L7K. 27. November 1912 15098 Nichtamtlicher Teil. ausstellungen im Schaufenster beschäftigen können, müssen wir das allgemein angeordnete Schaufenster, den «Spiegel der Zeit«, zum Gegenstände unserer Betrachtung machen. Steht es auch nicht im Zeichen einer besonderen Gelegenheit oder einer genauer gesoßten einheitlichen Idee, so kann es gleichwohl doch den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, Charakter zu haben. Wir haben aus Abb. 4 ein gutes Beispiel dafür in der Aus lage'der Firma KarlDanehl in Allenstein. Hier ist allesaus die Erzielung einer solchen Wirkung hin genau abgewogen. Der Dekorateur — für den Buchhändler kommt natürlich nur der Chef und erfahrene Gehilfe in Betracht - sagte sich mit Recht, Titeldruck rückwärts dirigiert werden müssen, so wird gegen diesen Elementargrundsatz, der nebenbei auch eine schuldige Rücksicht auf die Sehkraft des Beschauers bedeutet, doch so oft gesündigt, daß die Betonung dieser einsachen Forderung nicht unterdrückt werden kann. In sehr geschickter Weise wird das Bild als Umrahmung und Hintergrund der Buchausstellung verwendet. Das Mittelbild ist wohl als besondere Attraktion anzusehen. Denn dieses Motiv packt unwillkürlich jeden Be schauer. Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß der artige Attraktionen geeignet sind, von der Betrachtung der Bücher selbst abzulenkcn. Man muß, wie in diesem Falle, mit der Verwendung solcher Effekte sparsam umgehen, wenn die Abbildg. 4. Karl daß das Buch keine Gatlungs-, sondern Jndividualware sei, und daß ein Allzuviel davon den Beschauer verwirren müsse. Wenn schon aus den Titeln das ich, ich, ich dutzendmale diesem entgegenschallt, so muß in einem wahllos vollgestopften Buch- händlerschausenster die Disharmonie der Geister zum ohren betäubenden Lärm anschwellen, wenn dieses ich schockweise ertönt. In der Beschränkung zeigt sich der Meister. Also kein Allzuviel! Aber auch kein störendes Vielerlei, manche neben einander gestellten Bücher vertragen sich nicht. Das nötigt zur Gruppenbildung, wenn eine innere Harmonie des Ganzen erzielt werden soll. Unser Bild zeigt diese Beschränkung in der Menge der Objekte und jene Rücksicht, die auf den Inhalt jedes einzelnen genommen werden muß. Aber auch in rein praktischer Hinsicht hat uns dieses Schaufenster allerlei zu sagen. So selbst verständlich es auch ist, daß nach Möglichkeit die Bücher kleineren Formates und entsprechend kleineren Titeldruckes in den Vordergrund gerückt und die größeren Formate mit größerem Danehl, Allenstein. Sachlichkeit der Auslage nicht darunter leiden, und das Haupt interesse auf die Bücher konzentriert werden soll. Dagegen leidet die Sachlichkeit weniger durch das schmückende Beiwerk, das aus einer Base, einem Blätterstrauß und einer interessanten alten Sturmhaube besteht. Ihre Anordnung neben dem klassi schen Kops des Altreichskanzlers, wie ihn Lenbach ausgesaßt hat, ist durchaus sinnreich. Ein derartiges Bestreben, die Wir kung des Buchhändler-Schaufensters durch allerlei kleine Mittel zu erhöhen, verdient Anerkennung. Rur muß dabei mit der jenigen Vorsicht verfahren werden, die durch das Gebot der Sachlichkeit gegeben ist. Eine weniger dezente Anwendung zerstört diese sehr leicht und damit Zweck und Wirkung der Aus lage. Hierbei dürste die Erwähnung der bei den drei Berliner allgemeinen Schaufenster-Wettbewerben angewendeten Grund sätze nicht uninteressant sein. Ein Fenster wurde dort sür gut befunden, wenn die Ware, die das Geschäft tatsächlich sührt, in erster Linie dem Beschauer gut gezeigt wurde, und die Be-