Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.09.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-09-14
- Erscheinungsdatum
- 14.09.1912
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19120914
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191209146
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19120914
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1912
- Monat1912-09
- Tag1912-09-14
- Monat1912-09
- Jahr1912
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ 215, 14. September 1SI2. Nichtamtlicher Teil. VSrI-MaU,. d. Dllchn- Buchhaild-r 1067S Barmherzigkeit und von allen Seiten bombardiert. Dem heu tigen Sortiment fehlt als Kunde »der Mann aus der Straße«, um einen bekannten englischen Ausdruck zu gebrauchen. Inner halb und außerhalb des Weichbildes unserer großen Städte entstehen täglich neue Unternehmungen mit Hunderten und Tausenden gutbezahlter Angestellten, Bergwerke und Fabriken, Verwaltungsbehörden und Versicherungsgesellschaften; inner halb eines Sommers entstehen ganze neue Stadtteile, in die sich nie der Markthelser einer ortsansässigen Buchhandlung verirrt. Hier ist zweifellos, wir wollen nicht sagen viel ver säumt worden, aber jedensalls sind hier noch längst nicht alle geschäftlichen Möglichkeiten wahrgenommen und ausgenutzt worden. Es ist für den Buchhandel von gar nicht zu unter schätzender Bedeutung, ob es ihm gelingt, hier eine Fühlung hcrzuslellen. Welche Wege gibt cs zu diesem Ziele? Die Praxis zeigt sie uns: Kolportage und Neisegeschäft. Der Standpunkt des besonnenen Sortimenters zu diesen Geschäfts betrieben war bisher etwa folgender: Einmal sind sowohl Kol portage und Reisegeschäft so besonders eigenartige und schwie rige Geschäftszweige, daß sie von dem Sortimenter nicht neben her betrieben werden können. Sie erfordern eine vom sonsti gen buchhändlerischen Sortimentsbetrieb so völlig verschiedene Kalkulation und Organisation, daß eine Vereinigung dieser Betriebe nur in den seltensten Fällen zum Erfolge führt. Die Praxis hat dieser Erwägung durchaus rechtgegeben. Die meisten Sortimente haben wohl ein oder mehrere Male einen Anlauf genommen, Kolportage und Neisegeschäft ihren Be trieben anzugliedern. Das Resultat waren in den meisten Fällen Verluste und Enttäuschungen. Schließlich werden mit einigem Recht moralische Bedenken gegen diese Betriebe gel tend gemacht. Der Begriff der Schundliteratur steht in engem Zusammenhang mit dem Kolportagebetrieb, und bei den Reise geschäften denkt man unwillkürlich an Eigentumsvorbchalte und ihre unerwünschten, aber häufigen gerichtlichen Nach wirkungen. Es muß aber gesagt werden, daß sich hier bedeutungsvolle Wandlungen zum Teil schon vollzogen haben, zum Teil noch vollziehen. Richtig ist, daß sowohl Kolportage wie Reisebuch handel als reine Erwerbsbetriebe, unangekränkelt von philan thropischen Nebenzielen betrieben werden. Aber es ist natürlich ein hanebüchener Unsinn, wenn man glaubt, der Kolportage- buchhändlcr vertreibe mit besonderer Vorliebe Schundliteratur. Cr vertreibt, was geht. Die ganze Bewegung gegen die Schundliteratur war — nebenbei bemerkt — gegenstandslos von der Zeit an, wo sie breitere Kreise erfaßte. Die Schund literatur ist längst ersetzt durch den Kinematographen. Heute verjuxt der Junge, der früher Nie Carter verschlang, seine Groschen im Kientopp, der ihm sogar die Mühe des Lesens abnimmt. Und der Kolportagebuchhändler kehrt zu seinen Mode- und Familienzeitschriften zurück, neben denen übrigens die Zehnpfennigromane niemals die Rolle gespielt haben, die sie nach den lächerlichen Millionenrechnungen der nicht immer sachkundigen Vorkämpfer gegen Schund und Schmutz gespielt haben sollen. Eine ähnliche Wandlung vollzieht sich im Reisebuchhandel. Die Reisegeschäfte werden mehr und mehr zu Abzahlungsge schäften, bei denen das große Heer der minderbemittelten, meist »Festbesoldelen« seinen Bücherbedarf deckt. Man kann sich dieser Tatsachen freuen, muß aber zugeben, daß Kolportage und Reisegeschäft in ihren neuen Formen wesentlich gefähr licher sind für das reguläre Sortiment als früher. Solange der Kolporteur in der Hauptsache mit Literaturerzeugnissen hausierte, die die Vordertreppen scheuten, und solange das Reisegeschäft sich nur damit befaßte, möglichst viele der soge nannten »Reisewcrke« untcrzubringcn, ohne Rücksicht darauf, ob der mit allen Mitteln überredete Käufer Geld und Verwen dung dafür hatte, so lange waren beide Betriebe dem Sorti- Börsmblatt für dm Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. ment nicht eigentlich gefährlich. Sie werden es erst von dem Augenblick an, wo der Kolporteur auch für den Familienbedarf sorgt, und der Reisende, ohne auf Erteilung bestimmter hoher Aufträge zu drücken, vor allem eine Geschäftsverbindung an- zuknüpsen sucht. Wer die Augen offen hält, ist sich klar darüber, daß hier dem Sortiment in der Tat ernste Gesahr droht. Die Fortsetzungen der alten Firmen auf Familien- und Mode zeitungen schwinden nnaufhallsam dahin, und die Sortimenter klagen über schlechten Absatz, obwohl Volks-, Mittel- und Hoch schulen beständig an Zahl und Teilnehmern zunehmen. Die Vertreter der Reisefirmen arbeiten ganze Städte, ganze Schüler- und Studentenschaften durch, und diese bisher dem Sortiment sicheren Kunden gehen ihm mit Haut und Haaren verloren, da der Reisebuchhandel genau so jedes Buch liefert wie das Sortiment. Ost genug wird ein Pump nebenher noch beim ansässigen Sortimenter angelegt, der warten muß, weil die Raten an die Reisefirma alle verfügbaren Mittel in An spruch nehmen. Die ungeheuren Umsätze, die gerade nach der neuen Methode erzielt werden, sind keinem Kundigen ver borgen; am schlimmsten wiegt dabei die Tatsache, daß der Kunde des Reisegeschäfts nunmehr für die Dauer seines Le bens so gut wie verloren für den ansässigen Sortimenter ist. Wenn wir uns die Frage vorlegen, wie dem zu begegnen sei, so müssen wir uns zuerst darüber klar werden, welchen Eigenschaften der Reisebuchhandel seine Erfolge verdankt. Es ist dies einmal der Reisende und dann der Kredit in Verbin dung mit der Rate, oder, wie eine besonders taktvolle Firma sich ausdrückt: die langfristige Amortisation. Beides sind Mittel, die — darüber kann keinZweisel bestehen — dem Sorti ment in der Regel versagt sind. Der Verkehr mit den Reisen den sowohl wie der durchschnittlich zweijährige Kredit und die Überwachung der Ratenzahlungen erfordern einen völlig ge sonderten Betrieb. Diesen Betrieb aber können sich nur sehr wenige Sortimenter einrichten. So ist in der Tat der Sorti menter oft genug genötigt, Geschäfte, die ihm auf Grund der Bedingungen der Reisegeschäfte angetragen werden, auszu schlagen, weil er sich dem Risiko nicht unterziehen kann. Schließ lich erfordert das Neisegeschäft, wenn es lohnen soll, einen ziemlich beträchtlichen Umfang, denn allein bei einem solchen findet ein Ausgleich der bedeutenden Verluste statt. Was kann hier also geschehen? Die Antwort ist im Grunde sehr einfach; sie lautet: Gründung von genossenschaftlichen Reisebuchhandlungen. Nehmen wir an, daß die an sässigen Buchhändler einer größeren Stadt sich zu diesem Zweck zusammentun, so spricht alle Wahrscheinlichkeit für ein Ge deihen einer solchen Gründung. Daß hier von einer Über füllung durch die Konkurrenz nicht gesprochen werden kann, ist ganz klar; es gibt da noch unbegrenzte Möglichkeiten. Mit dem Augenblick der Gründung einer solchen Reisebuchhand lung sind aber die ansässigen Buchhändler mit einem Schlage jeder Konkurrenz überlegen. Aus vielen Gründen. Einmal verfügt diese neue Reisefirma über einen erheblichen Kredit durch den Garantiefonds der Genossen. Sie verfügt von vorn herein über eine Anzahl von ortskundigen, angesehenen und wohlbekannten Agenten, nämlich die Buchhandlungen, die ihre Gründer und Inhaber sind. Die Regelung der Beziehungen ist sehr wohl so denkbar, daß der Buchhändler und Genosse berechtigt ist, jeden Auftrag der Genossenschafts buchhandlung zu überweisen. Er vermag also in Zu kunft durchaus mit der Praxis der Reisegeschäste zu konkurrieren, was bisher aus den oben schon dargelegten Gründen durchaus nicht immer der Fall war. Für die über wiesenen Aufträge wird dem betreffenden Sortimenter die Provisionsgebühr gutgeschrieben, die sonst der Reisende er hält. Außerdem nimmt er natürlich am allgemeinen Ge schäftsgewinne nach Maßgabe seines Anteils an der Haf tungssumme teil. Die Genosscnschaftsbuchhandlung wird IM1
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder