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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.11.1925
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- 1925-11-28
- Erscheinungsdatum
- 28.11.1925
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16 278, 28. November lS25. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dlschn. Buchhandel. 18985 den eine für den bibliophilen Antiquar unbegreiflich geringe Rolle. Er brauchte aber eigentlich auch über den Inhalt des Werkes selbst kein Wort zu verlieren, zumal da er nicht wie sein Kollege von der anderen Fakultät hassen kann, dem Empfänger des Katalogs darüber mehr sagen zu können, als dieser schon weitz. Also ein wissen-schastlicher Katalog kann langes Leben behalten, ohne daß er ein Wort »unter der Zeile» enthält. Aber andererseits Ist die puritanische Weise, in welcher aus einer falschen Vornehmheit heraus die Beigabe jedes schmückenden oder erklärenden Beiwortes ängstlich vermieden worden war, glücklicherweise von der Mehr zahl der wissenschaftlichen Antiquare verlassen worden. Man ist doch zu der besseren Einsicht gekommen, dah die Langweilig keit von Listen, die einfach nichts Weiteres enthalten als Titel und Preise, nicht etwas Erstrebenswertes ist, und fügt dort, wo man doch hassen darf, dem Leser etwas Interessantes oder gar Neies über das Einzel- oder allgemeine Schicksal des Buches, Seltenheit, Vergrifsenheit, Schwierigkeit der Kollation, hin und wieder sogar doch über die gute Erhaltung, ja in Ausnahmesällen über den inneren Wert sagen zu können, ganz kurze Notizen bei, die aber nie die Länge erreichen, die den bibliophilen Beschrei bungen eigentümlich sein kann. Ein kenntnisreicher wissenschaft licher Antiquar kann sich also doch dadurch auszeichnen, daß er sogar über die wissenschaftliche Bedeutung eines obsoleten Buches einer Zahl von Kunden hin und wieder etwas Neues sagen kann. (Daß weniger geübte Antiquare durch Zugaben allgemeiner Be merkungen wie »selten», »gesucht», »das beste Buch über diesen Gegenstand- und ähnliche ebenso lächerliche wie wirkungslose No tizen ihren Mangel an Kenntnissen zu verdecken versuchen, das sei nnr nebenbei bemerkt.) Sachgemäße, nicht klischierte, kurze Notizen erhöhen also die Lebensfähigkeit selbst des strcngwissen- schaftlichen Katalogs. Es ist nun nach dem Gesagten selbstver ständlich, daß die liebevolle Versenkung schon in das Wesen der Katalogisierung, ohne die man Wohl ein Händler, aber kein Anti quar werden kann, anderen Geist von dem bibliophilen als von dem wissenschaftlichen Antiquar fordert. Dort ist es die Freude an dem einzelnen kostbaren Buche, hier die Freude an der Voll ständigkeit der Zusammenstellung — von anderen Unterschieden allgemeiner Natur, über die noch zu sprechen sein wird, ganz zu schweigen. Wenn wir aber die Tätigkeit des Absassens dieser wichtigen Bemerkungen — an 20 Nonpareille-Zeilen kann ein gewissen hafter Antiquar einen ganzen Vormittag sitzen — in der biblio graphischen Bearbeitung der Antiquar-Kataloge in Betracht ziehen, so springt ein neuer, bedeutsamer Unterschied in die Augen. Das ist der Grad von deren Schwierigkeit, der im bibliophilen und im wissenschaftlichen Antiquariat ein ganz anderer ist. Das wissenschaftliche Werk verlangt, wie schon bemerkt, bei weitem kein so liebevolles Eingehen. Ich kann mir kaum ein solches Buch denken, das diesen Grad scharfsinniger Untersuchung und Beschrei bung verlangt wie etwa eine Inkunabel, von der nur wenige Exemplare bekannt sind, eine Untersuchung, die um so zuverlässiger sein muß, als sie ja von einer großen Zahl von Fachleuten, die stets zur Kritik geneigt sind, kontrolliert wird. Und es muß an dieser Stelle wieder bestätigt werden, was schon oben gesagt wurde, daß diese nun wirklich wissenschaftliche Arbeit, die Fähigkeiten und Kenntnisse in Literatur, Typenkunde, Geschichte, Graphik usw. fordert und vor allem Spürsinn dafür, wo man Informationen und Bergleichsmaterial finden kann, weit höher ist als die im wissenschaftlichen Antiquariat für die Katalogisierung nötige. Wenn es, wie ausgeführt, diese Tätigkeit wäre, die bestimmend für die Berufsbezeichnung sein würde, so müßte man den biblio philen Antiquar mit größerem Recht als den »wissenschaftlichen» bezeichnen. Nun muß aber auf einen grundlegenden Unterschied hingewiesen werden. Der bibliophile Anti quar besitzt ein Hilfsmittel, das dem wissenschaftlichen so gut wie völlig fehlt: Das ist eine bewundernswerte Fülle von Literatur, aus welcher er sich bilden kann; vollständige Enzyklopädien, die über Jnkunabelkunde, Literatur, Graphik usw. genaueste Aus kunft geben, stehen ihm zur Verfügung, die selbst, wenn sie — wie z. B. der berühmte Brumet — veraltet sind, immer vcrtvendbar bleiben. Dazu kommen nun noch die englischen und deutschen Jahresbände über Auktionen, die in der Hauptsache nicht-wissen schaftliche Literatur registrieren, und endlich die große Zahl von Antiquar-Katalogen von Konkurrenzfirmen. Welch eine ungeheure Erleichterung nicht nur für die Preisbemessung, sondern auch für eine anziehende sachgemäße Beschreibung solche Hilfsmittel be deuten, braucht nicht ausgesührt zu werden. Man kann wohl sagen, daß ein bibliophiler Antiquar, der, wie es seine Pflicht ist, eine gute Geschäftsbibliothek besitzt und sie zu gebrauchen ver steht, nie das zu begehen braucht, was man einen »Schtvupper» zu nennen beliebt. Ganz anders steht der wissenschaftliche Anti quar da. Er ist nahezu ohne jede Beratung. Er besitzt so gut wie gar keine einschlägige Literatur, die ihm in jenen recht häusigen Fällen, in denen er rallos einem ihm bis dahin gar nicht oder nur oberflächlich bekannten Buch gegenübersteht, helfen kann. Er hat bestenfalls mehr oder minder mangelhafte Bibliographien, die aber nur trockene Katalogisierung bieten, und er hat wenige Antiquar-Kataloge einiger wenigen Konkurrenten. Inwieweit diese zuverlässig und vor allem nicht veraltet sind — das wissen schaftliche Buch ist der Entwertung leichter unterworfen als das bibliophile —, kann er nur beurteilen auf Grund dessen, loas einzig und allein seine Leiterin ist: seine Erfahrung. Ja, immer seltener wird er das Glück haben, selbst mündliche Berater und Lehr meister zu sinken, deren Gilde auszusterben beginnt. Ich Hab« einmal an einer anderen Stelle gesagt: »Welches ist das große Wissensgebiet, das keine Lehrbücher und keine mündliche Über lieferung kennt, in dem die Fülle erworbener Kenntnisse unwieder bringlich mit jedem, der sie besaß, stirbt und niemals in gleicher Vollkommenheit von jüngeren wieder erreicht wird? — das ist das wissenschaftliche Antiquariat». Der Nachwuchs weiß sich allerdings gar zu oft zu helfen: er schreibt fremdes Geistespro dukt, das in mühevoller Gedankenarbeit erzeugt worden war, soweit es ihm irgend zugänglich ist, ab. sSchlub solgt.s Die Gefahr des Erfolgs. Von F. M. Huebner (im Haag). Es gibt Schriftsteller, die auf einen großen Lesererfolg nicht nur keinen Wert legen, sondern diesen eher fürchten. Der Beifall der Vielen wird als ein Beweis gegen die Güte, gegen die Erlesenheit des Werkes angesehen, denn was einer großen Mehrzahl von Men schen bchagt, so lautet der Gedankengang, kann nur leicht faßliche, allen ersichtliche, von Grund aus platte Eigenschaften besitzen. Zn der Tat ist der große Erfolg für die Wirkung eines Buches unter Umständen gefährdend. Nicht so sehr, weil das Buch hierdurch un mittelbar herabgesetzt würde, sondern weil der große Erfolg seiner Natur nach in die Erscheinung einer Modesache einschwenkt. Schrift steller, die in solcher Weise plötzlich Mode werden, müssen sehen, ob sie nicht schon mit ihrem folgenden oder ihrem überfolgenden Werke durch die Laune des Publikums aus ihrer bevorzugten Stellung ge drängt und zur Wirkungslosigkeit verurteilt werden. Das Pech eines großen Erfolgs muß der Schriftsteller dadurch ausgleichen, daß er mit seinem nächsten Werke und mit seinem übernächsten sich aus der Lage seiner nur modischen Geltung herauszieht und nun erst seinen Namen und sein Ansehen festigt. Ein Opfer seines Erfolgs war Suder mann; ein Überwinder seines Erfolgs ist Thomas Mann. In einer Generation erfolgreiche Bücher sind selten erfolgreich auch in der nächstfolgenden Generation. Unsere Frauen können heute nicht mehr die Marlitt, kaum noch die Eschstruth lesen; der nächst folgenden Generation wird es so mit den Büchern der Courths-Mahler ergehen. Es liegt dies daran, daß Erfolgsautoren durch Instinkt oder durch Beobachtung wissen, wonach ihr Publikum lüstern ist; sie haben ein Publikum und sie schreiben für dieses. Aber das Publikum ändert sich; wie sein Geschmack, so stirbt es selber; ein neues Publikum steht auf, das der Erfolgsautor beim Schreiben seiner Bücher nicht im Auge hatte, das ihm darum die Gefolgschaft kündigt. Sein Publikum haben ist etwas anderes als seine Gemeinde haben. Ein Autor mit einer Gemeinde ist nicht deren Ergötzer, sondern deren Zeuge und Sprecher. Die Gemeinde sammelt sich um ihn, ohne daß er es weiß oder bezweckt. Getreue umgeben ihn, die er nicht kennt, die er auch bei seiner Arbeit nicht als Empfänger im Auge hat, die vielmehr einen namenlosen Resonanzboden bilden, auf dem die ltte- 2495
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