Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.06.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-06-13
- Erscheinungsdatum
- 13.06.1905
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19050613
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190506136
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19050613
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1905
- Monat1905-06
- Tag1905-06-13
- Monat1905-06
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
134. 13. Juni 1905. Nichtamtlicher Teü. 5485 bei der Entscheidung über das Verbotene und Erlaubte zu ver halten haben, erklärt, daß diese Paragraphen jetzt entweder gänz lich überflüssig sind, oder daß sie, wenn es sich um Preßvergehen oder Preßverbrechen handelt, in den Kriminalkodex gehören; in einer neuen Preßgesetzgebung sei für solche didaktische Vorschriften kein Platz. — Auf die Frage, was eigentlich unter dem Ausdruck -Periodische Schrift« oder -Zeitschrift« zu verstehen, und wie er genauer zu präzisieren sei, wurde nach langen Beratungen entschieden, diese Frage offen zu lassen. — Nachdem die Mehrheit von Zeitschriften nicht konzessionspflichtig sind, wurde nun ge fragt, ob man sich auch betreffs der Redakteure mit der bloßen Anzeigepflicht begnügen solle. Entgegen der Meinung des Fürsten Schachowkoj und des Vertreters des Ministeriums des Innern beschloß die Mehrheit, daß es auch für die Redakteure keiner Konzession bedürfe. Nachträglich wurde jedoch bemerkt, daß es wünschenswert wäre, von den Redakteuren mindestens einen Bildungs- und Sittlichkeitszensus zu fordern. Bei der Abstimmung votierten schließlich nur acht Mitglieder der Konsultation gegen jede Beschränkung der Anzeigepflicht der Redakteure. — Die Forderung des Ministers des Innern, daß er das Recht haben müsse, vom Leiter einer Zeitschrift die Nennung der Namen von Verfassern gewisser Artikel zu verlangen, gesellschaft schon vor zwei Jahren eine besondre Kommission er nannt worden war, die die Verordnungen über die Theaterzensur revidieren sollte, so wurden die hierauf bezüglichen Beratungen von der Konsultation ausgeschlossen. — Betreffs der Schul- und Lehrbücher, sowie der Werke über Pädagogik, beschloß man, Re präsentanten der mittleren und höheren Lehranstalten zu den Be erklärte der Chef der Obcrpreßverwaltung auf ihre Anfrage, daß man, noch bevor der Entwurf des neuen Preßgesetzes dem Reichs rat unterbreitet wird, den Zeitungsredaktionen die Möglichkeit geben werde, sich über diesen Entwurf zu äußern. Die Frage, wie es künftig mit den aus dem Ausland kom menden Büchern in russischerund in andern Sprachen gehalten werden solle, ist in der Konsultation bis jetzt noch nicht beraten worden. Es ist dies eins der schwierigsten Probleme, das, wenn man bedenkt, wie viele revolutionäre, sozialdemokratische und gedruckten, bisher verbotenen Bücher wirken werden, muß abgewartet werden. Hoffentlich wird manches, was bisher ganz oder teilweise verboten war, künftig erlaubt sein. Gerüchtsweise wird berichtet, daß die Konsultation ihre Arbeiten um Mitte Juli a. St. beenden und das Ergebnis ihrer Entwurf annehmen, ablehnen oder abändern. Wir haben die bisher bekannt gewordenen Resultate der Konsultation zur Reform der russischen Preßgesetzgebung hier kurz resümiert; ob und wann die sie gezeitigt haben und vielleicht noch zeitigen werden, ge schieht, ist ebenso ungewiß wie alles, was im heiligen russischen Reiche in der nächsten Zukunft geschehen wird. Kleine Mitteilungen. -Erstklassige Menschen«, Roman von Freiherr von Schlicht. Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) Vergl. Börsenblatt 1904, Nr. 249 u. 250, 1905, Nr. 44. — Dieser vom Herr von Schlicht) verfaßte Roman, der so viel Staub aufge wirbelt hat, beschäftigte am 9. Juni das Reichsgericht. Vom Landgericht l in Berlin sind am 22. Oktober v. I. Graf Bau- dissin und der Verlagsbuchhändler Herr vr. pbil. Erich Janke, Mitinhaber der Verlagsbuchhandlung von Otto Janke, wegen Beleidigung der Offiziere des preußischen Heeres zu 300 bezw. 200 ^ Geldstrafe verurteilt worden, während die Mitan geklagte Frau verw. Editha Janke von der gleichen Anklage freigesprochen worden ist (Börsenbl. 1904, Nr. 249 u. 250). Da neben sind vr. Janke und Frau Janke wegen Vergehens gegen K 28 des Preßgesetzes (»Während der Dauer der Beschlagnahme Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. ist die Verbreitung der von derselben betroffenen Druckschrift unstatthaft«) zu je 200 ^ Geldstrafe verurteilt worden. Das Buch -Erstklassige Menschen, Roman aus der Offizierskaste, ist 1903 vom Grafen Baudissin verfaßt worden und Ende Januar 1904 bei Otto Janke in Berlin erschienen. Am 12. März 1904 hat der preußische Kriegsminister Strafantrag wegen Beleidigung der Offiziere des preußischen Heeres gestellt. Das Landgericht hat eine solche Beleidigung tatsächlich für vorliegend erachtet. Zugegeben wurde dem Angeklagten Graf B., daß Per sonen und Handlung des Romans erdichtet seien, aber es ist doch angedeutet (»Zitronenfalter« statt »Maikäfer«), daß man unter dem in Frage kommenden Regiment etwa das in Berlin stehende erste Garde-Füsilier-Regiment verstehen könne. Die Kritik, die der Verfasser an den Offizieren, hauptsächlich den adligen, übt, ist mehr als herb. Die Leutnants des Romans sind dumm, eitel, hochnäsig, sind nichts und haben nichts. Sie bilden sich lediglich ihres Rockes wegen ein, etwas Höheres zu sein, sind blasiert und arrogant und sehen, wenn sie adlig sind, von oben auf die bürgerlichen Kameraden herab. Etwa 75 Prozent aller Leutnants pumpen und vergeuden das Geld; dann sehen sie sich nach einem reichen Mädchen um. Ihre Anschauungen in geschlecht lichen Dingen sind derartig, daß sie, in gesitteter Gesellschaft vorgebracht, dieser die Schamröte aufs Gesicht treiben würden. Die Offiziere pflegen ferner unzüchtigen Verkehr, verbreiten Ge schlechtskrankheiten. fluchen und schimpfen. Dadurch, daß er den Leser auf den Gedanken kommen lassen kann, preußische Offiziere besäßen diese wenig empfehlenswerten Eigenschaften nicht nur aus nahmsweise, hat der Verfasser die ihm zur Last gelegte Beleidigung nach Ansicht des Gerichts begangen. Von dem Romane sind nur 182 Exemplare beschlagnahmt worden, nachdem bereits etwa 15000 verbreitet worden waren. Das Gericht hat dem Angeklagten zu gute gehalten, daß er das Bestreben hatte, vermeintliche Übelstände auf zudecken, anderseits ist als straferschwerend in Betracht gezogen das niedrige Motiv, die Empfänglichkeit des Publikums für Schmähschriften gegen das Offizierkorps pekuniär auszubeuten. Die Angeklagten vr. Janke und seine Mutter haben die ihnen noch gebliebenen Exemplare des Romans sowie das Verlagsrecht an die Verlagsbuchhandlung von Carl Konegen in Wien verkauft. Von dort aus sind dann später eine große Anzahl von Exemplaren auch nach Deutschland abgesetzt worden, vr. Janke und seine Mutter wollten, wie das Urteil feststellt, diesen Erfolg herbeiführen und haben dadurch den ß 28 des Preßgesetzes verletzt. Von der Anklage der Be leidigung ist Frau Janke freigesprochen worden, weil ihr nicht nachgewiesen werden konnte, daß sie den Roman gelesen hat. — In der Revision des Grafen B. und des vr. I. wurde aus geführt: Festgestellt ist, daß die Personen des Romans sämtlich erdichtet sind. Daraus folgt, daß die Charakterschilderungen sich nicht auf bestimmte existierende Personen beziehen. Aus dem Wesen der Beleidigung folgt, daß sie sich nur gegen bestimmte Personen richtet. Es handelt sich um einen sozialen Roman mit der Tendenz, Ubelstände zu kennzeichnen und auf deren Abstellung hinzuwirken. Unter solchen Umständen müssen gewisse Übertreibungen mit in Kauf genommen werden. Der Schutz des § 193 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) mußte dem Angeklagten Graf B. zugebilligt werden, da ihm als ehemaligem Offizier sowie als Militärschrift steller das Wohl des Heeres am Herzen liegt und er besorgt sein müsse, auch über Mißstände zu schreiben. Das Gericht hätte prüfen müssen, ob sich aus der Form die Absicht der Beleidigung ergebe. In der Revision des Staatsanwalls wurde der Nach weis versucht, daß nicht der Tatbestand des ß 185, sondern der durch die Verbreitung des Buchs, die in der Veräußerung des Verlagsrechts an den jetzigen Verleger in Wien zu erblicken sei. — Der Reichsanwalt bezeichnete die Revision der beiden Haupt angeklagten als unbegründet und suchte insbesondre nachzuweisen, daß den Angeklagten Graf B., da er nicht mehr Offizier sei, etwaige Mißstände im Offizierkorps nicht nahe angehen, er also auf den Schutz des H 193 keinen Anspruch habe. Die Revision des Staatsanwalts erklärte er ebenfalls für unbegründet, soweit sie die Nicht-Anwendung des § 186 rügt, dagegen beantragte er die Aufhebung des Urteils gegen vr. Janke und Frau Janke, indem er den Ausführungen des Staatsanwalts in diesem Punkte bei- 723
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder