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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1905
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- Deutsch
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- Saxonica
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7522 Nichtamtlicher Teil. vV 200, 29. August 1905. legern nach der Höhe der Durchschnittsauflagen eingeschätzt; sie gehen als 10VU0, 25000, 50000 oder 100000. Jedes Buch erreicht in der Regel dieselbe Auflage und bleibt dabei stehen. Jeder Roman eines neuen Autors bietet ein Pro blem. Wenn es wirklich ein irgendwie hervorragendes Werk ist, findet es sicher Absatz; aber ob 5000, 10000 oder 100000 Exemplare verkauft werden, kann niemand Voraus sage». Die Laune oder der Zufall, die bei der Mode mit spielen, sind auch hier ausschlaggebend, und ein Roman wird ebenso schnell vergessen wie diese. Das plötzliche Nachlassen der Nachfrage nach Trilby dürste noch in Vieler Erinnerung sein; es geschah so unerwartet, daß der Ver leger das bedeutende Lager als Makulatur verkaufen konnte. Die Verleger sind deshalb sehr vorsichtig, von populären Romanen große Auflagen herzustellen, da sie alle ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Der Absatz andrer Bücher hängt weniger vom Zufall ab. Einzelne Verleger haben in einer Sammlung eine Aus wahl englischer und amerikanischer Klassiker herausgegeben. Die meisten fanden guten Absatz; einzelne wurden in Mil lionen verkauft, andre, in jeder Beziehung gleichwertige, blieben bei 10000 Exemplaren stehen. Der Erfolg scheint hier von dem Geschick abzuhängen, mit dem sie aus den Markt gebracht werden. Zeitweilig werden Lexika und sonstige Nachschlagebücher in großer Menge verkauft. Es kommt dann vor, daß von dreien oder vieren zum gleichen Preise, die dasselbe Thema behandeln, das schlechteste die weiteste Verbreitung findet. Theoretisch scheint es, daß der Verleger, der am meisten inseriert, auch am meisten absetzt. Autoren folgen oft dieser Annahme. Manchmal haben sie Erfolg; das läßt sich aber, wie gesagt, nicht mit jedem Buch erreichen; einige Verlagsliquidatinnen aus jüngster Zeit sind dem übermäßigen oder falsch geleiteten Annoncieren znzu- schreiben; aber kein Verleger geht zugrunde, weil er keine Manuskripte liest. Keine Arbeit dürfte sorgfältiger erledigt werden; Fehlgriffe sind seltner als man annimmt. Wenn sie trotzdem zu verzeichnen sind, so handelt cs sich um einen Irrtum im Urteil, nicht aber um Nachlässigkeit. Außenstehende, Selbstverleger und Autoren-Vereinigungen, haben so selten Erfolg, weil sie für den Handel nicht vor bereitet und nicht mit ihm vertraut sind; sie betrachten das Bücherverlegen als etwas Alltägliches, das keiner Erfahrung bedarf; sie denken meist, man habe die Ware nur her zustellen und zum Verkauf anzubieten, und vergessen ganz, daß jedes Buch und selbst jede neue Auflage eines Werks ein neues Problem bietet, das studiert sein will. Das Buch ist eine Ware; aber sobald es als bloße Ware behandelt wird, rächt es sich schwer an Autor und Verleger. Eitelkeit, Ehrgeiz und Unerfahrenheit bringt die Manuskripte, die bei Verlegern wieder und immer wieder vergeblich an die Tür geklopft haben, schließlich in die Hände der Drucker-Verleger. Diese inserieren in den literarischen Journalen; die Autoren können sie somit finden; oder, wenn elftere durch Bestechung einiger Verlagsleser hin und wieder in den Besitz von Autoren-Adressen gelangen, kommen die »Verleger- wohl auch zu den Autoren. Der Drucker- Verleger schreibt dem Autor natürlich, daß es ein ganz un gewöhnliches Buch sei, daß er sich sehr geehrt fühlen würde, es zu verlegen, selbstverständlich gegen Erstattung seiner Un kosten. Er schickt ihm dann seinen Kontrakt. Der Autor will sein Werk um jeden Preis gedruckt sehen; es wird schon Anerkennung finden — denkt er —, das Publikum wird freund licher sein als die Verleger. So zögert er denn nicht, die Herstellungskosten zu tragen und den Kontrakt des Drucker- Verlegers zu unterzeichnen. In den unwesentlichen Punkten gleicht dieser wohl den üblichen Verlags-Kontrakten; er ver langt außerdem aber eine bestimmte Summe für die Platten und die Herstellung von 1000 Exemplaren, die im voraus zu zahlen ist. Diese Summe nun ist doppelt so hoch als die wirkliche Ausgabe. Der Verleger verpflichtet sich dann, dem Autor nicht den üblichen Prozentsatz, 10 oder 15 Pro zent, sondern 50 Prozent von allen verkauften Exemplaren zu zahlen. Nach einem Jahr, wenn der Absatz nachgelassen hat, ist der Autor oder die Autorin gebunden, die Platten zum halben Preis zu kaufen. Die Platten kosten dem Drucker-Verleger etwa 250 K, die Herstellung der 1000 Exemplare etwa 200 K, er wendet sich natürlich überall an die billigsten Lieferanten. Der Autor würde 900 H im voraus zu zahlen haben. Der Verleger gewinnt somit 450 H, und nach einem Jahr erhält er dann noch weitere 250 K für den Verkauf seiner Platten. Die paar Briefe, die er geschrieben hat, sind ihm also mit 700 K bezahlt worden. Von den Exem plaren, die eventuell verkauft werden, erhält er dann auch noch die Hälfte. Er erwartet da allerdings nicht viel und verläßt sich ivvhl ganz auf die Tätigkeit der Autorin und deren Freundinnen. Buchhändler kaufen die Verlagsartikel der Drucker-Ver leger natürlich nicht, und von der Heimatstadt abgesehen, dürfte die Autorin ihr Werk kaum irgendwo finden. Das Buch ist nicht verlegt, sondern nur — und nicht gerade lnllig — gedruckt. Das ist meist das Ende des Buches und des Autors. Einzelne Verleger scheinen mit der Ausbeutung un erfahrener und in ihren Erwartungen enttäuschter Autoren ein gutes Geschäft zu machen. Diese Verlagsschwindeleien bringen unwillkürlich die Anschuldigungen in Erinnerung, die vor mehreren Jahren speziell gegen englische Verleger er hoben worden sind. Man sagte, daß ein Betrug so leicht und die Versuchung dazu so stark sei, daß nur ein ganz erfolg reicher und rechtlichdenkender Mann ihr widerstehen könnte. Ein Autor übergibt dem Verleger sein Werk, und zweimal jährlich sendet dieser eine Ausstellung und zahlt die Tan tiemen für die Anzahl der Exemplare, die nach seiner Angabe verkauft sind. Es sei aber keine Möglichkeit vorhanden, diese Aufstellung des Verlegers zu kontrollieren. Selbst aus den Büchern sei nichts Definitives zu ersehen, da die Buch führung des Verlegers sehr kompliziert sei und Berichte über Bücherverkäufe sehr leicht — gedoktert — werden könnten. Der Versuch zum Betrug besteht allerdings; aber es ist der erste Wunsch jedes normalen Verlegers, selbst wenn er übergroßer Gewissenhaftigkeit ermangeln sollte, dem Autor seine Auflagen und den Absatz so groß als nur möglich anzugeben. Dieser Wunsch ist zu stark, um irgendwelchen Versuchungen unterliegen zu können, und ein Verleger, der sich wirklich so weil vergehen und seinen Autoren falsche Aufstellungen machen sollte, ist fast ein Unding. Immerhin — Sir Walter Besant hatte recht, als er vor Jahren in Eng land sagte, daß der Verlagsbuchhandel ohne die Kontrolle geführt werde, die in andern Geschäftszweigen üblich sei. Bis jetzt ist es aber noch nicht gelungen, eine wirklich praktische Abhilfe zu finden. Man wird den Autoren nur empfehlen können, vorsichtig in der Wahl des Verlegers zu sein, sich zu versichern, daß er wirklich ehrlich ist, und ihm dann zu vertrauen. Unzufriedene Autoren dürsten allerdings andrer Ansicht sein und sich mit dieser Empfehlung durchaus nicht zufrieden geben wollen. Wer an die Aufrichtigkeit, Herzenseinfalt und Unfehlbarkeit der Verleger nicht glaubt, will vielleicht sogar zwischen den Zeilen hinter einer Kappe lächelnd den Schelm oder selbst den Wolf im Schafspelz erkennen. Wiederholungen, die wohl durch die ursprüngliche Abfassung der Essays in einer Artikelserie veranlaßt sind,
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