10636 «öis-nriatl I. d, Tllchn. vuchhanbkl. Künftig erscheinende Bücher. »V 214, 13. September 1912. Ende September wird erscheinen: Der Nackte Mann Roman von Emil Strauß Geheftet 4 Mark, in Leinen 5 Mark Im Jahre 1601 hat der Markgraf von Baden-Dnrlach einen Streit mit seiner guten, dickköpfigen Stadt Pforzheim. Sie ist lutherisch gesinnt, und er will sie calvinistisch machen. Der Streit spitzt sich soweit zu, daß schon der nackte Mann, der Borbote aller schweren Not, in den Straße» gesehen wird und wirklich der Markgraf gegen die Stadt zieht. Aber an der Grenze fällt ihn ein Schlagfluß vom Pferde, kein apoplektischer Zufall bloß, sondern die ungeheure Erregung, weil sein Freund, der Hauptmann Gößlin, ei» Pforzheimer Kind, ihm die Gefolgschaft auf- und den Streit ansagt. Dieses ist das Thema des neuen Romans von Emil Strauß, der doch nur ein historischer Roman ist, soweit jedes echte Kunstwerk historisch ist. Denn Strauß vermeidet mit größter Strenge alles Anti guarische, sowohl in seiner Sprache, als in seiner Psychologie; die Folge davon ist, daß das vor uns ausgerollte Leben blutsrisch und unter keiner andern Verantwortung, als die der Mensch heute und zu jeder Zeit anerkennen muß, sich durchlämpft. Es geht darin nicht um „Haarspaltereien, aber gewiß um Unterscheidungen! immer wieder, solange es nötig ist". Und Strauß stellt darum sein Buch natürlich nicht ans den Inhalt der Sätze, um die gekämpft wird, sonder» auf die Kraft, mit welcher gekämpft wird. So hat sein Buch nichts Verschollenes und Verwinkeltes, sondern bewegt sich im heitern Sonnenlicht hochgemut, elastisch und gegenwärtig. Sei» Hauptvorzug dabei ist eine künstlerische Eigen schaft seltenster Art: es ist die Bildhaftigkeit und Lückenlosigkeit der Geschehnisse vom Anfang bis znm Ende. Dieser Roman hat wirklich eine Handlung, wo Rad in Rad greift und alles sich vor unfern Augen, nicht bloß in unserm Verstände, abspiclt. Dabei sind die Elemente der Handlung, die Menschen des Romans, auf eine künstlerisch geistreiche, dichterisch tief empfundene Weise gegeneinander kontrastiert: die Stadt und der Hof, und zwischen ihnen der an den Hof verschlagene Städter. Insbesondere aber sind der Markgraf und seine Frau zwei wunderbar gesehene Gestalten; der Markgraf als Fürst, liebender Ehemann, Fr und und Mensch, und die Markgräfiu, kinderlos, spielend, ganz taghell beleuchtet und dabei von einem Arom von Weiblichkeit, Verführung und Selbstverführuug umgeben, alles das Bild auf Bild, cpakt hingestellt, und doch voll von Lebensgeheimnis und seiner Unlösbarkeit.