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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1925
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- 1925-05-30
- Erscheinungsdatum
- 30.05.1925
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X° 12S, 36. Mai 1925. Redaktioneller Teil. vin-ndl-u I. d. DU»N. 8889 Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff eröff- neie den Reigen der deutschen Vorträge am ll. Mai. In einem dem deutschen Ausstellungsraum benachbarten Pavillon, der den Konferenzen zur Verfügung stand, erläuterte der greise und doch noch jugendfrisch wirkende Gelehrte vor deutschen Fahnen stehend die »Ergebnisseund Ausblicke der archäologi schen Forschung der letzten fünfzig Jahre über die Geschichte und die Kultur der Antike«. Auf das römische Gebiet im wesentlichen sich beschränkend, gab Wilaino- witz einen fesselnden Überblick über jene Zeit internationaler For- scherarbcit, die ja so ganz mit der Arbeit seines eigenen reichen Forscherlebens zusammenfällt. Blutvoll und frisch wirkte dieser Bortrag auf die zahlreichen Hörer der unterschiedlichen Natio nalitäten besonders deswegen, weil der berühmte Redner viel eigenes Erleben, viele persönliche Erinnerungen an das vor vier undfünfzig Jahren erstmalig von ihm besuchte Rom und an so manche ihm befreundete Forscher in dieser Stadt in seinen Vor trag hineinwob. In gewaltigem Umriß aber entwarf er in seiner Rede das Gemälde der Geschichte Italiens. Lebendig wurden dem Hörer die Etrusker und ihre hohe Kultur, glanzvoll erstand der Einfluß Griechenlands und mit Liebe geschildert wurden Ita liens große Zelten. Verse Earduccis, die Wilamowitz gemeinsam mit seinem Schwiegervater Theodor Mommsen einst ins Deutsche übersetzt hatte, beschlossen diesen Vortrag von unvergeßlich tiefer Wirkung. Kein Wunder, daß der überfüllte Saal, der nicht ent fernt allen begeisterten Hörern Sitzgelegenheit bot, von endlosem Beifall widcrhallte. Es war eine echt gefühlte Huldigung vor deutscher Wissenschaft und ihrem ehrwürdigen Vertreter. Als der Beifall sich gelegt und dem Meister der klassischen Philologie durch General Vacchelli der Dank ausgesprochen war, erhob sich Professor Pasquall aus Florenz, ein Schüler des Vortragenden, und referierte in meisterhafter Knappheit in ita lienischer Sprache über den Gedankenslug seines alten Lehrers. So kamen auch diejenigen ganz zu ihrem Recht, die aus mangeln der Sprachkcnntnis dem Vortrag zu folgen nicht imstande ge wesen waren. Vorangegangen war diesem Vortrag als Ehrung der deutschen Gäste der Kulturwoche und der an der Deutschen Ausstellung Beteiligten ein Frühstück mit Damen im vornehmsten Restaurant der Stadt, gegeben von der Leitung der Fiera unter dem Vorsitz ihres Präsidenten, des Florentiner Verlegers Bemporad. Dienstag, der 12. Mai, war ebenfalls gesellschaftlichen Ver anstaltungen gewidmet. Ein dem deutschen Verlag nahestehendes Mitglied der deutschen Kolonie hatte die Vortragenden, die Aus stellungsleiter und zahlreiche Glieder der deutschen Kolonie zum Tee in sein auf dem Wege nach Fiesole schön gelegenes Haus gebeten. Hier gab sich Gelegenheit zu mancher interessanten Be kanntschaft und zu angeregtem Gedankenaustausch. Nicht lange jedoch durfte ein Teil der männlichen Besucher hier verweilen, denn noch am gleichen Nachmittag erwartete der Leonardo- Klub in seinen in einem alten Palazzo befindlichen Räumen die deutschen Gäste. Diese Vereinigung, deren Zweck die Pflege vornehmster, geistig angeregter Geselligkeit und Unterstützung künstlerischer und wissenschaftlicher Unternehmungen ist, hatte durch seinen Vorsitzenden, den Fürsten Corsini, die deutschen Gäste geladen. Er wandte sich insbesondere an Exzellenz von Wilamowitz-Moellendorff und gab in einer kurzen, aber sichtlich von Herzen kommenden Ansprache seiner Freude Ausdruck, den berühmten Forscher in den Räumen der Leonardogesellschast be grüßen zu können. Nach der Erwiderung des deutschen Gelehrten, die abermals aus dem Schatz persönlicher Erlebnisse auf italie nischem Boden fesselnde Einzelheiten brachte, wurde in der An sprache eines zweiten Redners der Verdienste Wolfgang von Oetting « ns und Thomas Manns gedacht und ihnen der Dank des Lconardoklubs ausgesprochen. Am Mittwoch-Nachmittag (lS. Mai) sprach Thomas Mann über »Goethe und Tolstoi« und wußte durch seine geistvollen Ausführungen den wiederum überfüllten Saal zu fesseln. In großen Zügen schilderte er das Trennende wie auch das Gemeinsame lm geistigen Umriß dieser beiden großen Men schen und Dichter, und wenn bei denjenigen Hörern, die mit der Entwicklung des Russen näher vertraut waren, ein ungelöster Niederschlag zurückblieb, so war es Wohl der, daß die besonderen I. d» DkUlIch«» vuchhoudkl. »!. Bedingungen der slawischen Umwelt und Herkunft Tolstois nicht ganz in ihrer vollen Bedeutung vom Redner gewürdigt wurden. Auch von diesem Vortrag wurde ein Extrakt in italienischer Sprache gegeben. Zum Schluß aber las Thomas Mann in fein pointierter Weise ein Kapitel aus seinen »Erinnerungen eines Hochstaplers» vor, die im Jahre 1923 erschienen sind. Der Humor dieser Erzählung, der viel Lebenstragik nur leicht verhüllt, fand bei den Hörern verständnisvolle Aufnahme. Am Abend dieses Tages folgten die Mitwirkcnden an der Deutschen Woche der Einladung einer Angehörigen der deutschen Kolonie, die in den prachtvollen Räumen des von ihr bewohnten Palazzo Capponi eine große Anzahl von Gästen licbenswürdigst bewirtete. Der Donnerstag-Nachmittag (14. Mai) brachte Wolfgang von Oettingcns Vortrag »Goethe am Rhein und Main». Der bekannte frühere Verweser des Goethe-National museums in Weimar, jetzt selber am Rhein wohnend, gab eine ge drängte Darstellung der vielfältigen Beziehungen Goethes zu den Rhcinlandcn, schilderte seine Reisen und Fahrten dorthin und er läuterte in feinsinniger Weise, was der Dichter, der stets ein echter Sohn des Rhcinlandcs gewesen und geblieben ist, seiner Heimat ver dankte. Ohne auch nur mit einem Seitenblick gegenwärtige poli tische Verhältnisse zu streifen, weckte diese Rede in den Zuhörern das starke bewußte Gefühl für die llnhaltbarkeit der Zustände, wie sie gegenwärtig am Rhein aufgczwungcnermaßcn herrschen. — Am Abend des gleichen Tages folgte der unermüdliche Nestor unserer Vortragenden Ulrich von Wilamowitz einer Ein ladung des Rektors G. Chiarugi der Universität von Florenz und sprach in der Aula maxima über »Menandros und Plaut us« vor einem italienisch-deutschen Zuhörerkreise und beendete seine geistvollen und gelehrten Ausführungen mit einer in elegantestem Latein vorgctragenen Ansprache, die sich vornehm lich an die anwesenden italienischen Studenten richtete. Der folgende vorlesungssreie 1b. Mai stand unter dem Zei chen des Zusammenschlusses der deutschen Kolonie. Der deutsche Botschafter in Rom Freiherr von Neurath war in Flo renz eingetroffen, desgleichen auch die Herren des weltberühm ten Klinglerquartetts mit ihren Damen. Nach einem Rundgang durch die Ausstellung, der auch unserm diplomatischen Vertreter in Italien die Überzeugung gab, daß der deutsche Pa villon tatsächlich an Qualität des Gebotenen und im äußeren künstlerischen Bilde alle übrigen Abteilungen weit überragt, ver sammelten sich am Nachmittag zahlreiche deutsche und italienische Gäste, darunter viele Angehörige der Kolonie !m prächtigen Gar ten des deutschen Konsulats. . Unterstützt von seiner liebenswür digen Gemahlin brachte Konsul Stiller es in kurzer Zeit mit großem Geschick fertig, daß die nahezu 200 erschienenen Personen rasch den Anschluß zueinander fanden und in lebhaftesten Ge dankenaustausch traten, der sie mehrere Stunden beisammen hielt. Ungestraft wandelte man hier unter Palmen, nahm znxmglos seinen Tee oder ein Glas Wermut und hatte die Freude, alte Bekannte wiederzusehen und neue Freundschaften zu schließen. Natürlich fehlte auch der Cavaliere Cattani nicht, der unermüd liche Photograph des deutschen Teiles der Fiera, der unter den Laubcngängen des Gartens immer wieder neue Gruppen unter den bemerkenswerten Teilnehmern des Festes zu bilden und auf seinen Platten sestzuhalten verstand. Am Sonnabend-Abend (16. Mai) um 9 Uhr fand darauf das mit besonderer Spannung erwartete Klingler-Konzert statt, und zwar glücklicherweise nicht in dem Vortragssaal, der dem Straßenlärm allzu sehr ausgesetzt war, sondern in einem lorbcer- gcschmückten, weiträumigen, wohl an die 1000 Personen fassenden Gewächshaus des nahe der Ausstellung gelegenen »Giardino di Orticultura». Die Jntcrnationalität der Sprache der Musik, nicht minder aber der Weltruf unserer besten Kammermusiker ließen den Saal bis auf den letzten Stehplatz sich füllen. Daß unsere Künstler die Größten unter den deutschen Meistern zu Ge hör bringen würden, durfte man erwarten. Die engere Wahl zeigte aber doch, daß sie mit feinstem Gefühl gerade solche Stücke ausgesucht hatten, die alle Macht und Süße, alle Sehnsucht und Erfüllung, die in deutscher Musik liegt, den Florentiner Hörern nahcbrachtcn. Mit Haydn, Quartett G-dur (op. 77, Nr. 1) wurde der unvergeßliche Abend eröffnet; dann folgte Mozarts Quartett C-dur (Köchel-Verzeichnis Nr. 465) und mit Beet- 1180
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