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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.06.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-06-13
- Erscheinungsdatum
- 13.06.1905
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- Deutsch
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548-1 Nichtamtlicher Teil. ^ 134. 13 Juni 1905. glieder der Konsultation beantragten, zu erklären, daß, im Falle die Regierung einer absoluten Aufhebung dieser Zensur durchaus nicht beistimmen könne, man sich nötigenfalls damit begnügen freiheit nur während der Dauer eines Kriegs oder wenn das Reich sich in einer gefährlichen Lage befindet, be schränkt werden dürfe. Graf Golenischtschew - Kutusow meinte, wenn ein Vertreter des Ministers des Äußern zugegen wäre, so würde er wichtige Gründe dafür Vorbringen, daß den Zeitungen in manchen Fällen verboten werden müsse, über gewisse geheime internationale Abmachungen zu berichten. Auch die Fürsten Meschtscherskij und Zertelew verlangten durchaus, daß der Paragraph des bis jetzt noch geltenden Preßgesetzes, der diese Beschränkung der Preßfreiheit ausdrücklich fordert, auch künftig beibehalten werde. Schließlich stiinmten zwölf Personen für die Annahme des zitierten Paragraphen der deutschen Gesetzgebung; acht Personen schlossen sich der Meinung des Grasen und der beiden Fürsten an. Der Vorsitzende der Konsultation legte nun den Mitgliedern ein aus achtzehn Punkten bestehendes Programm vor, das nach und nach zur Erledigung kommen solle. Er erklärte ferner, daß die Sitzungen der Konsultation sich wahrscheinlich bis zum Herbst hinziehen werden. Ein Mitglied der Konsultation teilte dem Be richterstatter einer Zeitung mit, daß die in höheren und höchsten Kreisen herrschende Atmosphäre immer schwüler werde und daß eine maßgebende Persönlichkeit ihm gesagt habe: »Wenn Sie es vermeiden wollen, scheel angesehen zu werden, so erklären Sie sich stets mit den Meinungen des Fürsten Meschtscherskij einverstanden-. Dasselbe Mitglied äußerte ferner: In den administrativen Sphären herrschen Unzufriedenheit und Mißstimmung; auf das Resultat unsrer Beratungen hege ich nur sehr bescheidene Hoffnungen; wir haben zwar schon manche Beschlüsse zur Reform unsrer traurigen Preßverhältnisse gefaßt, sind aber durchaus nicht sicher, daß diese Beschlüsse schließlich nicht noch stark verändert, oder gänzlich abgelehnt werden. Namentlich wird uns die geistliche Zensur, die wahr- zu schaffen machen. Am 15. 28. März wurden folgende Fragen des Fürsten Zer telew der Versammlung vorgelegt: Kann das Recht der Heraus gabe einer Zeitschrift ebenso wie jedes andre Eigentumsrecht übertragen werden, oder müßte es nicht vielmehr bloß bis zum Tode des Besitzers Gültigkeit haben, also weder an einen andern übergeben noch vererbt werden können? Sind anonyme Artikel in Zeitungen und Zeitschriften statthaft, außer in solchen Fällen, wo des Verfassers Unterschrift, wie bei kurzen Notizen und tat sächlichen Mitteilungen, belanglos ist? Müßte man nicht das Recht, private Anzeigen zu veröffentlichen, von dem Recht, eine Zeitung herauszugeben, trennen? Der Antragsteller, Fürst Zerte lew, bejahte diese drei Fragen. Nachdem darüber debattiert morden war, und der Vorsitzende an die Versammelten die Frage wurden diese Fragen einstimmig verneint. Ein Beamter der Zensur medizinischer Bücher erklärte, diese Zensur verdiene zwar nicht in ihrem jetzigen Umfang beibehalten und für solche, die das Geschlechtsleben behandeln, sei sie auch jetzt noch unbedingt notwendig. Es werden namentlich die letztern Schriften von manchen Herausgebern dazu benutzt, um auf die Lüsternheit eines großen Teils des Publikums zu spekulieren und um pornographische Produkte zu verbreiten. Diese Ausführungen wurden von den Mitgliedern der Konsultation lebhaft bekämpft und bestritten, man wandte dagegen ein, daß wegen einiger tat sächlich schädlichen Bücher auch viele nützliche verboten werden könnten. Jedenfalls dürfe man nicht zugeben, daß es dem will kürlichen Gutdünken eines Zensors überlassen bleibe, zu entscheiden, ob ein medizinisches Buch schädlich oder nützlich sei. Bei der Ab stimmung erklärten sich elf Personen für die Abschaffung der Als die Besprechung der Zensur des Ministeriums des kaiser lichen Hofes an die Reihe kam, wurde ein Beamter dieses Mini steriums um sein Gutachten ersucht. Er erklärte sich für die Bei behaltung der bisherigen Vorschriften, gab aber zu, daß sie lich festgelegt werden müßten. Die Konsultation erklärte sich mit der Meinung dieses Beamten einverstanden. Um die Frage zu erörtern, wie es mit der Zensur von Zeitungstelegrammen gehalten werden solle, wurden Beamte des Ministeriums der äußern Angelegenheiten, der Psst- und Tele graphenverwaltung und zweier Telegraphenagenturen eingeladen, an den Beratungen teilzunehmen. Der Chef der St. Petersburger Telegraphenagentur hatte bereits eine Denkschrift verfaßt und sie an die Mitglieder der Konsultation verteilen lassen. Man ersah daraus, daß im Preßgesetz vom 6. April 1865 von einer Zensur der Telegramme gar keine Rede sei. Politische Telegramme waren folglich den allgemeinen Zensurvorschriften unterworfen und daraus schien nun hervorzugehen, daß eine Telcgrammzensur für die von der Präventivzensur befreiten Zeitungen überhaupt nicht vorgesehen sei. Tatsächlich wurden Telegramme aber dennoch zensiert, denn der Minister der Posten und Telegraphen hatte am 15. April 1866 um die Erlaubnis nachgesucht, bei der Haupt telegraphenstation eine Zensur einzuführen, und das war ihm bewilligt worden. Die Telegramme der Telegraphenagenturen wurden zwar anfangs unter Verantwortlichkeit ihrer Redakteure von der Zensur befreit, später aber der Zensur wieder unter worfen. Im Jahre 1897 erhielt die russische Telegraphenagentur in bezug auf ihren Tarif und die Reihenfolge ihrer Telegramme bedeutende Erleichterungen. In den internationalen Vereinba rungen, die 1865,1875 und 1903 in Paris, St. Petersburg und London stattfanden, nahm jeder von den betreffenden Staaten das Recht in Anspruch, alle privaten Telegramme, die die öffentliche Ruhe gefährden oder den Gesetzen des Staates, der öffent- schrift wird ferner konstatiert, daß zwar in Deutschland,' Österreich- Ungarn, England, Belgien, Dänemark, Italien, Rumänien, Frankreich und Schweden die Regierungskontrolle der privaten Telegramme eingeführt, eine weitre Präventiozensur der für die Zeitungen bestimmten Telegramme aber nirgends vorgesehen sei. In Rußland haben jedoch nicht nur alle Telegraphenbeamten das die das Recht hat^ nicht nur gesetzwidrige und unsittliche, sondern auch mißliebige Telegramme zurückzuweisen und von der Be förderung auszuschließen. In der Konsultation wurde dann auch die Frage gestellt, ob die aus- und inländischen Zeitungstelegramme einer speziellen Zensur unterworfen, oder ob sie wie jedes andre Zeitungsmaterial behandelt werden sollen. Die Gegner dieser und jeder andern Zensur klagten besonders über die große Menge der russischen Zensurbehörden — es sind ihrer dreizehn —, namentlich aber über die Willkür der Zensoren des Ministeriums der äußern An gelegenheiten. Sie sagten, die Verantwortlichkeit der Zeitungs redakteure und die von der internationalen Übereinkunft cin- geführte Aufsicht schütze die Regierung genügend gegen alle Miß gänzlich überflüssig. Auch für die Börse sei diese Zensur durchaus unerwünscht, denn den Börsen könne nur die volle Klarheit über alle politischen und sozialen Ereignisse von Nutzen sein; die Ver- fährlich, sie könne unter Umständen sogar große Panik Hervor rufen. Der Verfasser jener Denkschrift machte auch die fast un glaubliche Mitteilung, daß vor dem Beginn des jetzigen Kriegs monatelang keine einzige russische Zeitung einen Korrespondenten in Japan gehabt habe, weil die russische Regierung der tele graphischen Korrespondenz große Hindernisse in den Weg gelegt hatte. Auch der Beamte des Ministeriums des Innern war der Meinung, daß eine Spezialzensur für Telegramme überflüssig sei. Es wurde nun mit sechzehn gegen drei Stimmen der Beschluß gefaßt, die Zensur der Telegramme abzuschaffen. Die Frage, ob es nicht endlich auch an der Zeit sei, das Ver bot aufzuheben, das über eine große Anzahl von Büchern und Zeitschriften verhängt ist, die zwar von der Zensur erlaubt sind, aber in öffentlichen Bibliotheken und Lesehallen nicht verabfolgt werden dürfen, wurde bejaht. Sowohl der Vorsitzende wie auch die Mehrzahl der Mitglieder der Konsultation erklärten, daß dieses Verbot unbedingt aufgehoben werden müsse. Ferner wurde bei der Beratung der Paragraphen des alten Preßgesetzes, die Anweisungen enthalten, wie sich die Zensoren
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