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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.08.1905
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- 1905-08-11
- Erscheinungsdatum
- 11.08.1905
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- Deutsch
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osF 185, 11/ August 1905. Nichtamtlicher Teil. 7055 ich den ganzen Sinn des Wortes betrübt seyn tief fühle. Ach mein 43 jähriger vertrautester Freund, in dessen Herz und Geists ich mich stets spiegelte, — ist mir entrissen! — Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie mirs ist, wenn ich den Gedanken verfolge.« — Das Verhältnis zu Goethe war manchen Wandlungen unterworfen; eine große Liebe haben beide, wie schon ange führt, nicht für einander gehabt, der Verkehr blieb seit 1780 etwa in durchaus höflichen Grenzen. Beide waren in ge wisser Weise auf einander angewiesen, und jeder schätzte den andern in gewisser Hinsicht, machte sich dabei aber auch lustig über seine Schwächen und Fehler. Auch sonst fehlte es nicht an mancherlei Reibungen und Verstimmungen, und zeitweise trat eine dauernde Entfremdung ein. Zwischenträge- reien Böttigers mögen das ihrige dazu beigetragen haben. Erst nach der Schlacht von Jena und den Leidenstagen Weimars trat man sich wieder näher. Goethe empfahl die Institute und Anstalten Bertuchs dein Schutz des französischen Höchstkommandierenden und verwandte sich auch in andrer Weise für ihn; auch in Logensachen arbeiteten beide ersprieß lich zusammen, und für manche Unternehmungen Bertuchs zeigte Goethe das größte Interesse und unterstützte sie. Das Vorgehen Bertuchs gegen die Nachdrucker begrüßte er aufs freudigste. Innigen Anteil nahm er am Tod des talentvollen Karl Bertuch, den er sehr hochgeschätzt hatte. Der alternde Goethe und der alternde Bertuch verstanden sich indessen wieder weniger; beide sahen sich kaum noch und führten auch mehr und mehr ein Einsiedlerleben, fern vom Getriebe der Welt. 1821 kann Goethe dem Kanzler von Müller gegenüber allerdings einmal die Bemerkung nicht unter drücken: »Bertuch sei der größte Virtuos im Aneignen frem der Federn«, ein Vorwurf, der ihm übrigens häufiger gemacht worden ist. Als Bertuch dann gestorben war, vergaß er allerdings alles persönliche und dachte nur an das, was der Verstorbene der Stadt gewesen war. In Gemeinschaft mit dem Kanzler Müller verfaßte er die formvollendete Gedenkrede. Von den Freunden Bertuchs möge hier noch kurz K. A. Böttiger (1760—1835) erwähnt werden, der von 17S1 —1804 Direktor des Gymnasiums in Weimar war. Er war ein Mann von großem Wissen, ein pflichteifriger Ge lehrter, ein hervorragender wissenschaftlicher Schriftsteller, dessen Werke damals sehr geschätzt wurden und noch heutzu tage ihre Bedeutung nicht ganz verloren haben, dabei aber ein nicht angenehmer Charakter, der sich bei den meisten Weimarer Großen keiner Beliebtheit erfreute. »Er war,- sagt Geiger'), »ein geschworener Lob redner und schmeichelte unmännlich den Hohen der Erde und den Großen des Geistes. Den Freuden der Tafel war er mehr hold, als einem Geisteskämpen znkam. Auch war er zudringlich und ein Wichtigthner; gern spielte er den Geheimnisvollen und liebte den Klatsch. Auch krumme Wege ging er wohl, insbesondere bei wirklichen oder ver meintlichen Berufungen, um in den Augen Anderer seine Bedeutung zu steigern und seine Unentbehrlichkeit darzu- thun. Aber in seiner Dienstwilligkeit und Hülfsbereitschaft kannte er keine Grenzen; Bücher zu besorgen, Anfragen zu beantworten, Empfehlungen zu verschaffen, Stellen zu ver mitteln, schien das Lebenswerk des Mannes zu sein, der daneben eine ganze Bibliothek zusammenschrieb und sein Leben lang, bis zum Erlöschen seiner Kraft, ein pflicht eifriger Beamter war.« Bertuch stand der Vielgewandte sehr nahe und war ihm vielfach unentbehrlich. Ein ausgebreiteter Briefwechsel hat die beiden noch bis zu Bertuchs Tode verbunden. An *) Geiger, Aus Alt-Weimar. S. 40. manchen Zwischenträgereien hatte Böttiger den größten Anteil, und seine Berichte über Weimar und die Persönlichkeiten dort sind vielfach elende, von Haß und gekränkter Eitelkeit diktierte Schilderungen, in denen eigentlich von den Großen nur an Wieland, der ihm als Besitzer des Merkur nahe stand, ein gutes Haar gelassen wird. Herder schätzte ihn wenig, Schiller verhöhnte ihn direkt, und Goethe haßte ihn so, daß er seine Entfernung von Weimar durchsetzte. Da hierbei auch Bertuch in Mitleidenschaft gezogen wurde, so möge hier der Fall kurz erwähnt werden. Am 2. Januar 1802 war Schlegels Jon, ein außer ordentlich schwaches Stück, aus dem Weimarer Theater auf geführt worden, und Böttiger hatte für das Mode-Journal eine vernichtende Kritik geschrieben, von der Goethe, bekannt lich Leiter des Theaters, Kunde erhielt und Bertuch eine Warnung zukommen ließ, damit der Abdruck unterbliebe. Er schrieb unterm 3. Januar 1802 an diesen'): »Ew Wohlgeb. erlaube mir, in Betracht unseres immer gut bestandenen Verhältnisses, den Wunsch, die Notizen, welche künftig über das Weimarische Theater, in das Mode-Journal eingerückt werden, im Manuskript zu sehen, damit ich nicht bey meinen mannigfaltigen Bemühungen für solche Anstalt, zwar ge wiß ohne Absicht Ew. Wohlgeb., aber doch durch Ihre Vermittelung, manches unangenehme erfahre, wie es mir noch neuerlich, bey dem Nnzelmannischen Fall, ergangen ist. Sie verzeyhen eine Äußerung, die ich nur früher hätte thun dürfen, um von Ihrer Gefälligkeit eine ange nehme Behandlung zu erwarten. Weimar am Z. Jan. 1802. Goethe.« An anderer Stelle, in den »Annalen«, erwähnt Goethe den Fall mit den Worten: »Ein sowohl den Autor als die Intendanz angreifen der Aufsatz war in das Mode-Journal projectirt, aber ernst und kräftig zurückgewiesen; denn es war noch nicht Grundsatz, daß in demselbigen Staat, in derselbigen Stadt es irgend einem Glied erlaubt sei, das zu zerstören, was andere kurz vorher aufgebaut hatten.« Bertuch scheint aber Goethe nicht recht verstanden zu haben oder nicht recht haben verstehen zu wollen; er ließ den Aussatz von Böttiger setzen und sandte ihn dann dem Dichter zu. Dies erregte den Zorn des Gewaltigen, und unterm 12. Januar sandte er beifolgendes Schreiben an Bertuch:') »Was ich von einem niederträchtigen Menschen, wie dem Verfasser Ihrer Theaterrecensionen, in einem solchen Falle zu erwarten hatte, schwebte mir vor, als ich Sie neulich freundschaftlich um künftige Mittheilung solcher Aufsätze ersuchte. Sie schicken mir ihn gegenwärtig halb gedruckt und ich kann nur soviel sagen: daß wenn Sie nicht selbst geneigt sind, die Sache zu remediren und den Aufsatz unterdrücken, ich sogleich an Durch!, den Herzog gehe und Alles auf die Spitze setze. Denn ich will ent weder von den Geschäften sogleich entbunden oder für die Zukunft vor solchen Jnfamieen gesichert seyn. Mag der allezeit geschäftige Verzerrer feine Künste doch in der Allgemeinen Zeitung oder wo er will aufgaukeln, in Weimar werde ich sie nicht mehr leiden, in den Fällen wo ich als öffentliche Person anzusehen bin. Ich erbitte mir vor vier Uhr Ihre Erklärung darüber: mit dem Schlag geht meine Vorstellung an Durch!, den Herzog ab. Weimar am 12. Jan. 1802. I. W. v. Goethe. Bertuch fügte sich. Die Recension blieb damals un- gedruckt (sie ist erst später, nach Böttigers Tode, veröffentlicht), Goethe brachte dann selbst einen kurzen Bericht über das Stück. ") Goethe-Jahrbuch. II. S. 250. 935'
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