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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.07.1872
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1872-07-10
- Erscheinungsdatum
- 10.07.1872
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- Deutsch
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^ 158, 10. Juli. Nichtamtlicher Theil. 2547 <hen man eben durch jenes thätige und nützliche Wirken eifrig Vorbeugen sollte. Die Wissenschaften können, ebenso wie die schönen Künste, recht eigentlich als Busenfreunde selbst des wenig bemittel ten Menschen angesehen und zum größten Theilc auch von Nicht- gelehrte», nicht auf Gynmasicu und Universitäten gebildeten Ge schäftsmännern betrieben werden; sie gewähren überhaupt um so höheren Genuß, als sie, mit dem Weltleben ohne nähere Berüh rung, dem Menschen eine neue Welt anfschließen, in der, unbe schadet treulich betriebener Berussgcschäfte, er „ach Gefallen und eigener Neigung sich zu erfreuen und zu ergötzen vermag. „Wenn das Schicksal" — sagt Jean Paul in seinem Hespcrus — „ein Wesen auf eine wohlfeile Art glücklich machen will, so macht es einen Literaten, einen Wifsenschaftsfreund aus ihm, der durch die Welt in seinem Innern für alle fehlgeschlagenen Hoffnungen, Sor gen und Stöße in seinem Aeußern genügend entschädigt wird." — Dies habe ich auch an mir erfahren. In dem Buchhändlergeschäft war ich nun so recht in meinem Elemente, ich konnte die von mir geschätzten literarischen und anderen Zeitschriften wie alte und neue Bücher durchsehen, dadurch meine Wißbegierde befriedigen und manches Interessante in meine schon in Löbau über die meisten Wissenschaften angelegten, und zu leichter Auffindung stets in streng systematischer Ordnung gehaltencnCollec- taneen eintrage». Noch denke ich mit Vergnügen daran, wie ich mich bei diesen Beschäftigungen Sonntags und an Wochentags-Abenden in meinen, Stübchen so glücklich fühlte. Damals gewöhnte ich mir besonders das Lesen mit der Feder in der Hand an, welches allein wahren Nutzen bringt, soll die Lectüre nicht bloß zur flüchtigen Gemüthz-Erheiterung und zur Zeithinbringung dienen. Des Prin zipals günstiges Urtheil darüber mag aus einem an mich in späterer Zeit (1818) nach Frankreich geschriebene» Briefe hier Platz finde», welchen ganz mitzutheileu ich mir deshalb erlaube, um zugleich die erlangte liebevolle Theilnahme desselben zu erweisen. „Wie Sic zu mir in die Lehre kamen, ärgerte und wunderte ich mich zugleich über die vielen Hefte, die Sic vollgeschrieben hatten; es waren sehr nützliche Bemerkungen darin. Bald sah ich ein, daß Sic sehr wohlgcthan hatte», sich in so etwas zu üben. Es hat dop pelten Nutzen; es gewährt eine stete, fortgesetzte nützliche Beschäf tigung und dient zugleich, alle müßigen Gedanken, sinnlichen Vor stellungen und was daraus hervorgeht, von sich fern zu halten, wes halb ich Sic auch, nachdem ich Sie näher kennen lernte, wirklich schätzte und liebte, ohne daß ich es Ihnen merken ließ, um Sie nicht stolz zu machen. Wen» nur, sagt meine Frau oft, unsre Knaben so gut würden, wie der junge Preusker, und wenn er nur nicht in das böse Frankreich gekommen wäre. Doch suche ich sie zu beruhigen und sage, Preusker ist in den frühesten Jahren von festen und tugendhaften Grundsätzen beseelt gewesen, und jetzt reift er den männlichen Jahren entgegen, ist nachdenkend und hat die Spreu von dem Weizen unterscheiden gelernt; aus seinen festen Sinn kann man sich wohl verlassen rc. Daß Sie also oft erwähnt werden, können Sie sich leicht denken." Wohl mußten solche Briefe mich crmuthigen, die gute Meinung von mir zu rechtfertigen und mich auf der rechten Bahn zu erhalten. Erfreulich war es mir, daß mir auch das fortgesetzte Wohlwollen der Familie zu Theil wurde. Uebrigens ward es nöthig, Französisch und kaufmännisches Rechnen zu lernen und statt der schlechtcnHandschrist eine gefällige, rundliche Kausmannshand einzuüben. Wie überhaupt der Buch händler wenigstens einiger, auf einem Gymnasium oder in einer Realschule erworbenen wissenschaftlichen Bildung unbedingt bedarf, so kam auch mir der auf dem Lyceum genossene Unterricht, sowie zugleich der schon etwas gereiflere Verstand trefflich zu Statten, um bald dem Geschäfte gewachsen zu sein. Es ward, als das Haupter- sorderniß bei den Buchhändlern, möglichste Bücherkenntniß anzu eignen gesucht und, um darin stets forkzuichreiten, wurden von mir i» einem mit weißem Papiere durchschossenen Eremplare des Hin- richs'schen halbjährigen Kataloges der neuen Schriften die seitdem neu erschienenen zu deren besserer Ucbersicht nachgetragen, da es damals noch keine dieselben verzeichnenden Buchhändler-Börsen blätter gab, auch dabei die in den fleißig durchgesehenen Literatur zeitungen enthaltenen Recensionen und deren hauptsächliches Ur theil darüber mittelst kurzen Worten oder auch Zeichen angcmerkt; ebenso bearbeitete ich nach Art des Repertoriums der Literatur von Ersch streng systematische Uebersichten in Hinsicht der naturhisto rischen Literatur der Jahre 1808 und 1807. Diese sehr mühsame Arbeit war für eine mit mehreren Studenten gegründete litera rische Gesellschaft zur gegenseitigen Beurtheilung von Aufsätzen be stimmt , welche jedoch wie schon früher ähnliche keinen Bestand hatte. Mancher weit ältere Handlungsgehilfe verschmähte cs nicht, sich zuweilen gewünschte Auskunft im Fache der Bücherkunde von mir zu erbitten. Nicht minder ward die für den Buchhändler eben falls so unentbehrliche Encyklopädie aller Wissenschaften und Künste nebst der systematischen Litcraturkunde, und besonders die deutsche Literaturgeschichte fleißig studirt. Wie eifrig würde ich erst die 50 Jahre später errichtete Fortbildungsschule für Buchhändler-Lehr linge benützt haben, wenn eine solche schon damals bestanden hätte, wo alle jene Erfordernisse dem Privatfleiße überlassen blieben. Hofrath Karl August Böttiger, der berühmte Antiquar, brachte damals in dem „ Freimüthigen" die fast vergessene Lavater'sche Physiognomik der Handschriften, sowie die in England sich immer mehr verbreitende Veröffentlichung von Facsimiles dcrHandschriftcn berühmter Männer zur Sprache und ich ergriff dies mit großem Eifer. Durch buchhändlerische Freunde gelang es mir bald, Auto graphen der berühmtesten Gelehrten zu erlangen und später die also schon damals angelegte Sammlung mehr und mehr zu vervoll ständigen. Ich mußte sie oft Gelehrten vorzeige», und mein Beispiel fand viele Nachahmer und immer mehr Verbreitung. Ungeachtet meines sehr untergeordneten Standpunktes war ich bald in allen diesen Kenntnissen soweit unterrichtet, daß ich mit zahlreichen in dem Buchladen oft einsprcchenden Professoren und Studenten der verschiedenen Berufsfächer mich unterhalten und auch dadurch meinen nicht zu stillenden Trieb nach allem Wissens würdigen immer mehr befriedigen konnte. Uebrigens wurden berühmte Gelehrte kennen zu lernen gesucht, und zu möglichster Kenntnißbereicherung wissenschaftliche und sonstige Sehenswürdig keiten sowohl Leipzigs, als auch der Nachbarstädte Merseburg und Naumburg, wo mich besonders die herrlichen Domkirchen anzogen und meine Aufmerksamkeit auf die mittelalterlichen Ueberrestc rich teten, beschaut. Bei einem Besuche Eislebens fuhr ich in einer Mansselder Kupfer- und in der Wettiner Steinkohlengrube an, welches alles ich i» für gute Freunde bestimmten Reisebeschrei bungen näher schilderte, die der mir gewogene damalige Privat- docent Amadeus Wendt, später Professor in Göttingen, durch sah und verbesserte. Ueberhaupt konnte ich mich der Gewogenheit mehrerer Gelehrten erfreuen, von denen mich sogar einige an freien Sonntagen zum Frühstück einluden, da ihnen meine Wißbegierde und die meist literarische Unterhaltung mit mir ansprechend erschei ne» mochte. Ebenso erfreute mich der Besitzer des damals neuest errichteten optisch-physikalische» Magazins Mag. Tauber durch Vorzeigung einer Reihe neuer physikalischer, galvanischer -c. Expe rimente an zahlreichen Sonntags-Vormittage», die mir gleichsam als ei» Collegium darüber galten. Des näheren Umgangs mit ihrem Studium fleißig obliegenden, meist Oberlausitzer Studenten, sowie mit gebildeten Buchhandlungs-Lehrlingen ward schon gedacht; allein auch Commis hielten mich, obschon ich noch nicht losgesproche», 340*
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