung wird sich dem leicht anpassen. Auch bestimmte Autoren oder Schriften könnten dabei in erster Linie der Berücksichtigung empfohlen werden. Auch die Verwaltung solcher Buch-Stiftungen wird keine besondere Schwierigkeit machen. Das Sekretariat der Hochschule kann Formulare ausgeben, auf denen der Studie rende unterschreibt, daß er die von ihm darunter benannten, gewünschten Schriften aus eignen Mitteln nicht würde be schaffen können, und daß er sie gewissenhaft für eigne Stu dienzwecke verwenden will, und der Dozent des Fachs, aus dem Bücher genannt sind, eine oorgedruckte Erklärung unter- K17
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